Gemäß den Ergebnissen der durchgeführten Bodenluft-, Feststoff- und Grundwasseruntersuchungen ist im Bereich des Altstandortes eine Untergrundverunreinigung durch CKW bzw. Tetrachlorethen vorhanden. Es ist von einem kleinräumigen Schadensherd mit lokal sehr hohem CKW-Gehalt in der ungesättigten Zone auszugehen, der zumindest bis in den Grundwasserschwankungsbereich reicht. Ausgehend vom Schadensherd hat sich eine CKW- bzw. Tetrachlorethen-Fahne ausgebildet, deren Länge mit 50-100 m abgeschätzt wird. Die Emissionen aus dem Bereich der Untergrundverunreinigung sind als erheblich zu beurteilen. Entsprechend den Kriterien für die Prioritätenklassifizierung ergibt sich für den erheblich verunreinigten Bereich des Altstandortes die Priorität 3.
Bezirk:
Gemeinde: Katastralgemeinde: Grundstücksnummern: |
Hollabrunn,
Hollabrunn, Hollabrunn, .68 |
Lage der Altlast : | Altlast im GIS anzeigen |
Art der Fläche: | Altstandort |
Branche: | chemische Reinigung |
Ergebnis Beurteilung: | erhebliche Kontamination |
Fläche Altlast (m²): | 310 m² |
Schadstoff(e) | Organische Lösungsmittel (leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe)
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Datum Eintrag Altlastenatlas: | 15.09.2024 |
Datum der Prioritätenfestlegung: | 15.09.2024 |
Priorität: | 3 |
BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE
Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten
Der Altstandort „Chemische Reinigung Schöberl“ befindet sich in zentraler Lage im Stadtgebiet von Hollabrunn etwa 350 m nördlich des Hauptplatzes und umfasst eine Fläche von rd. 800 m².
Seit dem Jahr 1954 wird am Standort eine Wäscherei und Büglerei betrieben, wobei die Betriebsanlagen zunächst im Keller des Wohnhauses untergebracht waren. Im Jahr 1962 erfolgte eine Erweiterung der Wäscherei durch einen Zubau in westlicher Richtung. Die Wäschereimaschinen befanden sich sowohl im Erdgeschoß (EG) als auch im Untergeschoß (UG). Anfang der 1970er wurde der Gebäudebestand zur Unterbringung einer chemischen Reinigung nach Süden ohne Unterkellerung erweitert.
Die chemische Reinigung wird seit 1973 betrieben, wobei seit jeher Tetrachlorethen (PER) zur chemischen Textilreinigung eingesetzt wird. Zunächst wurde eine Reinigungsmaschine mit nachgeschaltetem Aktivkohlefilter betrieben, wobei die gereinigte Abluft über Dach ausgeleitet wurde. Etwa im Jahr 1985 wurde eine Chemisch-Reinigungsmaschine installiert, die mit Tieftemperaturkühlung ausgestattet war („geschlossenes System“, Kältemittel R12). Die Anlagen der chemischen Reinigung waren vermutlich von Beginn an im nicht unterkellerten Gebäudeteil aufgestellt.
Die Lagerung von PER und PER-haltigen Abfällen (z.B. Destillationsschlämme, Textilfasern) erfolgte in Fässern an verschiedenen Orten innerhalb des Gebäudebestands.
Die betrieblichen Abwässer der Wäscherei wurden nach Passage eines Seifenabscheiders in den öffentlichen Kanal eingeleitet. Die Abwässer der chemischen Reinigung (Kühlwasser, Kontaktwasser) wurden vermutlich bis in die 1980er Jahre, entsprechend der damals üblichen Praxis ungereinigt, ebenfalls in die öffentliche Kanalisation eingeleitet. Gemäß dem Ergebnis einer Betriebsüberprüfung wurde das Kontaktwasser im Jahr 1989 in Fässern gesammelt. Ab 1992 wurde eine Kontaktwasseraufbereitungsanlage betrieben. Der Kanalverlauf innerhalb des Gebäudebestands ist nicht genau bekannt.
Die Energieversorgung erfolgte mit elektrischem Strom, Propangas und ab 1956 mit Heizöl. In einem Keller südlich des Wohnhauses befand sich ein Heizöltank (Volumen unbekannt) in einem Öllagerraum. Im Jahr 1970 wurde das Öllager um einen Tank für 22.500 Liter Heizöl erweitert. Im Jahr 1981 erfolgte die Umstellung von Heizöl auf Erdgas.
Im Jahr 1982 erfolgte ein Zubau im Süden (Lager- und Sozialräume im UG, Arbeitshalle im EG, Wohnräume im OG), im Jahr 2010 ein Neubau im Südosten (Wäschereimaschinen und Hubtisch im EG) sowie 1991 und 1995 eine Betriebserweiterung nach Norden (Erweiterung der Wäscherei im EG, Technikräume im UG).
Hinweise auf die Verwendung von Textilimprägnierungsmitteln liegen erst ab dem Jahr 1992 vor (Installation eines Sprühgeräts mit Auffangwanne).
Die historische Nutzung des Standorts und die Lage der relevanten Betriebsanlagen ist in nebenstehender Abbildung ersichtlich. Das umliegende Gelände fällt in nördlicher Richtung ab.
Untergrundverhältnisse
Das Gelände im Bereich des Altstandortes fällt zwischen der Hoysgasse im Süden und der Mühlgasse im Norden von etwa 234 m ü. A. auf etwa 231 m ü. A. (Gefälle rd. 5,5 %). Nach Südosten steigt das Gelände zum Geißberg an. Der Altstandort ist vollständig bebaut bzw. versiegelt.
Der Standort befindet sich in der Molassezone im Bereich quartärer Ablagerungen von Löss, Lehm oder Sand über neogenen Sedimenten oder kristallinen Gesteinen. Unter der Oberflächenbefestigung sind lokal Anschüttungen aus tonigem Feinsand bis grobsandigem Feinkies mit Bauschuttanteilen anzutreffen. Unter der Anschüttung folgt der natürliche Untergrund als Wechsellagerung von fein- bis grobkiesigen Mittel- und Grobsanden und tonigen Feinsanden. Vereinzelt sind geringmächtige Ton- oder Schluffschichten von 0,3-0,6 m Mächtigkeit eingeschaltet. In ca. 9 m Tiefe steht der Grundwasserstauer an (Ton).
Die grobkörnigen Sedimente stellen den Porengrundwasserleiter dar. Der Grundwasserspiegel wird in Tiefen von 2 m unter GOK (nördlich des Standorts) bis 6 m unter GOK (südlich des Standorts) angetroffen. Das Grundwasser strömt mit einem mittleren Gefälle von schätzungsweise 0,5 % in nordwestliche bis nördliche Richtung ab. Im weiteren Abstrom ist eine Verringerung des Gefälles und eine Drehung der Strömungsrichtung nach Westen und anschließend nach Süden in den Grundwasserbegleitstrom des Göllersbaches anzunehmen.
Die hydraulische Durchlässigkeit (kf-Wert) der grundwasserführenden Schichten wird in der Größenordnung von 1·10-3 m/s abgeschätzt. Bei einer mittleren Mächtigkeit der wassergesättigten Zone von 4 m ist der spezifische Grundwasserdurchfluss als mäßig einzuschätzen.
Das Niederschlagswasser (Dachwässer) wird von den Gebäudeflächen in die Ortskanalisation abgeleitet. Die Sickerwassermenge bzw. Grundwasserneubildungsrate sind aufgrund der Standortverhältnisse und der regionalen meteorologischen Verhältnisse als gering einzuschätzen.
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Schutzgüter und Nutzungen
Der Altstandort wird weiterhin gewerblich als Standort eines Textilreinigungsbetriebes genutzt. In den Obergeschoßen befinden sich Wohnräume. Umliegend befinden sich entsprechend der innerstädtischen Lage Verwaltungsgebäude, Wohn- und Geschäftshäuser sowie Gärten und Verkehrsflächen.
Der Standort liegt im Grundwasserkörper „Weinviertel“ (GK 100095) und befindet sich in keinem Grundwasserschutz- oder Grundwasserschongebiet.
Im südlichen Bereich des Altstandorts befindet sich der Nutzwasserbrunnen des Textilreinigungsbetriebes. Die wasserrechtliche Konsensmenge beträgt max. 32 m³ pro Tag. Die Wässer werden in die öffentliche Kanalisation eingeleitet.
Etwa 100 m nordöstlich befindet sich ein weiterer Nutzwasserbrunnen. Etwa 200 m nordöstlich erstreckt sich das Schutzgebiet der städtischen Trinkwasserversorgung („WVA Hollabrunn, Brunnenfeld 2“). Weitere Brunnen zur Nutzwasser- oder Trinkwasserversorgung befinden sich in größeren Entfernungen von 400-500 m.
Etwa 500 m westlich fließt der Göllersbach in südliche Richtung. Der Altstandort befindet sich außerhalb von Hochwasserabflussbereichen.
GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG
Auf dem Altstandort „Chemische Reinigung Schöberl“, der eine Fläche von rd. 800 m² aufweist und vollständig bebaut bzw. versiegelt ist, wird seit 1954 eine Wäscherei und Büglerei sowie seit 1973 eine chemische Reinigung betrieben. In der chemischen Reinigung kommt seit jeher Tetrachlorethen als Textilreinigungsmittel zum Einsatz. Die Abwässer der chemischen Reinigung (Kühlwasser, Kontaktwasser) wurden vermutlich bis in die 1980er Jahre ohne Vorbehandlung in die Kanalisation eingeleitet. Zur Energieversorgung wurde im Zeitraum von 1956 bis 1981 Heizöl gelagert. Die Heizöltanks waren in Kellerräumen aufgestellt.
Die Ergebnisse von Bodenluftuntersuchungen an einer stationären Messstelle im Aufstellungsraum der Chemisch-Reinigungsmaschinen zeigen erhöhte Gehalte an leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW) bzw. Tetrachlorethen, die den Prüfwert der ÖNORM S 2088-1 für Tetrachlorethen von 2 mg/m³ bis zum etwa 7-fachen überschreiten. Die aktuell erhöhten Messergebnisse bestätigen die früheren Befunde aus dem Zeitraum 2004-2016. Knapp außerhalb des Altstandortes sind an mehreren temporären Bodenluftmessstellen und an einer stationären Messstelle CKW weder in der Bodenluft noch in stichprobenartig untersuchten Feststoffproben nachweisbar. Es ist von einem kleinräumigen Schadensherd mit lokal sehr hohem CKW-Gehalt in der ungesättigten Zone unter dem Gebäude im Bereich der ab 1962 und 1973 betriebenen Anlagen der Wäscherei und chemischen Reinigung auszugehen. Der Schadensherd reicht zumindest bis in den Grundwasserschwankungsbereich.
Der natürliche Untergrund weist eine überwiegend grobkörnige Zusammensetzung mit geringem Gehalt an organischer Substanz auf. Aufgrund der Wechsellagerung mit feinkörnigen Sedimenten ist das Schadstoffrückhaltevermögen als mäßig einzuschätzen. Dementsprechend sind im Grundwasser im unmittelbaren Abstrom des Altstandorts bzw. Schadensherdes hohe CKW-Konzentrationen bis zum 60-fachen des Prüfwerts für Tetrachlorethen festzustellen. Ausgehend vom Schadensherd hat sich, der Grundwasserfließrichtung folgend, in nordwestlicher bis nördlicher Richtung eine CKW- bzw. Tetrachlorethen-Fahne ausgebildet (siehe Abbildung 9), deren Länge mit 50-100 m abgeschätzt wird. Ein mikrobieller Abbau von Tetrachlor-ethen zu Trichlorethen, cis-Dichlorethen und Vinylchlorid findet unter den vorherrschenden schwach oxidierenden Milieu-Bedingungen nur in sehr geringem Ausmaß statt. Die vom Altstandort unter natürlichen Fließbedingungen abströmende Tetrachlorethen-Fracht wird aufgrund der Grundwasseruntersuchungen an mehreren Terminen und der Pumpversuche im Bereich von 5 Gramm pro Tag abgeschätzt und ist als erheblich zu beurteilen. Eine Gefährdung von bestehenden Grundwassernutzungen zur Nutzwasser- und Trinkwasserversorgung im weiteren Abstrom ist nicht gegeben.
Relevante CKW-Vorbelastungen im Anstrom zum Altstandort sind aufgrund der durchgeführten Grundwasseruntersuchungen nicht festzustellen. Hinweise auf Verunreinigungen durch Mineralölprodukte (Heizöl) am Altstandort liegen nicht vor. Geringe Verunreinigungen des Untergrunds durch ein ab ca. 1985 verwendetes Kältemittel (R12; Dichlordifluormethan) deuten auf zumindest zeitweise aufgetretene Undichtigkeiten im Kühlsystem einer Chemisch-Reinigungsmaschine hin. Es ist davon auszugehen, dass die Undichtigkeit erst nach 1989 aufgetreten ist. Im Grundwasser ist das Kältemittel nicht nachweisbar.
Die im Bereich des Altstandortes im Grundwasser festgestellten Prüfwertüberschreitungen durch Magnesium, Natrium, Kalium, Nitrat und Chlorid sind nicht auf den Altstandort, sondern auf geogene oder anthropogene Einflüsse zurückzuführen (z.B. Düngemittel, Straßensalz).
Zusammenfassend ist festzustellen, dass im Bereich des Altstandortes „Chemische Reinigung Schöberl“ eine Untergrundverunreinigung durch CKW bzw. Tetrachlorethen vorhanden ist. Es ist von einem kleinräumigen Schadensherd mit lokal sehr hohem CKW-Gehalt in der ungesättigten Zone auszugehen, der zumindest bis in den Grundwasserschwankungsbereich reicht. Ausgehend vom Schadensherd hat sich eine CKW- bzw. Tetrachlorethen-Fahne ausgebildet, deren Länge mit 50-100 m abgeschätzt wird. Die Emissionen aus dem Bereich der Untergrundverunreinigung sind als erheblich zu beurteilen.
PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG
Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:
Schadstoffpotenzial: groß
Aufgrund der Untersuchungsergebnisse und der Grundwasserbelastung durch CKW bzw. vorwiegend Tetrachlorethen ist im Bereich des Altstandortes von einer kleinräumigen Untergrundverunreinigung mit hoher Quellstärke auszugehen. Das Volumen des erheblich verunreinigten Untergrundbereiches kann mit <1.000 m³ abgeschätzt werden und ist als klein einzustufen. CKW zeigen generell eine hohe Mobilität, und das im Untergrund vorhandene Tetrachlorethen ist als sehr schädlich einzustufen.
Schadstoffausbreitung: begrenzt
Ausgehend vom Schadensherd findet ein Schadstofftransport im Porengrundwasser statt. Die mit dem Grundwasser transportierten Schadstofffrachten sind als erheblich zu beurteilen. Die Länge der Schadstofffahne wird mit 50 m bis 100 m abgeschätzt. Aufgrund des vermutlich mehrere Jahrzehnte zurückliegenden CKW-Eintrags in den Untergrund ist unter gleichbleibenden Standort- und Nutzungsbedingungen keine weitere Ausdehnung der Schadstofffahne zu erwarten. Langfristig ist von einem Rückgang der Fahnenlänge auszugehen.
Schutzgut: nutzbar
Der Altstandort befindet sich in keinem wasserwirtschaftlich besonders geschützten Gebiet. Am Standort und im Umfeld des Altstandortes bestehen einzelne Brunnen zur Nutzwasser- und Trinkwasserversorgung. Ein Brunnenfeld der städtischen Trinkwasserversorgung befindet sich etwa 200 m nordöstlich und ist von den Grundwasserverunreinigungen nicht betroffen. Das Grundwasserdargebot ist als mäßig zu beurteilen und weist eine geringe anthropogene Vorbelastung auf. Aufgrund der bestehenden zentralen Trinkwasserversorgung der Stadt ist nicht von einem hohen Nutzungsinteresse des von Verunreinigungen betroffenen Grundwasservorkommens auszugehen.
Vorschlag Prioritätenklasse: 3
Entsprechend der Beurteilung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien ergibt sich für den Altstandort die Prioritätenklasse 3.
Datum der Texterstellung: Oktober 2023