Gesicherte/Sanierte Altlast N28: Linoleumfabrik Brunn am Gebirge

Auf einer etwa 6 ha großen Fläche in Brunn am Gebirge wurde in den Jahren 1878 bis 1929 eine Teerfabrik und anschließend bis 1968 eine Linoleumfabrik betrieben. Durch die zahlreichen Produktionsprozesse und Anlagenteile der Teerfabrik (z.B: Pechgrube, Teerdestillationsblase und -kessel, Teergruben, Leichtölreinigung, Naphthalinsublimierkammer, Benzolwäscherei, Ölkeller) kam es zu einer massiven Verunreinigung des Untergrundes.

Am Standort wurden Untergrundbelastungen mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), aromatischen Kohlenwasserstoffen (BTEX), Mineralöl (MKW) und Phenolen festgestellt. Im Grundwasser wurden vor allem Verunreinigungen mit PAK und BTEX nachgewiesen.

Im Zeitraum von Oktober 1998 bis Juni 1999 wurde kontaminierter Untergrund ausgehoben und entsorgt, wobei im südlichen Bereich nur ein Teil des kontaminierten Untergrundes entfernt wurde. Zur Sicherung der Restkontaminationen wurde eine Dichtwand mit insgesamt 4 durchlässigen Filterfenstern und einem Grundwasserteich als Vorflut errichtet. Durch diese Maßnahmen kommt es zu einer Umlenkung der Grundwasserströmung Richtung Nord, sodass kontaminiertes Grundwasser aus dem Südteil des Altstandorts die Filterfenster durchströmt und gereinigt wird. Der Sanierungserfolg im Nordteil des Standorts wurde durch chemische Analysen an der Sohle der ausgehobenen Bereiche sowie durch nachfolgende Kontrolluntersuchungen des Grundwassers bestätigt. Mittels hydraulischen sowie qualitativen Grundwasseruntersuchungen wurde nachgewiesen, dass vom Südteil des Standorts keine erheblichen Auswirkungen auf das Schutzgut Grundwasser mehr ausgehen.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Mödling,
Brunn am Gebirge,
Brunn am Gebirge,
1741/2, 1741/3, 1741/10, 1741/11, 1741/12
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: Verarbeitung von Teer und Teerprodukten und bituminösen Produkten
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 61.000 m²
Schadstoff(e) Teeröl (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 13.10.1998
Datum der Prioritätenfestlegung: 09.06.1999
Priorität: 2
Datum Ausweisung gesichert: 15.03.2010
Datum Ausweisung dekontaminiert: 15.03.2010
Status Maßnahme: in Betrieb
Art der Maßnahme: Sicherung
Sanierungsverfahren: Räumung (Teilräumung),
Vertikale Dichtelemente (Durchströmte Reinigungswand)
Datum Aktualisierung Altlastenatlas: 15.03.2010

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten

Die Altlast N 28 „Linoleumfabrik Brunn am Gebirge“ befindet sich unmittelbar östlich der Brunner Feldstraße. Nördlich der Altlast verläuft die Autobahn A21, die Fläche der Altlast beträgt ca. 6 ha.

Von 1878 bis 1929 wurde am Altstandort Steinkohleteer aus Gaswerken verarbeitet. Am Altstandort befanden sich u. a. folgende Anlagen: Pechblase, Pechgrube, Teerdestillationsblase und -kessel, Teergruben, Leichtölreinigung, Naphthalinsublimierkammer, -schuppen und -presse, Benzolwäscherei, Waschwassergrube, Ammoniakzisterne, Asphaltrührwerke sowie Ölkeller. Am Altstandort wurden u. a. folgende Produkte erzeugt: Fette, Benzol, Naphthalin, verschiedene Öle, Pech, Straßenbauteer, Dachpappe und Asphalt.

Von 1929 bis 1968 wurde am Altstandort Linoleum erzeugt wobei bestehende Gebäude der Teerverarbeitung adaptiert wurden. Das Betriebsgelände der ehemaligen Teerverarbeitung wurde im Norden um ca. 18.000 m² erweitert.

Ab 1968 wurde der Standort der „Linoleumfabrik Brunn am Gebirge“ als Reifenlager genutzt. Im Jahr 1975 erfolgte der Abbruch der Betriebsanlagen.

Untergrundverhältnisse

Die Altlast N 28 befindet sich am Westrand des Wiener Beckens. Der Untergrund im Bereich des Altstandortes wird im Wesentlichen wie folgt aufgebaut:

  • teilweise Anschüttungen bestehend aus Bauschutt, Aushubmaterial, Teer, Teerpappe, Aschen, Schlacken, Kalk, Linoleum (bis zu ca. 3 m mächtig)
  • quartäre schluffige Kiese und Sande (ca. 1,5 bis 5 m mächtig)
  • ab ca. 3 bis 6,5 m unter Gelände tertiäre Schluffe und Tone mit Zwischenschichten bestehend aus Sand, Kies bzw. Konglomerat

Im östlichen Teil des Altstandortes weist die Oberfläche der tertiären Sedimente eine N-S verlaufende Rinne auf. Östlich dieser Rinne sind die quartären Kiese sehr geringmächtig bzw. nicht mehr vorhanden.

Die quartären Sedimente bilden den ersten Grundwasserleiter. Die Durchlässigkeit (kf-Wert) des ersten Grundwasserleiters beträgt ca. 10-3 bis 10-5 m/s, der Flurabstand des Grundwassers liegt bei rund 2 bis 4 m unter Gelände. Das Grundwasserspiegelgefälle im unbeeinflussten Zustand (vor Ausführung der Sicherungsmaßnahmen) betrug im zentralen Bereich der Altlast ca. 1 bis 2 %. Die tertiären Schluffe und Tone bilden den ersten Grundwasserstauer. Die hydraulische Grundwasserfracht kann mit rund 0,2 bis 1,5 m³/m,d abgeschätzt werden.

Die lokale Grundwasserströmung war vor Ausführung der Sicherungsmaßnahmen im westlichen und zentralen Bereich der Altlast nach Ostsüdost bis Ost gerichtet und schwenkte dann aufgrund der teritiären Hochlage unmittelbar östlich der Altlast auf Ostsüdost bis Südost um.

Die grobkörnigen tertiären Zwischenschichten bilden den 2. Grundwasserleiter. Das Grundwasser der grobkörnigen Zwischenlagen innerhalb der tertiären Sedimente ist teilweise gespannt.

Schutzgüter und Nutzungen

Der Altstandort wird teilweise als Grün- und Parkfläche sowie zum Teil als Parkplatz genutzt, ein Teil liegt noch brach und soll zukünftig gewerblich genutzt werden. Die unmittelbare Umgebung des Altstandortes wird großteils gewerblich genutzt, zum Teil bestehen auch Wohnhäuser.

Im unmittelbaren Grundwasserabstrom der Altlast existieren im Bereich der Industrie- und Gewerbegebiete mehrere Brunnen zur Wasserhaltung bei Grundwasserhochständen sowie Hausbrunnen, welche den ersten Grundwasserleiter erschließen

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Im Bereich der Altlast wurden von 1878 bis 1929 aus Steinkohlenteer von der Gaserzeugung verschiedene Kohlenwasserstoffprodukte wie z. B. Öle, Fette, Naphthalin, Benzol etc. gewonnen. Typische Schadstoffe für Gaswerksteer sind polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Phenole und leichtflüchtige aromatische Kohlenwasserstoffe. Ab 1929 bis 1968 wurde auf der Altlast Linoleum erzeugt. Die Fläche der Altlast betrug ca. 6 ha.

In den Jahren 1997 und 1998 wurde der Untergrund der Altlast durch insgesamt 56 Schürfe und 10 Bohrungen erkundet. Die Untergrundaufschlüsse zeigten, dass am Großteil der ehemaligen Linoleumfabrik künstliche Anschüttungen bis zu ca. 3 m Mächtigkeit vorlagen.

 

Tabelle 1: Zuordnung von Proben (Gesamtgehalt und Eluat) in Belastungsklassen

 

Gesamtgehalt Anzahl der Proben gering belastet (< PW) Anzahl der Proben belastet (> PW, <MSW) Anzahl der Proben stark belastet (> MSW)
Summe KW 6 5 21
Summe PAK 4 20 27
Eluat      
Summe KW 17 - 0
Summe PAK 23 0 0
Phenole 10 1 3
BTX 8 0 2
CSB 15 3 3

PW = Prüfwert*           MSW = Maßnahmenschwellenwert*

*…ÖNORM S 2088-1 vom 1.10.1997

 

Aus den Untergrundaufschlüssen wurden insgesamt 81 Feststoffproben entnommen und ausgewählte Proben analysiert. In der angeführten Tabelle wird für jeden Parameter die Anzahl der Proben, welche als gering belastet, belastet bzw. stark belastet einzustufen waren, angegeben.

Der Großteil der entnommenen Proben war mit Mineralölkohlenwasserstoffen und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen belastet. Die maximal festgestellten Analysenwerte betrugen für Mineralölkohlenwasserstoffe (als Summe KW) über 250 g/kg TM und für den Parameter Summe PAK (6 Einzelsubstanzen nach DIN) über 8.000 mg/kg TM.

Ein Überblick zur räumlichen Verteilung der festgestellten Belastungen im Bereich des Altstandortes ist in den nebenstehenden Abbildungen enthalten. Aus diesen ist ersichtlich, dass Kohlenwasserstoff- und PAK-Kontaminationen vor allem im zentralen und südöstlichen Teil des Altstandortes aufgetreten sind. Erhöhte bzw. stark erhöhte PAK-Gehalte wurden jedoch auch in Proben vom nordöstlichen Teil des Altstandortes nachgewiesen.

Die durchgeführten Eluatuntersuchungen zeigten, dass bei den Parametern Phenole, aromatische Kohlenwasserstoffe (BTEX) und CSB einige Proben als belastet bzw. stark belastet einzustufen waren.

Die Gesamtgehalts- und Eluatuntersuchungen von Feststoffproben zeigten, dass die festgestellten Untergrundkontaminationen eine erhebliche Gefährdung für das Grundwasser darstellten.

Im Jahr 1998 wurden an insgesamt sechs Terminen Grundwasserproben aus unterschiedlichen Messstellen am Altstandort und dessen Umgebung entnommen und analysiert. Zur Beurteilung der Grundwasseranalysen erfolgte ein Vergleich der Analysenergebnisse von Proben aus Messstellen des zentralen bzw. östlichen Teiles des Altstandortes und aus Brunnen im Grundwasserabstrom mit Hintergrundwerten. Als Hintergrundwerte wurden die Analysenergebnisse von Proben aus dem Grundwasseranstrom (Messstelle B1 und Brunnen Hummelberger) herangezogen. Der Vergleich der Analysenergebnisse zeigte, dass bei den Messstellen B7, B9805, B9808 und Möbellager die Analysenwerte der Parameter Summe KW, Phenole, BTEX sowie Summe PAK und bei der Grundwassersonde B9806 die Analysenwerte für den Parameter Summe PAK signifikant erhöht waren. Beim Parameter Summe LHKW waren die Analysenwerte von Proben aus den Messstellen B7, B9805, B9806 und Möbellager im Vergleich zu den Hintergrundwerten ebenfalls signifikant erhöht. Bei den Messstellen B7, B9805, B9806, B9808 und Möbellager waren die betreffenden Maßnahmenschwellenwerte der ÖNORM S 2088‑1 (Ausgabe 01.10.1997) deutlich überschritten.

Die höchsten Belastungen des Grundwassers wurden bei allen o. a. Parametern ausgenommen Summe LHKW bei der Grundwassersonde B9805 festgestellt. Bei dieser Messstelle wurden die Orientierungswerte für die Parameter Summe KW und PAK (0,2 µg/l) um ein Vielfaches überschritten. Die höchsten Belastungen durch LHKW waren bei der Grundwassermessstelle B9806 festzustellen.

Ein Überblick zur räumlichen Verteilung der festgestellten Belastungen des Grundwassers für die Parameter Summe Kohlenwasserstoffe und Summe PAK im Bereich des Altstandortes sind in den beiden vorigen Abbildungen enthalten. Diese Abbildungen zeigen, dass auch im unmittelbaren Abstrom (Brunnen Möbellager) eine massive Kontamination des Grundwassers vorlag.

Bei zwei im Grundwasserabstrom der Altlast gelegenen Messstellen (Brunnen Weinegger und Mozgva, ca. 80 bzw. 140 m von Altlast entfernt) konnten keine Verunreinigungen des Grundwassers mehr festgestellt werden.

Zusammenfassend zeigten die Untersuchungsergebnisse, dass am Altstandort „Linoleumfabrik Brunn am Gebirge“ der Untergrund an mehreren Stellen mit Mineralölkohlenwasserstoffen und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen stark verunreinigt war. Die Untergrundverunreinigungen verursachten eine Grundwasserbeeinträchtigung, die auch im Grundwasserabstrom nachgewiesen wurde.

 

SANIERUNGS- UND SICHERUNGSMAßNAHMEN

Im Zeitraum von Oktober 1998 bis Oktober 1999 wurden folgende Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen durchgeführt:

  • Aushub und Entsorgung des kontaminierten Untergrundes in der wasserungesättigten Zone

  • Wiederverfüllung der ausgehobenen Teile des Areals zur Geländeregulierung

  • Errichtung einer Dichtwand mit integrierten Filterelementen (funnel & gate System)

Beurteilung des Sanierungs- und Sicherungserfolges

- Nördlicher Bereich

Durch die Aushubmaßnahmen wurden verunreinigte Untergrundbereiche im nördlichen Teilbereich der Altlast weitestgehend entfernt, eventuell verbliebene Restbelastungen sind maximal kleinräumig vorhanden. Im Grundwasser ist noch eine geringfügige Beeinflussung durch die ehemaligen Kontaminationen nachweisbar, die Grundwasserqualität zeigt jedoch leicht steigende Tendenz. Auf Grund der geringen Schadstofffrachten und der hydrogeologischen Gegebenheiten am Standort sind keine erheblichen Auswirkungen auf das Schutzgut Grundwasser vorhanden und auch zukünftig nicht zu erwarten.

Zusammenfassend ergibt sich, dass im nördlichen Teil des Standorts keine erheblichen Gefahren für das Schutzgut Grundwasser mehr vorhanden sind und der nördliche Teil der Altlast als saniert zu bewerten ist.

- Südlicher Bereich

Durch die Sicherungsmaßnahmen strömt das Grundwasser aus den kontaminierten Bereichen des südlichen Teilbereichs der Altlast in Richtung der Dichtwand und wird in den aktivkohlebefüllten Filterfenstern gereinigt. Im unmittelbaren südlichen Abstrom der Altlast, der nicht im Einzugsbereich der Sicherungsmaßnahmen liegt, ist das Grundwasser noch mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen kontaminiert. Bisher wurde nur ein geringfügiger Rückgang der Schadstoffkonzentrationen in diesem Bereich festgestellt. Aufgrund der hydrogeologischen Randbedingungen (langsame Fließgeschwindigkeit, inhomogener Aquifer mit geringer durchlässigen Zwischenschichten) und der Schadstoffeigenschaften der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen ist erst mittel- bis langfristig mit einem weiteren signifikanten Rückgang der Belastungen im südlichen Grundwasserabstrom zu rechnen.

Die in den Norden in Richtung Dichtwand abströmende Schadstofffracht an Naphtalin betrug in den Jahren 2006/2007 rund 6,6 kg/a, im südlichen (von den Sicherungseinrichtungen nicht erfassten) Grundwasserabstrom betrug in diesem Zeitraum die durchschnittliche Schadstofffracht rund 0,31 kg/a. Dieser vereinfachte Vergleich zeigt, dass rund 95 % der Schadstofffracht durch die Sicherungsmaßnahmen erfasst und gereinigt werden.

Zusammenfassend ergibt sich, dass durch die Sicherungsmaßnahmen mehr als 90 % der Schadstofffracht im Grundwasser an einer weiteren Ausbreitung gehindert werden. Im südlichen (von den Sicherungseinrichtungen nicht erfassten) Abstrom des Standortes ist noch eine lokale Beeinträchtigung des Grundwassers gegeben, mittel- bis langfristig ist aufgrund der geringen Schadstoffnachlieferung eine Verbesserung der Grundwasserqualität zu erwarten. Entsprechend den hydrogeologischen Randbedingungen ist keine erhebliche Auswirkung auf das Schutzgut Grundwasser vorhanden und bei Weiterbetrieb der Sicherungsmaßnahmen auch zukünftig nicht zu erwarten. Der südliche Teil des Altstandortes „Linoleumfabrik Brunn am Gebirge“ ist daher als gesichert zu bewerten.

 

Datum der Texterstellung: November 2009