Altlast N85: Klederinger Mineralölraffinerie

Beim Altstandort „Klederinger Mineralöraffinerie“ handelt es sich um einen rund 20.000 m² großen Standort südöstlich von Wien, auf dem von 1905 bis 1965 eine Mineralölraffinerie betrieben wurde. Im Bereich der ehemaligen Raffinerieanlagen sind der Untergrund und das Grundwasser großflächig mit Mineralöl verunreinigt. Auf einer Fläche von ca. 2.500 m² schwimmt Mineralöl in Phase auf dem Grundwasser auf.

Die Schadstoffausbreitung im Grundwasser über den erheblich verunreinigten Bereich hinaus ist sehr gering. Aufgrund des Alters der Verunreinigungen (> 50 Jahre) ist mit keiner Zunahme der Schadstoffausbreitung zu rechnen. Der erheblich kontaminierte Bereich des Altstandortes stellt eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt dar. Es wird eine Einstufung in die Prioritätenklasse 3 vorgeschlagen.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Bruck an der Leitha,
Schwechat,
Kledering,
111/17, 111/18, 111/19, 111/61, 111/62, 196, 1045, 1154, 1155
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: Mineralöl-Raffinerie
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 9.200 m²
Volumen Altlast (m³): 50.000 m³
Schadstoff(e) Mineralölkohlenwasserstoffe
Datum Eintrag Altlastenatlas: 15.02.2019
Datum der Prioritätenfestlegung: 15.02.2019
Priorität: 3

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten

Der Altstandort „Klederinger Mineralölraffinerie“ liegt im Ortsgebiet von Kledering, unmittelbar nördlich der Liesing und südlich des Verschubbahnhofes Kledering. Der Altstandort wird durch die Klederinger Straße in einen nördlichen und südlichen Bereich geteilt. Im Osten wird der Standort von der Trasse der Ostbahn begrenzt. Die Größe des gesamten Altstandortes beträgt rund 20.000 m².

Im südwestlichen Bereich des Altstandortes wurde von 1905 bis 1965 eine Mineralölraffinerie betrieben. Die jährliche Produktionsmenge der Raffinerie von Treibstoff (Benzin und Diesel) sowie Heizöl lagen bei ca. 25.000 m³. In den Jahren 1945 bis 1955 wurde die Raffinerie unter der Aufsicht der Sowjetischen Mineralölverwaltung betrieben. Im Zuge der Regulierung der Liesing fielen 1950 auf dem Altstandort zwei Altarme trocken. Diese wurden ab 1950 zur Ablagerung von Säureteer verwendet. 1965 wurde der Betrieb der Raffinerie eingestellt. Die Abbrucharbeiten der Mineralölraffinerie erfolgten 1993. Nach Stilllegung der Raffinerie wurde in diesem Bereich eine Tankstelle errichtet, die bis heute in Betrieb ist. Im südöstlichen Bereich des Altstandortes befindet sich seit dem Jahr 1962 ein Kfz-Schrottplatz.

Nördlich der Klederinger Straße wurde im Zeitraum von 1940 bis 1967 eine Isoliermassenfabrik betrieben. Es erfolgte hier die fabriksmäßige Erzeugung von Verguß-, Imprägnier- und Isoliermassen für die elektrotechnische Industrie. Die Abfüllanlage der Raffinerie befand sich ebenfalls in diesem Bereich, in unmittelbarer Nähe der Bahngleise. Seit dem Jahr 1979 wird eine Kfz-Werkstatt im nördlichsten Bereich des Altstandortes betrieben. In nebenstehender Abbildung ist die historische Nutzung der Mineralölraffinerie dargestellt.

 

Untergrundverhältnisse

Der Standort befindet sich im Westen des südlichen Wiener Beckens im Bereich der Gänserndorfer Terrasse. Im Liegenden der Terrassenschotter befinden sich miozäne Sedimente des Pont und des Pannon bestehend aus Ton, Sand sowie vereinzelt Kies und Tonmergel. Die Geländeoberfläche befindet sich auf etwa 169 bis 171 m ü.A. und ist im Wesentlichen eben. Unter gering mächtigen Anschüttungen oder Deckschichten (sandig lehmiger Löß) bis maximal 6 m zeigen sich Grobsand bis Grobkies mit sehr guter Wasserdurchlässigkeit mit einer Mächtigkeit von rund 16 bis 22 m. Die Durchlässigkeit der Kiese beträgt zwischen 1 x 10-3 bis 3 x 10-3 m/s. Die Oberkante des Grundwasserstauers befindet sich auf etwa 149 m ü.A.

Der Flurabstand beträgt im Bereich des Altstandortes rund 12 bis 13 m, die Grundwasser-strömungsrichtung ist generell nach Nordosten gerichtet. Das Gefälle des Grundwasserspiegels beträgt zwischen 0,5 bis 0,6 %. Der spezifische Grundwasserdurchfluss im Bereich des Alt-standortes kann mit rund 10 m³/m×d abgeschätzt werden, für die gesamte Standortbreite ergeben sich rund 1.000 m³/d. Die Grundwasserneubildung im Bereich des Altstandortes kann grob mit etwa 5 m³/d abgeschätzt werden. Im Vergleich von Grundwasserneubildung und hydraulischer Fracht ergibt sich ein sehr hoher Verdünnungsfaktor von rund 1:200.

 

Schutzgüter und Nutzungen

Aktuell wird der Standort gewerblich genutzt. Einige Bereiche liegen brach. Das direkte Umfeld ist durch ländliches Siedlungsgebiet sowie gewerbliche- und landwirtschaftliche Nutzung geprägt. Die Klederinger Straße quert den Altstandort. Unmittelbar nordöstlich an den Altstandort grenzt der Verschubbahnhof Kledering. Ca. 600 m nördlich bzw. 350 m westlich befindet sich die Stadtgrenze von Wien.

Im Umfeld des Altstandortes befinden sich zwei wasserrechtlich bewilligte Grundwasserentnahmen. Diese Nutzwasserbrunnen befinden sich an der südwestlichen Grenze des Altstandortes sowie 200 m nördlich des Altstandortes. Im weiteren Umfeld gibt es noch einen Nutzwasserbrunnen für eine Gärtnerei, Nutzwasserbrunnen zur Feldbewässerung sowie Hausbrunnen. Unmittelbar südlich des Altstandortes fließt die Liesing.

 

UNTERSUCHUNGEN

Im Bereich des Altstandortes wurden im Zeitraum von 2010 bis 2014 folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • Abteufen von 19 Trockenkernbohrungen DN 220 zwischen 5 bis 25 m unter GOK
  • 12 RKS und 28 Schürfe
  • Entnahme von 268 Feststoffproben und chemische Analyse von 107 Proben
  • Errichtung von 6 Grundwassermessstellen mit dem Ausbaudurchmesser von DN 125
  • Entnahme und Untersuchung von Grundwasserproben aus den neu errichteten Messstellen sowie aus bestehenden Messstellen und Brunnen an vier Terminen
  • Messung der Ölphase in einer Messstelle (GW 6) an 4 Terminen
  • Durchführung von 8 h-Pumpversuchen bei 3 Grundwassermessstellen und Entnahme von Grundwasserproben während des Pumpversuches.

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Im Bereich des Altstandortes „Klederinger Mineralölraffinerie“ wurde von 1905 bis 1965 Erdöl zu Benzin, Diesel bzw. Heizöl raffiniert. Die jährlichen Produktionsmengen lagen bei ca. 25.000 m³. Ab 1965 wurde auf dem Standort eine Tankstelle betrieben. Der Altstandort weist eine Fläche von ca. 20.000 m2 auf.

Im Bereich der ehemaligen Raffinerieanlagen sind der Untergrund und das Grundwasser groß-flächig mit Mineralöl verunreinigt. Der verunreinigte Untergrundbereich weist eine Fläche von ca. 9.000 m² und ein Volumen von rund 50.000 m³ auf. Es ist davon auszugehen, dass auf einer Fläche von ca. 2.500 m² Mineralöl in Phase auf dem Grundwasser aufschwimmt.

Im Bereich der ehemaligen Raffinerieanlagen wurden vorwiegend mittel- bis höhersiedende Kohlenwasserstoffe (> C20), im Grundwasserabstrom des Raffineriebereiches überwiegend niedrigsiedende Kohlenwasserstoffe (< C12) festgestellt.

Auf dem Altstandort wurden im Bereich eines Altarmes der Liesing an zwei Stellen mit einer Fläche von jeweils ca. 300 m² Produktionsabfälle der Raffinerie („Säureteer“) abgelagert. Die
Mächtigkeit der Säureteerablagerungen wird mit maximal 3 m eingeschätzt. Der östliche Säureteerteich wurde angeblich geräumt. Im Zuge der Untersuchungen wurden allerdings in diesem Bereich noch Verunreinigungen mit Mineralöl festgestellt. Das Volumen der Säureteerablagerungen kann mit maximal 1.000 m³ abgeschätzt werden.

Eine Ausbreitung von Kohlenwasserstoffen im Grundwasser über den erheblich verunreinigten Untergrundbereich hinaus wurde nur in geringem Ausmaß festgestellt. Während in Pumproben aus dem Abstrombereich keine Kohlenwasserstoffe nachgewiesen wurden, waren in Schöpfproben Kohlenwasserstoffe teilweise feststellbar. Die geringe Ausbreitung von Schadstoffen im Grundwasser kann einerseits auf den sehr großen Grundwasserdurchfluss und der damit verbundenen sehr starken Verdünnung von Sickerwasser, andererseits auf das hohe Alter des überwiegenden Teils der Mineralölverunreinigungen (vor 1965 entstanden) zurückgeführt werden. Ein natürlicher Abbau von Kohlenwasserstoffen im Grundwasser findet aufgrund der
bisherigen Untersuchungen nur in geringem Ausmaß statt.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass im Bereich der ehemaligen Raffinerie der Untergrund und das Grundwasser großflächig mit Mineralöl verunreinigt sind. Auf dem Grundwasser schwimmt auf einer Fläche von ca. 2.500 m² Mineralöl in Phase auf. Der erheblich kontaminierte Bereich des Altstandortes stellt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar.

 

PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:

 

Schadstoffpotenzial: sehr groß

Auf einer Fläche von ca. 9.000 m2 sind rund 50.000 m3 Untergrund erheblich mit Mineralölprodukten verunreinigt. Auf einer Fläche von ca. 2.500 m² schwimmt Mineralöl in Phase auf dem Grundwasser auf. Die Mineralölverunreinigungen wiesen eine geringe bis mittlere Mobilität auf. Ausgehend von der großen Ausdehnung der Verunreinigungen und den Eigenschaften der festgestellten Mineralölverunreinigungen ergibt sich ein sehr großes Schadstoffpotenzial.

 

Schadstoffausbreitung: lokal

Im Grundwasser wurde außerhalb des Bereiches, in dem Mineralöl in Phase auf dem Grundwasser aufschwimmt, nur in geringem Ausmaß Verunreinigungen festgestellt. Es ist keine Schadstofffahne vorhanden. Die Schadstofffrachten in Grundwasser sind sehr gering. Aufgrund des Alters der Kontaminationen (> 50 Jahre) ist mittelfristig mit keinen wesentlichen Änderungen des Schadensbildes zu rechnen. Die Schadstoffausbreitung ist als lokal zu beurteilen.

 

Bedeutung des Schutzgutes: nutzbar

Der Standort befindet sich im Bereich eines ergiebigen Grundwasserleiters. Im der näheren Umgebung des Altstandortes befinden sich Nutzwasserbrunnen. Bestehende Grundwassernutzungen werden nicht beeinträchtigt. Im Grundwasserabstrom des Altstandortes sind keine Brunnen für eine öffentliche Wasserversorgung vorhanden.

 

Prioritätenklasse – Vorschlag: (3)

Entsprechend der Bewertung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien schlägt das Umweltbundesamt die Einstufung in die Prioritätenklasse 3 vor.

 

 

Datum der Texterstellung:    Mai 2018