Altlast S22: Chemische Reinigung Wührer

Auf dem Altstandort „Chemische Reinigung Wührer“, der eine Fläche von etwa 120 m² umfasst, wurde im Zeitraum von 1969 bis 2004 eine chemische Reinigung und Wäscherei betrieben. In der chemischen Reinigung kam Tetrachlorethen zum Einsatz. Das Tetrachlorethen-haltige Kontaktwasser wurde zusammen mit den übrigen betrieblichen Abwässern in die Kanalisation eingeleitet.

Die durchgeführten Untersuchungen weisen auf erhebliche Verunreinigungen durch CKW bzw. Tetrachlorethen vorwiegend in der gesättigten Zone und möglicherweise auch in Klüften des Festgesteins hin, die zu lokal sehr hohen Schadstoffkonzentrationen im Grundwasser führen. Der CKW-Eintrag erfolgte vermutlich an einer oder mehreren Stellen entlang der Kanalisation. Die mit dem Grundwasser abströmende CKW-Fracht ist als erheblich zu beurteilen. Die Länge der Schadstofffahne ist derzeit nicht hinreichend genau bekannt. Es ist nicht auszuschließen, dass auch der Grundwasserbegleitstrom der Enns von den Verunreinigungen betroffen ist.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Sankt Johann im Pongau,
Radstadt,
Radstadt,
16
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: chemische Reinigung
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 39 m²
Schadstoff(e) Organische Lösungsmittel (leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 15.10.2021

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten

Der Altstandort „Chemische Reinigung Wührer“ befindet sich im Zentrum von Radstadt an der historischen Stadtmauer und umfasst eine Fläche von etwa 120 m².

Auf dem Standort wurde im Zeitraum von 1969 bis 2004 eine chemische Reinigung und Wäscherei betrieben. Die Wäscherei bestand schon früher, vermutlich seit 1960. Die Einrichtungen zum Waschen und Chemisch-Reinigen waren im südlichen Teil des Gebäudekomplexes untergebracht. Dieser Gebäudeteil ist unterkellert.

In der chemischen Reinigung kam als Reinigungsmittel Tetrachlorethen (PER) zum Einsatz. Bis 1990 wurden Reinigungsmaschinen im offenen System mit integrierter Destillationseinheit betrieben. Ab 1978 war eine Aktivkohleanlage nachgeschaltet. Die Abluft wurde in einem Rohr über Dach ausgeleitet bzw. im Bereich der Reinigungsmaschine abgesaugt und horizontal an der Südseite des Gebäudes ausgeblasen.

Die Lagerung von PER und PER-haltigen Abfällen (z.B. Destillationsrückstände, Flusen) erfolgte im Bereich der Reinigungsmaschine. Das Kontaktwasser wurde bis etwa 1985 dem Kühlwasser zugeführt und anschließend mit den übrigen betrieblichen Abwässern (z.B. Waschwässer, Kondensate) in die Kanalisation eingeleitet. Der Verlauf der Kanalisation ist nicht bekannt. Ende der 1980er Jahre wurde eine Kontaktwasseraufbereitungsanlage installiert (Nass-Aktivkohle), und 1994 für wenige Jahre ein Kühlwasserkreislaufsystem.

In einem Kellerraum befand sich eine Dampfkesselanlage. Zur Dampferzeugung wurde Heizöl Leicht oder Heizöl Extraleicht verwendet. Die Lagerung des Heizöls (6.000 Liter) erfolgte in einem Kastentank im Keller.

Untergrundverhältnisse

Das Gelände des Altstandortes befindet sich auf etwa 850 m ü. A. und ist weitgehend eben. Unmittelbar südlich des Standorts fällt das Gelände steil um etwa 25 m zum Ennstalboden ab. Der Altstandort ist vollständig bebaut bzw. versiegelt.

Unter der Oberflächenversiegelung und einer geringmächtigen mineralischen Anschüttung von max. 1,5 m Mächtigkeit folgt verwitterter Fels (Phyllit bzw. Tonglimmerschiefer), der überwiegend als Schluff oder Sand mit Ton- und Kiesanteilen vorliegt. Der unverwitterte Fels wird in Tiefen ab 3-5 m angetroffen.

Grundwasser wird ab Tiefen von ca. 3 m angetroffen bzw. etwa 0,5 m unter dem Kellerboden.  Die Grundwasserströmung erfolgt in südlicher Richtung bei einem mittleren Gefälle von etwa 18 %. Die Mächtigkeit des wasserführenden Hangwasserleiters beträgt etwa 2 m. Möglicherweise wird ein Teil des Grundwassers über Klüfte abgeführt. Quellen bzw. Wasseraustritte am Steilhang wurden nicht beobachtet. Die hydraulische Durchlässigkeit wird in der Größenordnung von 10-5 m/s bis 10-6 m/s abgeschätzt. Die spezifische hydraulische Fracht wird mit rd. 0,2 m³ pro Tag je Querschnittsmeter abgeschätzt.

Das Niederschlagswasser bzw. die Dachwässer werden in die Kanalisation abgeleitet. Versickerungen von Niederschlagswasser sind im Wesentlichen auf die östlich angrenzende Grünfläche beschränkt. Die Sickerwassermenge im Bereich des Altstandortes ist insgesamt als sehr gering anzunehmen.

Schutzgüter und Nutzungen

Der Altstandort wird gewerblich und als Wohnhaus genutzt. Die umliegenden Flächen werden entsprechend der innerstädtischen Lage ebenfalls zu Wohn- und Gewerbezwecken genutzt. Südlich verläuft ein asphaltierter Weg, an den der Abhang zum Bahnhof Radstadt anschließt.

Der Standort liegt im Grundwasserkörper „Salzburger Hohe Tauern“ (GK 100055) und befindet sich in keinem Grundwasserschutz- oder Grundwasserschongebiet.

Etwa 120 Meter südlich des Altstandortes fließt die Enns in östlicher Richtung.

Im näheren Umkreis des Altstandortes sind keine Grundwassernutzungen bekannt. Die nächstgelegene Grundwassernutzung, ein Nutzwasserbrunnen, befindet sich etwa 300 m südöstlich des Standorts, orographisch rechts der Enns.

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Auf dem Altstandort „Chemische Reinigung Wührer“ wurde im Zeitraum von 1969 bis 2004 eine chemische Reinigung und Wäscherei betrieben. Die Wäscherei bestand schon früher, vermutlich seit 1960. In der chemischen Reinigung kam als Reinigungsmittel Tetrachlorethen (PER) zum Einsatz. Die Lagerung von PER und PER-haltigen Abfällen (z.B. Destillationsrückstände, Flusen) erfolgte im Bereich der Reinigungsmaschine. Das Kontaktwasser wurde bis etwa 1985 dem Kühlwasser zugeführt und anschließend mit den übrigen betrieblichen Abwässern (z.B. Waschwässer, Kondensate) in die Kanalisation eingeleitet.

Der vom Altstandort betroffene Bereich umfasst etwa 120 m² und ist vollständig bebaut bzw. versiegelt.

Die Ergebnisse von Grundwasseruntersuchungen zeigen auf dem Altstandort und im unmittelbaren Abstrom erhöhte bis sehr hohe Konzentrationen an leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW), im Wesentlichen Tetrachlorethen. Der Prüfwert der ÖNORM S 2088-1 (6 µg/l) wird lokal um mehr als das 1.000-fache überschritten.

In Verbindung mit den unauffälligen Ergebnissen der Bodenluft- und Feststoffuntersuchungen im Standortbereich ist von einem kleinräumigen Schadensherd mit hoher Quellstärke auszugehen. Aufgrund des geringen Flurabstands liegen die Kontaminationen vermutlich überwiegend in der gesättigten Zone vor, die aufgrund der Feinkornanteile (Feinsand, Schluff, Ton) des verwitterten Festgesteinsuntergrunds über ein erhöhtes Schadstoffrückhaltevermögen verfügt. Es ist nicht auszuschließen, dass CKW in gelöster Form oder als CKW-Phasenkörper in vorhandene Klüfte im Festgestein (Phyllit bzw. Tonglimmerschiefer) eingedrungen sind. Eine laterale Ausbreitung eines CKW-Phasenkörpers entlang des Festgesteinsreliefs (auch entgegen der Grundwasserströmungsrichtung) ist ebenfalls nicht auszuschließen.

Aufgrund der Unterkellerung des Bereichs der Chemisch-Reinigungsanlagen ist davon auszugehen, dass der Eintrag von Tetrachlorethen in den Untergrund an einer oder mehreren Stellen entlang des Abwasserkanals infolge der Einleitung CKW-haltiger Abwässer, insbesondere des Kontaktwassers, erfolgt ist. Der Verlauf des Kanals ist nicht bekannt.

Ausgehend vom Schadensherd erfolgt eine Ausbreitung von gelösten CKW im Hangwasserleiter in südliche Richtung, sowie möglicherweise auch innerhalb von Klüften. Die Länge der Schadstofffahne im Hangwasserleiter ist derzeit nicht genau bekannt, sie wird derzeit mit zumindest 50-100 m bis zum Übergang in den Grundwasserbegleitstrom der Enns angenommen. Es ist nicht auszuschließen, dass der Grundwasserbegleitstrom ebenfalls von den Verunreinigungen betroffen ist. Die vom Altstandort abströmende CKW- bzw. Tetrachlorethen-Fracht kann in der Größenordnung von 5-7 g pro Tag grob abgeschätzt werden und ist als erheblich zu beurteilen. Unter den vorherrschenden, vorwiegend schwach oxidierenden Redox-Bedingungen findet ein mikrobieller Abbau von Tetrachlorethen nur in geringem Ausmaß statt. Die Abbauprodukte Trichlorethen und cis-Dichlorethen liegen daher nur in – vergleichsweise – geringer Konzentration vor. Vinylchlorid ist im Regelfall nicht nachweisbar. Die Vorbelastung des anströmenden Grundwassers ist gering.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass im Bereich des Altstandortes vorwiegend in der gesättigten Zone und möglicherweise auch in Klüften des Festgesteins erhebliche Verunreinigungen durch CKW bzw. Tetrachlorethen vorhanden sind, die zu lokal sehr hohen Schadstoffkonzentrationen im Grundwasser führen. Die mit dem Grundwasser abströmende CKW-Fracht ist als erheblich zu beurteilen. Die Länge der Schadstofffahne ist derzeit nicht hinreichend genau bekannt. Es ist nicht auszuschließen, dass auch der Grundwasserbegleitstrom der Enns von den Verunreinigungen betroffen ist.

 

Datum der Texterstellung:  August 2020