Eine Expositionsabschätzung und Risikoanalyse ergab eine mögliche relevante Schadstoffaufnahme durch spielende Kleinkinder auf bleibelastenden Flächen sowie durch den Verzehr von Gemüse aus bleibelasteten Beeten. Beide Risiken waren als nicht tolerierbar zu beurteilen. Von 2019 bis 2022 wurden der Boden in den von den Risiken betroffenen Bereichen auf einer Fläche von rund 37.000 m² bis in 0,5 m Tiefe ausgehoben und durch nicht kontaminiertes Material ersetzt. Durch die Sicherungsmaßnahmen ist gewährleistet, dass eine durch die Altablagerung bedingte Schadstoffaufnahme durch Menschen unterbunden wird.
* Die Altlast ST32 "Halde Schrems" wurde vorab als gesichert in das Altlastenverzeichnis aufgenommen. Eine rechtsverbindliche Ausweisung in der Altlastenatlasverordnung wird erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Bezirk:
Gemeinde: Katastralgemeinde: Grundstücksnummern: |
Graz-Umgebung,
Frohnleiten, Schrems, 39/2, 39/4, 42/2, 42/3, 42/4, 42/5, 42/6, 42/7, 42/10, 43/2, 43/3, 43/4, 45/2, 61/1, 61/2, 66, 68, 70/1, 70/2, 70/3, 72, 73/1, 73/2, 74/1, 74/2, 77/2, 83/2, 83/3, 89/1, 89/2, 89/3, 89/4, 89/5, 89/6, 89/7, 89/8, 89/9, 89/10, 90, 93, 99/2, 99/4, 102, 103, 104/2, 107/1, 107/2, 108, 109/1, 109/3, 110/1, 110/2, 110/4, 110/11, 111, 112/2, 113/2, 113/4, 117/2, 117/3, 117/4, 495/1, 495/2, 496/1, 497/1, 497/2, 498, 499/1, 499/2, 500/1, 500/3, 500/4, 504/2, 505, 510/1, 513/2, 513/4, .11, .12/1, .13, .21, .23, .25, .26, .27/1, .33, .40, .44, .73/1, .73/2, .73/3, .74/2, .125, .126, .128, .135, .136 |
Bezirk:
Gemeinde: Katastralgemeinde: Grundstücksnummern: |
Graz-Umgebung,
Frohnleiten, Gschwendt, 88/5, 88/9, 100/1, 100/2, .18/1, .18/2 |
Lage der Altlast : | Altlast im GIS anzeigen |
Art der Fläche: | Altablagerung |
Deponietyp: | Betriebsdeponie |
Art der Ablagerungen: | Aushubmaterial/Abraum,
Industrie-/Gewerbemüll |
Branche: | Bergbau,
Metallschaffende Industrie |
Ergebnis Beurteilung: | erhebliches Risiko Schadstoffaufnahme |
Fläche Altlast (m²): | 95.000 m² |
Volumen Altlast (m³): | 200.000 m³ |
Schadstoff(e) | Metalle (Blei)
|
Datum Eintrag Altlastenatlas: | 01.09.2019 |
Datum der Prioritätenfestlegung: | 01.09.2019 |
Priorität: | 1 |
Status Maßnahme: | abgeschlossen |
Art der Maßnahme: | Sicherung |
Sanierungsverfahren: | Bodenaustausch |
BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE
Altablagerung
Die Altablagerung „Halde Schrems“ befindet sich im Ortsgebiet von Schrems bei Frohnleiten. Sie erstreckt sich vom östlichen Ortsrand bis an die Mündung des Talbaches in den Tyrnauer Bach im Westen.
Bei der Altablagerung handelt es sich um heterogen aufgebaute Haldenkörper aus Abraummaterial des lokalen, bis Ende des 19. Jahrhunderts existierenden Bergbaus auf Blei und Silber sowie aus Schlacken der nahegelegenen Schmelzhütte, die bis Mitte des 19. Jahrhunderts betrieben wurde. Die ehemalige Schmelzhütte befand sich am östlichen Ortsrand von Schrems, der genaue Standort lässt sich nicht mehr eindeutig rekonstruieren.
Die bergbauliche Tätigkeit im Raum Schrems konzentrierte sich vor allem auf die unmittelbar oberhalb des Ortszentrums gelegene südliche Talflanke des Talbachs. Dort befand sich mit dem Josefibau auch die bedeutendste Abbaustätte. Dementsprechend bedeckt der größte Teil der Altablagerung den Talboden des Talbaches in etwa 490 m ü. A. und reicht, den südlichen Hang schürzenartig bedeckend, bis auf eine Seehöhe von etwa 520 m ü. A. Neben dem Josefibau wurden im Raum Schrems seit dem 13. Jahrhundert auch andere kleine Bergbaue auf Silber und Blei betrieben. So sind auch nördlich des Talbachs Haldenkörper vorhanden bzw. bedeckt das dort aus den Stollenmundlöchern beförderte Material den nördlichen Talhang. Teilweise wurde Haldenmaterial für Planierungszwecke auch andernorts in Schrems verwendet bzw. wurde das Material durch Hochwasserereignisse verfrachtet. Die Altablagerung „Halde Schrems“ umfasst daher auch die von Haldenmaterial beeinflussten Bereiche nördlich des Talbachs.
Die Fläche der Halde am südlichen Talhang beträgt rund 70.000 m². Ihre Mächtigkeit variiert stark. Im zentralen Bereich erreicht die Halde Mächtigkeiten von 6 m, am West- und Ostrand und entlang des Talbachs lediglich 1 m bis 2 m. Die Gesamtkubatur der südlichen Halde kann grob mit 150.000 m³ abgeschätzt werden. Der von Haldenmaterial beeinflusste Bereich an der nördlichen Talflanke sowie im nordwestlichen Bereich umfasst ca. 25.000 m². Insgesamt umfasst die Altablagerung daher eine Fläche von knapp 100.000 m².
Untergrundverhältnisse
Im Bereich der Talsohle des Talbaches befinden sich geringmächtige quartäre Lockersedimente, die von Schichtgliedern des Grazer Paläozoikums unterlagert werden. An der südlichen Talflanke des Talbaches stehen im Bereich von Schrems Schwarz- und Grünschiefer, an der nördlichen Talflanke Grünschiefer und paläozoische Kalke an. Vor allem die Schwarzschiefer sind erzführend. Bei den Erzen handelt es sich hauptsächlich um silberführenden Bleiglanz, Zinkblende und andere komplexere Kiesvererzungen sowie Baryt.
In den quartären Lockersedimenten, die aus schluffig-tonigen Sanden und Kiesen bestehen, befindet sich der gering ergiebige Grundwasserbegleitstrom des Talbaches. Die Grundwasserfließrichtung kann entsprechend der Fließrichtung des Talbachs ungefähr von Osten nach Westen angenommen werden. An den Talflanken ist mit gering ergiebigem Hangwasser zu rechnen.
Schutzgüter und Nutzungen
Die Altablagerung befindet sich im Siedlungsgebiet von Schrems und wird sowohl südlich als auch nördlich des Talbachs für Wohnzwecke incl. Hausgärten genutzt. Die meisten der Liegenschaften, die derzeit nicht für Wohnzwecke genutzt werden, sind als Wohngebiet gewidmet. Der zentrale Bereich der südlichen Halde war vor den Sicherungsmaßnahmen durch eine geschlossene Kleingartennutzung direkt auf Böden mit Haldensubstrat gekennzeichnet. Westlich davon befindet sich ein Gewerbebetrieb. Der südöstliche Teil der südlichen Halde wird landwirtschaftlich genutzt (Grünland), wobei ein Teilbereich auch weidewirtschaftlich genutzt wird. Auf einem kleinen Teil wird Forstwirtschaft betrieben (Christbaumzucht).
Etwa 700 m südwestlich der Altablagerung liegt der Brunnen „Brunngraben“, der zur Ortswasserversorgung von Frohnleiten dient. Die 700 m östlich der Altablagerung liegenden Quellen im Haselbachgraben versorgen die Ortschaft Schrems mit Trinkwasser.
Der die Altablagerung durchquerende Talbach mündet an deren westlichem Rand in den Tyrnauer Bach. Dieser mündet etwa 3 km weiter südwestlich in die Mur.
GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG
Die Untersuchungen im Bereich der Altablagerung begannen im September 2018. Entsprechend der Zusammensetzung der geförderten und verhütteten Erze war der Oberboden im gesamten Bereich der Ablagerungen hoch mit Blei, Zink und Cadmium sowie lokal mit Quecksilber kontaminiert. Vor allem die Bleibelastung im Oberboden war auf dem weitaus überwiegenden Teil der Altablagerung mit Gehalten von durchschnittlich rund 2.000 mg/kg und Maximalgehalten bis zu 20.000 mg/kg als sehr hoch zu bewerten. Insgesamt umfasst die Altablagerung eine Fläche von knapp 100.000 m².
Die nachgewiesenen hohen Bleikonzentrationen in Wurzel- und Blattgemüsen belegten einen hohen Schadstofftransfer vom kontaminierten Boden in Pflanzen und somit eine hohe Pflanzenverfügbarkeit von Blei. Betroffen waren Wurzelgemüse (Karotten, Sellerie, Petersilie, Kren) mit Gehalten z. T. deutlich über 1.000 µg/kg FG (maximal 14.000 µg/kg FG; zulässiger Höchstgehalt: 100 µg/kg FG) und Blattgemüse (Spinat; zulässiger Höchstgehalt: 300 µg/kg FG). Bei Fruchtgemüsen (Paradeiser, Pfefferoni oder Zucchini) war zumeist keine und in einem Einzelfall (Paradeiser) eine geringfügige Überschreitung des zulässigen Höchstgehalts von 50 µg/kg FG gegeben. Die Bleigehalte von Äpfeln lagen deutlich unter dem zulässigen Höchstgehalt (100 µg/kg FG), zumeist sogar im nicht nachweisbaren Bereich. Die untersuchten Grasproben wiesen durchwegs Schwermetallkonzentrationen auf, die deutlich unter den jeweils zulässigen Höchstgehalten für Futtermittel gemäß europäischer Richtlinie 2002/32/EG lagen.
Aufgrund von Art, Höhe und Verteilung der Belastung sowie der Nutzungssituation konnte eine erhöhte Aufnahme von Schadstoffen durch Menschen nicht ausgeschlossen werden. Eine Expositionsabschätzung und Risikoanalyse im Bereich der Halde ergab, dass für mehrere Expositionsszenarien ein gesundheitliches Risiko für Menschen existierte. Besonders hervorzuheben waren die mögliche orale Schadstoffaufnahme durch spielende Kleinkinder in bleibelastenden Hausgärten sowie durch den Verzehr von Gemüse aus bleibelasteten Beeten durch alle Bewohner. Beide Risiken waren als nicht tolerierbar zu beurteilen.
Ausgehend von den sehr hohen Bleigehalten der abgelagerten Abfälle war das Grundwasser im unmittelbaren Bereich der Halden stark mit Blei verunreinigt. Vereinzelt waren darüber hinaus zeitweise auch erhöhte Gehalte an Zink, Cadmium und Sulfat festzustellen. Aufgrund der hydrogeochemischen Eigenschaften von Blei und der geringen Ergiebigkeit des lokalen Grundwasserleiters war davon auszugehen, dass sich die Bleiverunreinigung des Grundwassers auf den unmittelbaren Bereich der Altablagerung beschränkt und es zu keiner weitergehenden Ausbreitung im Grundwasserabstrom kommen würde. Die rund 700 m in Abstromrichtung entfernte Trinkwasserversorgungsanlage „Brunngraben“ wies keine Belastungen auf.
SICHERUNGSMAßNAHMEN
Beschreibung der Sicherungsmaßnahmen
Im Bereich der Altlast wurde bei allen Flächen in Hausgärten, die von Kleinkindern beim Spielen regelmäßig benutzbar waren, und bei allen Flächen mit Gemüsebeeten der kontaminierte Oberboden bis auf eine Tiefe von mindestens 0,5 m entfernt und durch unbelastetes Material ersetzt. Diese Maßnahme betraf im Wesentlichen alle unversiegelten und weitgehend ebenen Flächen in Hausgärten.
Die Vorarbeiten umfassten die Errichtung von Zufahrtswegen und Hangsicherungsmaßnahmen inkl. geotechnischer Baubegleitung (insbesondere im nördlich des Talbaches gelegenen Teil), Abtrag und ggf. Entsorgung von Pflanzen, Bäumen, Zäunen, Spielgeräten, Gewächs- und Gartenhäusern, Pflaster- und Rasengittersteinen etc.
Der Bodenaustausch selbst erfolgte in zwei Phasen:
In Sanierungsphase 1 wurde von August 2019 bis April 2020 auf denjenigen Liegenschaften der Boden im Bereich der oben beschriebenen Nutzungstypen ausgetauscht, auf denen zum damaligen Zeitpunkt Kinder ihren Hauptwohnsitz hatten. Diese Maßnahme betraf 14 Einzelflächen und umfasste rund 7.000 m² (i. e. 20% der gesamten sanierten Fläche). Die Sanierungsphase 2 von März 2021 bis Oktober 2022 betraf die restlichen zu sanierenden Flächen innerhalb der Altlast und umfasste 40 Einzelflächen mit ca. 30.000 m².
In Summe wurden mit rund 1.700 LKW-Fahrten ca. 29.000 Tonnen kontaminiertes Aushubmaterial sowie ca. 700 t Bauschutt (Beton- und Mauerabbruch, Rand- und Pflastersteine, Asbestzement etc.) der Deponierung zugeführt.
Als Trennlage zum kontaminierten Haldenmaterial ab 0,5 m Tiefe wurde an der Aushubsohle vor der Wiederverfüllung flächendeckend ein Geogitter aus Kunststoff sowie Kunststoffwarnbänder verlegt. Die Wiederverfüllung erfolgte mit Material der Güteklasse A1 gemäß Bundesabfallwirtschaftsplan. Nach der Wiederverfüllung wurden die Flächen gemäß ihrem ursprünglichen Zustand wiederhergestellt.
In einigen wenigen kleinen Bereichen wurde anstelle des Bodenaustausches eine Anschüttung mit einer Mächtigkeit von mindestens 0,5 m vorgenommen oder die Fläche versiegelt.
Beurteilung der Maßnahmen
Aufgrund der Eigenschaften der Schadstoffe und ihrer Verteilung im Untergrund sowie der aktuellen Nutzungssituation wurde folgendes Sanierungsziel festgelegt:
- Die Bodenverunreinigungen sind kurzfristig so weit zu reduzieren, dass die bestehenden Risiken in Hinblick auf eine potentielle Schadstoffaufnahme durch Menschen auf ein tolerierbares Ausmaß gesenkt werden.
Entsprechend den in Abschnitt 3 beschriebenen relevanten Expositionspfaden war daher für folgende Bereiche Sanierungsbedarf gegeben:
- Von Kleinkindern beim Spielen regelmäßig benutzbare, d. h. unversiegelte und weitgehend ebene Flächen in Hausgärten
- Gemüsebeete in Hausgärten
Durch den Bodenaustausch im Bereich dieser Flächen bis in mindestens 0,5 m Tiefe ist gewährleistet, dass sowohl die orale Schadstoffaufnahme durch spielende Kleinkinder als auch der Schadstofftransfer in Gemüsepflanzen unterbunden wird, da die Kontamination in der oberflächlichen Kontaktzone des Bodens und in der Hauptwurzelzone von Gemüsepflanzen vollständig entfernt wurde.
Das in einer Tiefe über 0,5 m noch vorhandene Haldenmaterial umfasst im zentralen Teil der südlich des Talbaches gelegenen Halde eine Fläche von rund 20.000 m² und weist eine Mächtigkeit von durchschnittlich 5 m auf, sodass sein Gesamtvolumen sehr grob mit 100.000 m³ abgeschätzt werden kann.
Die Ergebnisse der Grundwasseruntersuchungen bestätigen den Befund in der Gefährdungsabschätzung (siehe 3). Ausgehend von den sehr hohen Bleigehalten der abgelagerten Abfälle ist das Grundwasser im unmittelbaren Bereich der Halden nach wie vor mit Blei verunreinigt. Durch die Maßnahmen ist es zu keiner temporären Erhöhung der Bleikonzentrationen gekommen. Aufgrund der hydrogeochemischen Eigenschaften von Blei und der geringen Ergiebigkeit des lokalen Grundwasserleiters kann davon ausgegangen werden, dass die Bleiverunreinigung des Grundwassers auf den unmittelbaren Bereich der Altablagerung beschränkt ist und es zu keiner weitergehenden Ausbreitung im Grundwasserabstrom kommt. Die rund 700 m in Abstromrichtung entfernte Trinkwasserversorgungsanlage „Brunngraben“ weist keine Belastungen auf.
Datum der Texterstellung: Dezember 2023