Altlast N90: Galvanik Metallwarenfabrik Kromag

Bei der Altlast „Galvanik Metallwarenfabrik Kromag" handelt es sich um einen sehr kleinen Teil eines wesentlich größeren metallverarbeitenden Betriebes, der seit 1863 auf dem Standort tätig ist. Im Bereich einer ehemaligen Galvanik ist der Untergrund auf einer Fläche von 300-400 m² mit CKW bzw. Tetrachlorethen erheblich verunreinigt. Das Volumen des erheblich verunreinigten Untergrunds kann mit <2.000 m³ angenommen werden.

Die Auswirkungen der Tetrachlorethen-Verunreinigung auf die Grundwasserqualität sind erheblich. Es ist derzeit nicht auszuschließen, dass ein Teil der Grundwasserverunreinigungen im Abstrom der Altlast von anderen CKW-Eintragsstellen außerhalb des Altstandortes stammt.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Baden,
Hirtenberg,
Hirtenberg,
200/2
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: Metallwarenerzeugung,
Apparate-, Anlagen-, Fahrzeug- und Trafobau
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 300 m²
Volumen Altlast (m³): 2.000 m³
Schadstoff(e) Organische Lösungsmittel (leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 01.12.2020

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten

Beim Altstandort „Metallwarenfabrik Kromag", der eine Fläche von rd. 150.000 m² umfasst, handelt es sich um einen metallverarbeitenden Betrieb, der seit 1863 auf dem Standort tätig ist. In diesem Industriebetrieb wurden zunächst Geschoßzünder und Satzscheiben produziert. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Produktpalette geändert und in den folgenden Jahrzehnten wurden Werkzeuge (z.B. Bohrer, Bohrfutter, Fräser), Rohre (z.B. Gas- und Wasserleitungsrohre, Stahlrohre), Möbel (z.B. Stahlrohrmöbel, Metallschränke), Fahrzeuge (z.B. Lokomotiven bzw. Gleisfahrzeuge, Kühl- und Tankwagen) und Fahrzeugteile (z.B. Fahrrad- und Motorradteile, Räder, Felgen) sowie Maschinen (z.B. Generatoren, Seilwinden, Weinpressen) hergestellt.

Über die Produktionsanlagen im 19. Jahrhundert liegen keine Informationen vor, vermutlich befanden sich die Werkstätten im nördlichen Bereich des Standorts (Objekt 1 - „Alte Werkstatt", Objekt 2 – „Alte Tischlerei"). Das Objekt 3 wurde zunächst als Wirtschaftsgebäude und Produktionsstätte für Spiralbohrer genutzt, später im Wesentlichen als Lager für Roh- und Fertigwaren.

Zwischen 1897 und 1900 wurde ein neues Werkstattgebäude mit Maschinenhaus, Dampfkessel und Schornstein errichtet (Objekt 4), in dem zunächst vermutlich eine Produktion von Geschoßzündern und Satzscheiben erfolgte, später unter anderem Werkzeuge hergestellt und bearbeitet wurden (Fräsen, Drehen, Bohren, Schleifen, Härten, Sandstrahlen) und ab 1937 auch eine Lackiererei untergebracht war. Ab den 1950er Jahren wurden Möbel hergestellt.

Zwischen 1900 und etwa 1918 erfolgte eine Betriebserweiterung in südlicher Richtung. Es wurden die Objekte 5a, 6a und 7 errichtet. In Objekt 5a befanden sich zunächst eine Gelbgießerei sowie eine Formerei und Putzerei, nach dem 1. Weltkrieg Maschinen zur Herstellung von Rädern bzw. Autofelgen („Räderabteilung", unter anderem Pressen, Walzen, Drehbänke, Schleif- und Bohrmaschinen). Eine Erweiterung nach Süden erfolgte vermutlich Anfang der 1920er (Walzwerk, Rohrwerk), Anfang der 1940er (Objekt 5b) und in den 1970er Jahren (Objekt 5c). Im nördlichen Teil von Objekt 5a war ab 1970 bis ca. 1985 eine Spritzlackieranlage untergebracht, danach bis in die 1990er Jahre in Objekt 5b.

In den Werkstätten von Objekt 7 („Felgen- und Pumpenabteilung") waren unter anderem Pressen, Schleif-, Schweiß-, Bohr- und Nietmaschinen aufgestellt. Im nördlichen Gebäudeteil befand sich ein oberirdisches Öllager für einen Aluminiumschmelzofen. Im südlichen Gebäudeteil wurden bis 1939 vermutlich galvanische Anlagen betrieben. Die Entfettung der Werkstücke erfolgte mit heißer Natronlauge. Der südliche Teil von Objekt 7 wurde 1991 durch eine neue Produktionshalle ersetzt, der nördliche Teil im Jahr 2003 durch ein Lager- und Verwaltungsgebäude.

 

In Objekt 6a („Werkzeugabteilung" bzw. „Feldbahnhalle") waren eine Dreherei, eine Presserei und Glüherei sowie eine Gelbbrennerei, Putzerei und Lackiererei untergebracht. Im Zeitraum von 1955 bis vermutlich 1986 wurden im nordöstlichen Gebäudeteil galvanische Anlagen zur Verchromung, Verkupferung und Vernickelung betrieben. Zur Entfettung kamen dabei auch leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe zum Einsatz. Im nördlichen Teil von Objekt 6a befand sich das Maschinenhaus mit Schornstein, im Süden erfolgte vermutlich Ende der 1930er Jahre ein teilweise unterkellerter Zubau (Objekt 6b).

Die Energieversorgung erfolgte im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts mit festen Brennstoffen. Im südlichen Teil der Metallwarenfabrik wurde ab 1922 eine Kohlengasanlage betrieben. Das Gas wurde zum Betrieb diverser Öfen über Rohrleitungen in den nördlichen Teil der Metallwarenfabrik geleitet bzw. in einem Gasometer gespeichert. Die Kohlengasanlage wurde vermutlich bis zur Umstellung auf Erdgas im Jahr 1959 betrieben. Teilweise wurde auch Mineralöl eingesetzt (vermutlich vorwiegend Heizöl Leicht und Heizöl Schwer), z.B. zum Betrieb von Schmelz-, Härte- und Muffelöfen. Die Lagerung größerer Heizölmengen erfolgte im südlichen Teil der Fabrik.

Ab ca. 1990 befand sich östlich von Objekt 6b eine Betriebstankstelle mit einem 5000 Liter-Diesel-Tank.

Das Schleppgleis zum Bahnhof Enzesfeld wurde ca. 1916 errichtet. Innerhalb des Standorts wurde der Gleisverlauf entsprechend den Umbaumaßnahmen und Betriebserweiterungen mehrmals geändert.

Die betrieblichen Abwässer der gesamten Metallwarenfabrik wurden bis ca. 1992 in einem Kanal in östlicher Richtung zu einer (mechanischen) Kläranlage und weiter zum Vorfluter abgeleitet. Die Aufbereitung der Galvanikabwässer (Chrom-Reduktion, Neutralisation, Hydroxyd-Fällung, etc.) erfolgte zumindest ab ca. 1970 vor der Einleitung in den Kanal.

Untergrundverhältnisse

Der Altstandort liegt in der Tallandschaft der Triesting auf ca. 280 m ü. A. und fällt leicht in südlicher Richtung zur Triesting ab. Unter einer Ablagerungsschicht, die meist 0,5-1,5 m mächtig ist, folgen bis in Tiefen von etwa 4 m grobkörnige Sedimente (Feinsande, sandige Kiese, lokal Steine). Ab etwa 4 m unter GOK stehen tonig-feinsandige Schluffe an, in die lokal verkittete Stein- und Kiesschichten eingeschaltet sind. Vermutlich ab 10 m Tiefe folgen Steine und Blockwerk bzw. der Übergang zu den Dolomiten des oberostalpinen Kalkalpenuntergrunds. Der generell heterogene Untergrundaufbau ist auf die Lage des Standortes im Ablagerungsbereich des einst mäandrierenden Flusses zurückzuführen.

Der Flurabstand zum Grundwasser beträgt etwa 3-4 m. Die Grundwasserströmung erfolgt in östlicher bis nordnordöstlicher Richtung und ist vermutlich lokal durch Grundwasserentnahmen eines Industriebetriebes nördlich des Altstandortes von bis zu 5 l/s beeinflusst. Der Durchlässigkeitsbei-wert kf des Grundwasserleiters schwankt entsprechend dem lokalen Untergrundaufbau in einem Bereich von rd. 1.10-4 m/s bis 1.10-7 m/s. Das Grundwassergefälle unterliegt entsprechend dem heterogenen Untergrundaufbau örtlich starken Schwankungen in einem Bereich von 0,2 % bis 5 %. Der spezifische Durchfluss ist als gering einzuschätzen.

Der westliche Teil des Altstandortes ist zu ca. 80 % bebaut bzw. versiegelt. Grünflächen befinden sich östlich von Objekt 6 und am westlichen Rand des Standorts sowie im nördlichen Randbereich (Verwaltungsgebäude, Direktionsvilla, Meisterhaus, Tennisplatz). Der östliche Teil des Altstandortes ist zu rd. 60 % unversiegelt (Sportplatz, Hausgärten).

Schutzgüter und Nutzungen

Der westliche Teil des Altstandorts wird industriell genutzt. Im östlichen Teil befinden sich ein Sportplatz und Wohnhäuser mit Hausgärten. Im Osten grenzt der Standort an ein Wohngebiet, im Westen an die Justizanstalt Hirtenberg und im Norden an Flächen mit Gewerbe-, Industrie- und Wohnnutzung. Die Nutzung des Standorts und der Umgebung geht aus dem Luftbild in nebenstehender Abbildung hervor.

Der Standort liegt am westlichen Rand des Grundwasserkörpers „Südliches Wiener Becken" (GK 100024) und befindet sich in keinem Grundwasserschutz- oder Grundwasserschongebiet.

Auf dem Standort und in der Umgebung befinden sich mehrere Nutzwasserbrunnen. Trinkwassernutzungen sind im Bereich des Altstandortes nicht bekannt.

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Beim Altstandort „Metallwarenfabrik Kromag", der eine Fläche von rd. 150.000 m² umfasst, handelt es sich um einen metallverarbeitenden Betrieb, der seit 1863 auf dem Standort tätig ist. In diesem Industriebetrieb wurden zunächst Geschoßzünder und Satzscheiben produziert. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Produktpalette geändert und in den folgenden Jahrzehnten wurden Werkzeuge, Rohre, Stahlmöbel, Fahrzeuge und Fahrzeugteile sowie Maschinen hergestellt.

Im nordwestlichen Teil der Metallwarenfabrik befanden sich mehrere Produktionshallen, in denen Maschinen zur Metallbearbeitung (Gießen, Umformen, Fügen, Trennen) und Anlagen zur Härtung, Sandstrahlung, Lackierung und Galvanisierung untergebracht waren. In der Galvanik wurden Verchromungen, Verkupferungen und Vernickelungen durchgeführt. Zur Entfettung der Werkstücke in der Galvanik kamen leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW) zum Einsatz.

Im Bereich der Galvanik im nördlichen Teil von Objekt 6 („Feldbahnhalle") liegen gemäß den Bodenluftuntersuchungen an temporären und stationären Messstellen generell leicht erhöhte CKW- bzw. Tetrachlorethen-Gehalte in der Bodenluft vor. Im nördlichen Teil der Galvanik sind die Tetrachlorethen-Gehalte lokal auch erheblich (>10 mg/m³). In diesem Bereich sind im Grundwasserschwankungsbereich erhöhte Tetrachlorethen-Gesamtgehalte im Feststoff festzustellen und in Grundwasser-Schöpfproben sehr hohe Tetrachlorethen-Konzentrationen bis zum 550-fachen des Prüfwerts. Aufgrund der insgesamt geringen CKW-Belastung der ungesättigten Zone bei dennoch sehr starker CKW-Verunreinigung des Grundwassers ist davon auszugehen, dass Tetrachlorethen entsprechend seiner stofflichen Eigenschaften als Phasenkörper in die gesättigte Zone abgesunken und in den feinkörnigen Sedimenten (Schluff, Ton), welche ab ca. 3,5 m Tiefe anstehen, angereichert ist. Das Volumen des erheblich verunreinigten Untergrunds (Schadensherd) auf einer Fläche von 300-400 m² kann mit <2.000 m³ angenommen werden. Die anhand eines Pumpversuchs im unmittelbaren Abstrom des Schadensherdes abgeschätzte Tetrachlorethen-Fracht von 5-7 g pro Tag ist als erheblich zu beurteilen.

Ausgehend vom Schadensherd hat sich vermutlich eine Tetrachlorethen-Fahne im Grundwasser ausgebildet, die den Strömungsverhältnissen entsprechend zunächst nach Nordnordost verläuft und dann in östliche Richtung schwenkt. Der vermutete Verlauf der Schadstofffahne ist in der Abbildung dargestellt. Die Fahne reicht etwa bis zu einem Brunnen in rd. 550 m Entfernung, der zur Sportplatzbewässerung der örtlichen Schule genutzt wird. Bei diesem Brunnen wird zeitweise der Prüfwert für Tetrachlorethen knapp überschritten. Es ist derzeit nicht auszuschließen, dass ein Teil der Grundwasserverunreinigungen von anderen CKW-Eintragsstellen außerhalb des Altstandortes stammt.

Das dem Altstandort zuströmende Grundwasser weist im Wesentlichen keine Vorbelastungen auf. Die Redox-Verhältnisse sind indifferent bis schwach oxidierend. Ein nennenswerter mikrobieller Abbau von Tetrachlorethen ist unter den vorherrschenden Redox-Verhältnissen nicht zu erwarten. Dementsprechend sind die Abbauprodukte Trichlorethen, cis-Dichlorethen und Vinylchlorid nicht oder nur in Spuren nachweisbar.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass im Bereich einer ehemaligen Galvanik der Untergrund auf einer Fläche von 300-400 m² mit CKW bzw. Tetrachlorethen erheblich verunreinigt ist. Das Volumen des erheblich verunreinigten Untergrunds kann mit <2.000 m³ angenommen werden. Die Auswirkungen der Tetrachlorethen-Verunreinigung auf die Grundwasserqualität sind erheblich. Es ist derzeit nicht auszuschließen, dass ein Teil der Grundwasserverunreinigungen im Abstrom des Schadensherdes von anderen CKW-Eintragsstellen außerhalb des Altstandortes stammt.

 

Datum der Texterstellung: November 2019