Sanierte Altlast O73: Tankstelle Stiglechner

Auf dem Altstandort "Tankstelle Stiglechner" wurden beginnend im Jahre 1939 rund 60 Jahre lang Mineralölprodukte gelagert und umgeschlagen. Durch Manipulationsverluste gelangten Mineralölprodukte in den Untergrund, sodass dadurch auf einer Fläche von rund 200 m² eine erhebliche Verunreinigung des Untergrundes gegeben war. Ausgehend von dieser Untergrundverunreinigung waren im Grundwasserabstrom des Altstandortes hohe Belastungen mit Benzol und MTBE zu beobachten.

Die Schadstofffahne war mehr als 500 m lang und gefährdete die Brunnen der Trinkwasserversorgungsanlage "Linzerberg", die seit 2002 mittels Sperrbrunnen gesichert werden. Im Jahre 2011 wurde im Bereich der "Tankstelle Stiglechner" durch Aushubmaßnahmen der überwiegende Teil des mineralölkontaminierten Untergrundes entfernt. Wie die Kontrolluntersuchungen des Grundwassers belegen, konnte dadurch der Schadstoffeintrag in das Grundwasser stark verringert werden, sodass im Grundwasserabstrom nunmehr sehr geringe Schadstoffkonzentrationen vorliegen und daher die Altlast O 73 "Tankstelle Stiglechner" als saniert zu bewerten ist.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Urfahr-Umgebung,
Gallneukirchen,
Gallneukirchen,
120/3, 1564, .312
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: Tankstelle
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination,
erhebliches Risiko Grundwasser
Fläche Altlast (m²): 240 m²
Schadstoff(e) Mineralölkohlenwasserstoffe (aromatische Kohlenwasserstoffe, Benzin)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 01.11.2006
Datum der Prioritätenfestlegung: 01.11.2006
Priorität: 1
Datum Ausweisung dekontaminiert: 01.02.2016
Status Maßnahme: abgeschlossen
Art der Maßnahme: Dekontamination
Sanierungsverfahren: Pneumatische Maßnahmen (Bodenluftabsaugung),
Hydraulische Maßnahmen (Sperrbrunnen (GW-Sicherung)),
Räumung (Teilräumung)
Datum Aktualisierung Altlastenatlas: 01.11.2006

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten

Die "Tankstelle Stiglechner" befindet sich an der Bundesstraße 125 ("Prager Straße") im Stadtgebiet von Gallneukirchen rund 300 m südwestlich des Zentrums. Hier wurde im Zeitraum von 1939 bis 1998 eine Tankstelle betrieben. Im Jahre 1939 wurden zwei unterirdische Tanks (Volumen 10.000 l bzw. 6.000 l) angelegt, im Jahre 1958 ein zusätzlicher Tank für Superbenzin (Volumen 3.000 l). Im Jahre 1979 wurde ein Tank durch einen größeren, doppelwandigen Tank mit mehreren Kammern (Gesamtvolumen 20.000 l) ersetzt.

Im Zuge der Auflassung der Tankstelle im Jahre 1998 wurden im Bereich der Zapfsäulen Verunreinigungen des Untergrundes festgestellt und entfernt.

Die für die Lagerung und den Umschlag von Mineralölprodukten genutzte Fläche war etwa 200 m² groß. Nebenstehende Abbildung zeigt einen Lageplan der ehemaligen Betriebsanlagen auf dem Altstandort.

Untergrundverhältnisse

Der Altstandort befindet sich im Bereich des Gallneukirchner Beckens am Südrand des Kristallins der Böhmischen Masse. Es handelt sich um ein Senkungsbecken, das im Tertiär mit feinkörnigen marinen und fluviatilen Sedimenten verfüllt wurde. Das Festgestein wird von unterschiedlichen Schichtfolgen (Pielacher Tegel, Linzer Sande, Schlier) überlagert. In den Linzer Sanden ist der erste Grundwasserhorizont ausgebildet. Als Grundwasserstauer fungieren Pielacher Tegel, die sich am Beckenrand im Bereich der Großen Gusen in wenigen Metern Tiefe befinden und gegen das Beckeninnere (Süden) bis zu 60 m tief abtauchen. Entlang der Gusen werden die Linzer Sande durch bis zu 3 m mächtige schluffig-tonige Deckschichten überlagert.

Das Gelände des Altstandortes ist eben und befindet sich auf etwa 327 m ü. A. Die anstehenden Linzer Sande sind bis zu 24 m mächtig und zeigen mit zunehmender Tiefe erhöhte Schluffanteile. Zum Teil bestehen oberflächennah Überlagerungen mit gering durchlässigen Deckschichten (bis max. 3 m) oder anthropogenen Auffüllungen.

Den lateral wechselnden, zum Teil sehr gering durchlässigen Untergrundverhältnissen entsprechend, können kleinräumig oberflächennahe Schichtwasserhorizonte auf etwa 325 m ü. A. festgestellt werden. Der Spiegel des durchgehenden ersten Grundwasserhorizontes befindet sich etwa 8 m bis 10 m unter Gelände zwischen 319 m ü. A. bis 317 m ü. A. Im Bereich des Altstandortes ist ein äußerst hohes Spiegelgefälle von bis zu 8 % vorhanden. Die Strömungsrichtung des Grundwassers ist generell nach Südwesten gerichtet. Der Durchlässigkeitsbeiwert des Grundwasserleiters im Bereich des Altstandortes kann mit einer Größenordnung von 7x10-6 m/s abgeschätzt werden. Unmittelbar südwestlich des Altstandortes ist eine deutliche Abnahme des Grundwasserspiegelgefälles auf rund 0,2 % zu beobachten. In einer Entfernung von rund 250 m vom Altstandort werden die Strömungsverhältnisse durch dauerhafte Grundwasserentnahmen beeinflusst.

Schutzgüter und Nutzungen

Derzeit wird das Gebäude auf dem Altstandort als Blumengeschäft und der nördlich anschließende Bereich als Parkplatz genutzt. Die unmittelbare und weitere Umgebung des Altstandortes ist der Lage im Ortsgebiet von Gallneukirchen entsprechend von aufgelockerter Bebauung (Wohn- und Gewerbegebiet) geprägt. Die Große Gusen fließt etwa 80 m nördlich des Altstandortes Richtung Südosten. Im näheren und weiteren Umfeld des Altstandorts befinden sich zahlreiche weitere Altstandorte, darunter mehrere Tankstellen und die Altlast O72 "Putzerei Wurm".

Der Altstandort „Tankstelle Stiglechner“ befindet sich im Einzugsbereich der Schutzgebiete für die zur Trinkwasserversorgung genutzten Brunnen Linzerberg und Klaus. Die beiden Brunnen haben einen wasserrechtlich Konsens zur Entnahme von insgesamt 28 l/s (Brunnen Linzerberg 15 l/s). Im Jahr 2001 wurden im Bereich des Schutzgebiets der Brunnenanlage Linzerberg Verunreinigungen des Grundwassers durch aromatische Kohlenwasserstoffe (vorwiegend Benzol), MTBE (Methyl-tert-butylether) und leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (vorwiegend Tetrachlorethen) festgestellt. In weiterer Folge wurden zum Schutz der Brunnenanlage zwei Sperrbrunnen errichtet. Diese werden seit April 2002 mit einer Entnahme von jeweils 2 l/s betrieben. Die bestehenden Grundwasserverunreinigungen werden durch diese Maßnahmen vollständig erfasst.

Neben den beiden Trinkwasserversorgungsbrunnen befinden sich etwa 20 weitere Grundwasserentnahmen, durchwegs Haus- und Betriebsbrunnen, im Umkreis von 500 m anstromig bzw. 1 km abstromig des Altstandortes.

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Auf dem Altstandort "Tankstelle Stiglechner" wurden rund 60 Jahre lang Mineralölprodukte gelagert und umgeschlagen. Durch Manipulationsverluste bei der Befüllung von Tanks sowie bei der Betankung von Fahrzeugen gelangten Mineralölprodukte in den Untergrund. Die Ergebnisse der Untersuchung von Bodenluft- und Feststoffproben im unmittelbaren Bereich des Altstandortes zeigten, dass auf einer Fläche von rund 200 m² eine massive Verunreinigung des Untergrundes durch Mineralölprodukte gegeben war. Der Hauptschadensherd befand sich im Bereich der früheren Zapfsäulen und eines ehemaligen unterirdischen Tanks. Die Feststoffproben aus der wasserungesättigten Untergrundzone zeigten sehr hohe Mineralölgehalte von bis zu 4.900 mg/kg TM (Maßnahmenschwellenwert gemäß ÖNORM S 2088-1: 500 mg/kg). Die Kontaminationen wurden überwiegend durch niedrigsiedende Mineralölprodukte (Benzine) und durch den Treibstoffzusatz MTBE verursacht. Letzteres ließ darauf schließen, dass der Hauptanteil der Verunreinigung erst nach dem Jahr 1980 erfolgte. Es war davon auszugehen, dass die Verunreinigungen in Abhängigkeit des lokal stark wechselnden Untergrundaufbaus lokal auch bis in den Grundwasserschwankungsbereich (ca. 8 m bis 10 m unter Gelände) reichen würden.

Grundwasseruntersuchungen seit dem Jahr 2004 zeigten, dass im Grundwasseranstrom des Altstandortes keine relevanten Benzol- oder MTBE-Belastungen gegeben waren. Im Vergleich dazu wurden im nahen Grundwasserabstrom der "Tankstelle Stiglechner" deutlich erhöhte Gehalte für Benzol (bis zu 1,4 µg/l) und hohe Gehalte für MTBE (bis zu 470 µg/l) nachgewiesen.

Auf Grund der Ergebnisse der 24-stündigen Pumpversuche im Jahr 2004 sowie im Vergleich mit den Ergebnissen der Grundwasserbeweissicherung für die Sperrbrunnen zur Sicherung des Wasserwerkes "Linzerberg" konnte abgeschätzt werden, dass im nahen Abstrom des Altstandortes Schadstofffrachten in der Größenordnung von bis zu 1 g/d Benzol bzw. bis zu 20 g/d MTBE gegeben waren.

Die Schadstofffahne war im unbeeinflussten Zustand vor Inbetriebnahme der Sperrbrunnen mehr als 500 m lang. Durch die Inbetriebnahme der Sperrbrunnen wurde die Schadstofffahne nach ca. 250 m gefasst.

Der Altstandort „Tankstelle Stiglechner“ verursachte eine weitreichende Verunreinigung des Grundwassers durch Benzol und MTBE und stellte eine Gefahr für eine Trinkwasserversorgungsanlage dar.

 

MASSNAHMEN ZUR SICHERUNG UND SANIERUNG

Ziel der Maßnahmen

Übergeordnetes Sanierungsziel im Sinne der ÖNORM S 2089 ist es, die Verunreinigung des Untergrundes so weit zu reduzieren, dass es mittel- bis langfristig zu einer dauerhaften Rückbildung der Schadstofffahne im Grundwasser kommt, sodass im weiteren Abstrom dauerhaft und uneingeschränkt eine Nutzung des Grundwassers zu Trinkwasserzwecken gewährleistet werden kann.

Zur Konkretisierung des übergeordneten Sanierungsziels wurden als Sanierungszielwerte für das Grundwasser im Abstrom folgende Schadstoffkonzentrationen festgelegt:

  • Summe aromatische Kohlenwasserstoffe (BTEX): 50 µg/l
  • Benzol: 1 µg/l
  • Kohlenwasserstoff-Index (KW-Index): 100 µg/l

Für den Stoff Methyltertbutylether (MTBE) wurde kein Sanierungszielwert festgelegt, als Orientierungswert kann ein Wert von 10 µg/l herangezogen werden.

In Hinblick auf die Dekontamination des ungesättigten Untergrundes durch Bodenluftabsaugung wurden folgende Sanierungszielwerte für die Bodenluft festgelegt:

  • Summe aromatische Kohlenwasserstoffe (BTEX): 10 mg/m³
  • Benzol: 10 mg/m³
  • Summe n-Alkane: 50 mg/m³

Beschreibung der Maßnahmen

Auf dem Altstandort wurden folgende Maßnahmen durchgeführt:

  • Teilaushub des kontaminierten Untergrunds
  • Bodenluftabsaugung
  • Hydraulische Sicherungsmaßnahmen
  • Kontrolluntersuchungen

Beurteilung der Maßnahmen

Durch die Aushubmaßnahmen wurden rund 460 m³ bzw. 820 Tonnen kontaminiertes Untergrundmaterial entfernt. Bei Annahme einer durchschnittlichen Schadstoffkonzentration von 5.000 mg/kg entspricht dies grob geschätzt einer Schadstoffmasse (Kohlenwasserstoffe) von etwa 4.000 kg. Die aus statischen Gründen im Nahbereich des Gebäudes sowie unter dem Gebäude nicht entfernte Restbelastung kann grob mit 150 m³ bzw. 250 Tonnen abgeschätzt werden. Wird für diese Menge dieselbe durchschnittliche Schadstoffkonzentration angesetzt wie für das ausgehobene Material, ergibt sich für die Restbelastung eine Schadstoffmasse von etwas mehr als 1.000 kg. Durch die Aushubmaßnahmen wurden somit rund 75 % der im Untergrund vorhandenen Schadstoffmasse entfernt. Die Restbelastung setzt sich hauptsächlich aus Mitteldestillaten (Diesel, Heizöl) und nur untergeordnet aus niedrig siedenden Mineralölkohlenwasserstoffen (Benzin) zusammen.

Trotz der nachgewiesenen vergleichsweise hohen Feststoffbelastung trug die Bodenluftabsaugung mit in Summe etwa 0,3 kg Schadstoffmasse in nur sehr geringem Ausmaß zur Schadstoffentfernung bei.

Wie die Kontrolluntersuchungen des Grundwassers belegen, konnte durch die Entfernung des überwiegenden Teils des mineralölkontaminierten Untergrundes der Schadstoffeintrag in das Grundwasser stark verringert werden. Nach einer wahrscheinlich aushubbedingten temporären Schadstoffmobilisierung sind im Grundwasserabstrom mittlerweile nur mehr sehr geringe Schadstoffkonzentrationen festzustellen. Die festgestellten MTBE-Konzentrationen liegen deutlich unter dem Sanierungszielwert, Benzol war zuletzt nicht mehr nachzuweisen.

Der Verlauf der Messwerte seit Errichtung der Messstellen im Jahre 2004 zeigt bereits vor den Sanierungsmaßnahmen einen deutlichen Rückgang der Schadstoffkonzentrationen. Ein ähnliches Bild - wenngleich zeitversetzt und auf höherem Konzentrationsniveau - ergibt sich im weiteren Abstrom der Altlast, der z. B. durch den "Sperrbrunnen 2" repräsentiert wird. Die MTBE-Konzentrationen sind dort seit 2002 bis dato etwa um den Faktor 10 zurückgegangen, Benzol war seit Anfang 2009 nicht mehr nachzuweisen.

Die Altlast O 73 "Tankstelle Stiglechner" ist als saniert zu bewerten.

 

Datum der Texterstellung: März 2015