Altlast ST18: Putzerei Scherf

Bei dem Altstandort „Putzerei Scherf“ handelt es sich um eine ehemalige Putzerei, die im Zeitraum von 1971 bis 1997 betrieben wurde. Durch die Verwendung von Tetrachlorethen als Reinigungsmittel kam es im Bereich der Reinigungsanlage und im Lagerbereich zu einer Verunreinigung des wasserungesättigten Untergrundes und einem Schadstoffeintrag in das Grundwasser.

Es ist auch weiterhin mit einem Schadstoffeintrag ins Grundwasser zu rechnen. Der Altstandort „Putzerei Scherf“ stellt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar. Es wird eine Einstufung in die Prioritätenklasse 3 vorgeschlagen.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Graz-Umgebung,
Frohnleiten,
Frohnleiten,
.46
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: chemische Reinigung
Fläche Altlast (m²): 300 m²
Schadstoff(e) Organische Lösungsmittel (leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 13.02.1998
Datum der Prioritätenfestlegung: 01.01.2012
Priorität: 3
Datum Aktualisierung Altlastenatlas: 10.03.1998

BETRIEBLICHE ANLAGEN UND TÄTIGKEITEN

Altstandort

Der Altstandort „Putzerei Scherf“ befindet sich im Zentrum der Stadt Frohnleiten, unmittelbar am Hauptplatz. Der Ortskern von Frohnleiten liegt am westlichen Ufer der Mur, die in diesem Bereich eine weitläufige Schlinge beschreibt. Im Zeitraum von 1971 bis 1997 wurde eine chemische Reinigung betrieben. Die Betriebsräume der Putzerei umfassten eine Fläche von etwa 90 m². Die Gesamtfläche des Grundstückes beträgt 301 m².

Im Bereich der Putzerei Scherf war eine Reinigungsmaschine in Betrieb, die bis 1993 im nördlichen Teil des Altstandortes situiert war. 1993 wurde die Reinigungsmaschine in den südlichen, hofseitigen Teil des Altstandortes verlegt. In diesem Bereich wurde auch das Reinigungsmittel Tetrachlorethen sowie kontaminierte Abfälle (Filterschlamm, Kontaktwasser) gelagert. Es war kein befestigter Boden vorhanden und die Lagerung erfolgte ohne Witterungsschutz und dichtem Verschluss.

Weiters kann davon ausgegangen werden, dass auch der Fußboden im Bereich der Reinigungsmaschine nicht flüssigkeitsdicht war. In einem Bericht wird auf die fehlende Kontaktwasseraufbereitung, ausgetretenes Kontaktwasser, das Fehlen eines Lösungsmittelabscheiders sowie die fehlenden Mengenaufzeichnungen über das anfallende Kontaktwasser hingewiesen.

Im hofseitigen, östlichen Bereich des Grundstückes, ca. 25 m von der Häuserfront entfernt, fällt das Gelände steil zur Mur hin ab. Die Höhendifferenz vom Hauptplatz bis zum Niveau der Mur beträgt etwa 15 m.

Untergrundverhältnisse

Der Altstandort „Putzerei Scherf“ befindet sich im Bereich einer würmeiszeitlichen Terrasse auf 434 m ü.A. Der Untergrund besteht aus bis zu 3,3 m mächtigen Anschüttungen. Darunter folgen bis ca. 20 m Kiese unterschiedlicher Korngröße, in die bis zu 0,5 m mächtige Steine und Blockwerk eingeschaltet sind. Diese Sedimente stellen den Grundwasserleiter dar und werden von Konglomeraten unterlagert.

Der Grundwasserspiegel wurde im Zuge der Grundwasseruntersuchungen im Bereich des Altstandortes durchschnittlich auf etwa 418 m ü.A. angetroffen. Der Flurabstand beträgt im Bereich des Altstandortes etwa 16 m. Die Grundwasserströmung ist Richtung Südwesten, zur Mur, gerichtet. Während der Grundwasseruntersuchungen wurden Grundwasserspiegelschwankungen von etwa 0,2 m festgestellt. Die Mächtigkeit des Grundwassers kann im Bereich des Altstandortes mit 4,5 m angeführt werden. Das Grundwasserspiegelgefälle beträgt etwa 0,4 %. Die Durchlässigkeit des Grundwasserleiters kann mit 10-3 m/s abgeschätzt werden. Der spezifische Grundwasserdurchfluss beträgt etwa 1,5 m³/d (0,02 l/s) und ist als gering zu bewerten. Über die gesamte Abstrombreite des Grundstückes von 30 m kann der Durchfluss mit etwa 50 m³/d (0,5 l/s) abgeschätzt werden. Über die Abstrombreite, wo mit Schadstoffen umgegangen wurde (15 m) kann der Durchfluss mit etwa 20 m³/d bis 25 m³/d bzw. 0,3 l/s abgeschätzt werden.

Im Bereich des Altstandortes sind die natürlichen Grundwasserströmungsverhältnisse durch grundwasserstabilisierende Maßnahmen im Zuge der Errichtung des Kraftwerkes Rabenstein beeinflusst. Der Abstrombereich des Altstandortes liegt im Stauraum des Kraftwerkes Rabenstein. Das Stauziel beträgt 418,95 m ü.A. Murabwärts der Ortsbrücke Frohnleiten (im Bereich des Brunnens Br. 4) ist der Stauraum beidseitig durch eine abschnittsweise bewehrte Schlitzwand abgedichtet.

Schutzgüter und Nutzungen

Heute wird der Altstandort als Übernahmestelle von Kleidungsstücken zur Weiterleitung an andere Putzereien genutzt. An den Altstandort schließen entlang des Hauptplatzes weitere Gebäude an. Nördlich des Altstandortes liegt der Hauptplatz von Frohnleiten. Unter dem Hauptplatz wurde eine Tiefgarage errichtet.

Der Altstandort liegt im Bereich des Grundwasserkörpers „Murdurchbruchstal“. Zwischen Bruck an der Mur und Graz fließt die Mur großteils in einem engen Kerbtal mit schmaler Sohle. Zunächst quert sie den Zug des kristallinen Steirischen Randgebirges und ab Mixnitz das Grazer Bergland (Grazer Paläozoikum). Der Talboden erreicht nur selten mehr als 1 km Breite. Dieser N-S-verlaufende Talabschnitt umfasst eine Gesamtfläche von 43 km².

Im Bereich des Altstandortes befinden sich keine Brunnen, die zur Trinkwasserversorgung verwendet werden und keine wasserrechtlich genehmigten Grundwassernutzungen. Am Hauptplatz gibt es 3 Brunnen (Br. 1, Br. 2, Br. 3), im Bereich der Ortsbrücke Frohnleiten einen Brunnen (Br. 4). Diese werden nicht genutzt. Die Brunnen im Bereich des Hauptplatzes sind mehrere Jahrhunderte alt. Östlich des Altstandortes fließt die Mur.

 

UNTERSUCHUNGEN

Im Bereich des Altstandortes wurden im Zeitraum von März 2001 bis Jänner 2009 folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • orientierende Bodenluftuntersuchungen an 20 Messpunkten in 2 Tiefenstufen sowie Probe-nahme aus 2 bereits bestehenden stationären Bodenluftmessstellen (1 Tiefenstufe) im März 2001
  • orientierende Bodenluftuntersuchungen an 26 Messpunkten in 2 Tiefenstufen sowie Probe-nahme aus 2 bereits bestehenden stationären Bodenluftmessstellen im Juni 2004
  • Errichtung von 4 stationären Bodenluftmessstellen sowie Untersuchung von Bodenluftproben aus den neu errichteten stationären Bodenluftmessstellen und 2 bestehenden Bodenluftmessstellen an 2 Terminen
  • Bodenluftabsaugversuche an den 4 neu errichteten stationären Bodenluftmessstellen und 2 bestehenden Bodenluftmessstellen an 1 Termin
  • Errichtung einer Grundwassermessstelle sowie Untersuchung von Grundwasserproben aus der neu errichteten Grundwassermessstelle und bestehenden Brunnen an 4 Terminen
  • Pumpversuch an der neu errichteten Grundwassermessstelle und an 2 Brunnen an 1 Termin

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Am Altstandort „Putzerei Scherf“ wurde im Zeitraum von 1971 bis 1997 eine chemische Reinigung betrieben. Als Reinigungsmittel wurde Tetrachlorethen eingesetzt.

Bei den orientierenden Bodenluftuntersuchungen im Jahr 2001 in 2 m und 5 m Tiefe zeigte sich, dass der ungesättigte Untergrund vor allem in 5 m Tiefe lokal massiv durch Tetrachlorethen belastet ist. An einem Teil der massiv belasteten Bodenluftmessstellen wurden auch in 2 m Tiefe deutliche Tetrachlorethenverunreinigungen festgestellt. Die stärksten Belastungen wurden im Bereich der ehemaligen Reinigungsmaschine bzw. des Lagerbereiches und entlang des Kanals gemessen. Bei weiteren orientierenden Bodenluftuntersuchungen im Jahr 2004 konnten die Ergebnisse aus dem Jahr 2001 nicht bestätigt werden. Zur Abklärung der Tetrachlorethenbelastungen im ungesättigten Untergrund wurden am Altstandort eine stationäre Bodenluftmessstelle und westlich außerhalb des Altstandortes 2 stationäre Bodenluftmessstellen hergestellt.

Ein Absaugversuch an der stationären Bodenluftmessstelle am Altstandort bestätigt, dass der Untergrund durch Tetrachlorethen stark verunreinigt ist, wobei die Tetrachlorethen-konzentrationen während des Absaugversuches deutlich abgenommen haben. In den Bodenluftmessstellen westlich außerhalb des Altstandortes konnten zwar zeitweise auch erhöhte Tetrachlorethenkonzentrationen nachgewiesen werden. Die Belastungen liegen aber deutlich unter denen am Altstandort und den Tetrachlorethenkonzentrationen, die im Jahr 2001 im Zuge der orientierenden Bodenluftuntersuchungen gemessen wurden. Die Ergebnisse der Absaugversuche werden durch 2 weitere Probenahmedurchgänge bestätigt. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass im Bereich des Altstandortes Reinigungsmittel in den Untergrund gelangt ist. Weiters ergeben sich Hinweise, dass eine Ausbreitung der Schadstoffe über die Kanalisation in Bereiche westlich des Altstandortes erfolgt ist. Insgesamt ergeben die Bodenluftuntersuchungen, dass im Bereich des Altstandortes auf einer Fläche von etwa 150 m² der ungesättigte Untergrund erheblich mit Tetrachlorethen verunreinigt ist.  

Die Ergebnisse der Grundwasseruntersuchungen zeigen, dass es zu einem Eintrag von Tetrachlorethen aus dem wasserungesättigten Untergrund in das Grundwasser gekommen ist. In einer Grundwassermessstelle unmittelbar westlich des Altstandortes wurden an 3 Probenahmeterminen leicht erhöhte Tetrachlorethenkonzentrationen nachgewiesen. Die höchsten Tetrachlorethenkonzentrationen (max. 76 µg/l) wurden in einer Grundwassermessstelle ca. 120 m im Abstrom der Altablagerung gemessen. Auch in einem Brunnen im Anstrom der Altablagerung war das Grundwasser durch Tetrachlorethen belastet (max. 57 µg/l). Bei Pumpversuchen über 24 Stunden konnte eine deutliche Abnahme der Tetrachlorethenkonzentrationen festgestellt werden.

Insgesamt zeigen die Grundwasseranalysenergebnisse, dass eine Vorbelastung des Grundwassers durch leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe gegeben ist. Im Bereich des Altstandortes findet zusätzlich ein Eintrag von leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen bzw. Tetrachlorethen statt. Entsprechend den gemessenen Tetrachlorethenkonzentrationen im Bereich der Grundwassermessstelle GWS1 unmittelbar westlich des Altstandortes kann die Fracht mit 0,3 g/d abgeschätzt werden. Die Schadstofffracht kann als gering beurteilt werden.  

Zusammenfassend zeigen die Untersuchungsergebnisse, dass im Bereich des Altstandortes eine erhebliche Verunreinigung des wasserungesättigten Untergrundes durch Tetrachlorethen vorhanden ist, die eine Beeinträchtigung des Grundwassers verursacht. Es ist auch weiterhin mit einem Schadstoffeintrag in das Grundwasser zu rechnen. Der Altstandort „Putzerei Scherf“ stellt daher eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar.

 

PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden.

Schadstoffpotenzial: groß

Im Bereich der „Putzerei Scherf“ ist der Untergrund mit chlorierten Kohlenwasserstoffen verunreinigt. Die Fläche des verunreinigten Untergrundes ist ca. 150 m² groß. Der maßgebliche Schadstoff Tetrachlorethen weist  aufgrund seiner stofflichen Eigenschaften ein sehr hohes Gefährdungspotenzial auf. Der verunreinigte Untergrundbereich ist vergleichsweise klein. Das Schadstoffpotenzial ist insgesamt als groß zu bewerten.

Schadstoffausbreitung: begrenzt

Im Bereich des Altstandortes ist das Grundwasser mit Tetrachlorethen belastet. Die Schadstofffahne im Grundwasser ist länger als 100 m. Es ist auch weiterhin mit einem Schadstoffeintrag ins Grundwasser zu rechnen. Die Schadstoffausbreitung ist insgesamt als begrenzt zu bewerten.

Schutzgut: nutzbar

Der Altstandort liegt im Bereich eines quantitativ gut nutzbaren Grundwasserkörpers. Das Grundwasser fließt in etwa 140 m Entfernung in die Mur. Der Altstandort liegt im Stadtgebiet von Frohnleiten und die Trinkwasserversorgung erfolgt über öffentliche Trinkwasserversorgungsanlagen. Im unmittelbaren Abstrombereich befinden sich keine Grundwassernutzungen, die durch die Tetrachlorethenkonzentrationen gefährdet werden.  

Prioritätenklasse – Vorschlag: 3

Entsprechend der Bewertung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien schlägt das Umweltbundesamt die Einstufung des Altstandortes „Putzerei Scherf“ in die Prioritätenklasse 3 vor.

 

Texterstellung:    Mai 2011