Im Bereich der Teerölphase ist das Grundwasser massiv mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und untergeordnet mit aromatischen Kohlenwasserstoffen (BTEX) belastet. Im Grundwasserabstrom wurden generell nur geringe Schadstoffgehalte nachgewiesen, es ist nur eine kurze Schadstofffahne ausgebildet. Die abströmenden Schadstofffrachten sind gering.
Die erheblich kontaminierten Bereiche stellen eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt dar. Es wird eine Einstufung in die Prioritätenklasse 2 vorgeschlagen.
Bezirk:
Gemeinde: Katastralgemeinde: Grundstücksnummern: |
Linz-Land,
Enns, Lorch, 343/6, 343/7, 344/1, 357, 358, 359, 360/1, 360/3, 361/2, 361/5, 361/9, 365/1, 365/6, 387/1, 387/3, 390/1, 390/6, 1700/1, .236 |
Lage der Altlast : | Altlast im GIS anzeigen |
Art der Fläche: | Altstandort |
Branche: | Holzimprägnierwerk |
Fläche Altlast (m²): | 35.000 m² |
Schadstoff(e) | Teeröl (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe)
|
Datum Eintrag Altlastenatlas: | 02.02.2000 |
Datum der Prioritätenfestlegung: | 01.01.2014 |
Priorität: | 2 |
Status Maßnahme: | in Planung |
Art der Maßnahme: | Beobachtung |
Datum Aktualisierung Altlastenatlas: | 01.03.2000 |
BETRIEBLICHE ANLAGEN UND TÄTIGKEITEN
Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten
Der Altstandort „Imprägnieranstalt Enns“ liegt unmittelbar nördlich des Bahnhofes der Stadt Enns. Im Bereich des Altstandortes wurde im Zeitraum von 1869 bis 1972 eine industrielle Holzimprägnierung betrieben. Es wurden vor allem Eisenbahnschwellen und Leitungsmasten imprägniert. Als Imprägniermittel wurden sowohl Steinkohlenteeröl als auch Zinkchlorid und verschiedene schwermetallhältige Schutzsalzgemische eingesetzt.
Dem früheren technischen Entwicklungsstand des Holzschutzes bzw. der Holzimprägnierung folgend wurden im Lauf der Zeit auch unterschiedliche Imprägnierverfahren eingesetzt. Während bis Anfang des 20. Jahrhunderts mobile Imprägnieranlagen zum Einsatz kamen, wurde ab Mitte des 20. Jahrhunderts ausschließlich mit Kesseldruckimprägnierungsanlagen gearbeitet. Dabei kamen wiederum unterschiedliche Imprägnierverfahren zur Anwendung (z.B. gemischte Verfahren, Doppelverfahren, Teeröl-Rüping- bzw. -Sparverfahren).
In nebenstehender Abbildung ist die historische Nutzung des Altstandortes dargestellt. Nördlich des eigentlichen Betriebsbereiches fanden nach Betriebsstillegung Verfüllungsmaßnahmen statt, vermutlich wurde dabei auch Material aus dem Bereich der Imprägnierungsanlage herangezogen. Im südlichen Bereich des Altstandortes wurde eine mobile Imprägnieranlage betrieben, nähere Angaben zu Dauer und Umfang dieser mobilen Imprägnierung sind nicht bekannt.
Während des Betriebes kam es vor allem durch Manipulationsverluste im Bereich der Produktionsanlagen aber auch durch Tropfverluste bei der Lagerung der frisch imprägnierten Hölzer zu Verunreinigungen des Untergrundes. Der zentrale Anlagenbereich mit Lagerflächen des Altstandortes „Imprägnieranstalt Enns“ war rund 11 ha groß.
Untergrundverhältnisse
Der Standort befindet sich im Bereich grobkörniger quartärer Lockersedimente (sandige Kiese) der Austufe der Donau, die von schluffig-tonigen Sedimenten (Schlier) unterlagert werden. Die Geländeoberfläche befindet sich auf etwa 249 bis 251 m ü.A. und ist im Wesentlichen eben. Unter unterschiedlich mächtigen Anschüttungen oder Deckschichte (Ausand, Sand-Schluff) zeigen die anstehenden, sehr gut durchlässigen Kiese eine Mächtigkeit von rund 6 bis 10 m. Die Durchlässigkeit der Kiese beträgt zwischen 9 x 10-4 bis 9 x 10-3 m/s. Die Oberkante des grundwasserstauenden Schliers befindet sich auf etwa 234,2 bis 236,6 m ü.A. Das Relief der Staueroberkante weist gemäß den vorliegenden Aufschlüssen eine Rinne mit einer Längserstreckung in Richtung Ostnordost auf, die kleinräumige Struktur ist nicht bekannt.
Der Flurabstand beträgt im Bereich des Altstandortes rund 5,5 bis 8 m, die Grundwasserströmungsrichtung ist generell etwa nach Nordost gerichtet. Das Gefälle des Grundwasserspiegels beträgt zwischen 0,10 bis 0,15 %. Der spezifische Grundwasserdurchfluss im Bereich des Altstandortes kann mit rund 2,7 m³/m×d abgeschätzt werden, für die gesamte Standortbreite ergeben sich rund 350 m³/d.
Schutzgüter und Nutzungen
Der Großteil des Altstandortes ist durch Betriebsgebäude verschiedener Gewerbebetriebe bebaut. In der Umgebung des Altstandortes bestehen vor allem landwirtschaftlich genutzte Flächen. Unmittelbar westlich und rund 150 m östlich befinden sich mehrere Einfamilienhäuser, südlich des Altstandortes befindet sich der Bahnhof Enns.
Das Grundwasser am Altstandort wird von mehreren Gewerbebetrieben zu Nutzwasserzwecken genutzt. Der Teilstrom des entnommenen Wassers der als Kühlwasser verwendet wird, wurde lange Jahre im zentralen Bereich des Altstandortes wiederversickert. Seit einigen Jahren finden die Versickerungen im nördlichen Randbereich des Altstandortes sowie Ableitungen in den Kristeinbach statt. Im Abstrom des Altstandortes befinden sich vereinzelt Hausbrunnen, Trinkwassernutzungen sind im Abstrom keine bekannt.
UNTERSUCHUNGEN
Untersuchungen 1996 bis 1998
Im Bereich des Altstandortes "Imprägnieranstalt Enns" wurden im Zuge von ergänzenden Untersuchungen gemäß § 13 Abs. 1 ALSAG im Zeitraum von 1996 bis 1998 folgende Untersuchungen durchgeführt.
- Abteufen von 75 Trockenkernbohrungen bis 5 m unter GOK
- Entnahme von 81 Feststoffproben und chemische Analyse
- Errichtung von 10 Grundwassermessstellen (DN 220) sowie Entnahme und Untersuchung von Grundwasserproben aus den neu errichteten Grundwassermessstellen sowie bestehenden Brunnen und Messstellen
Untersuchungen 2005 bis 2010
Im Bereich des Altstandortes "Imprägnieranstalt Enns" wurden im Zuge der ergänzenden Untersuchungen gemäß § 14 ALSAG im Zeitraum von 2005 bis 2010 folgende Untersuchungen durchgeführt.
- Abteufen von 30 Trockenkernbohrungen DN 220 bis DN 270 bis zum Grundwasserstauer, davon Ausbau von 26 Bohrungen zu Grundwassermessstellen, nachträglich 2 zusätzliche Grundwassermessstellen
- Abteufen von 17 Trockenkernbohrungen DN 170 zwischen 6 bis 8 m unter GOK
- Entnahme von insgesamt 159 Feststoffproben aus insgesamt 49 Trockenkernbohrungen
- Analyse von 45 Feststoffproben
- Entnahme und Untersuchung von Grundwasserproben aus einer unterschiedlichen Anzahl von Messstellen und Brunnen an vier Terminen
- Messung der Teerölphase an 4 Terminen
- Tiefengestaffelte Probenahmen von Grundwasser an 2 Terminen · Durchführung von 24 h-Pumpversuchen bei 7 Grundwassermessstellen und Entnahme von Grundwasserproben während des Pumpversuches.
GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG
Im Bereich des Altstandortes „Imprägnieranstalt Enns“ wurde von 1869 bis 1972 eine industrielle Holzimprägnierung betrieben. Als Imprägniermittel wurde vor allem Teeröl eingesetzt, aber auch Zinkchlorid und verschiedene schwermetallhältige Schutzsalzgemische. Nach Ende der Imprägnierung wurden im Nahbereich der ehemaligen Imprägnierkessel mehrere Jahre lang Kühlwässer versickert und damit vermutlich eine erhöhte Mobilisierung der Kontaminationen im Untergrund verursacht. Die Fläche des zentralen Anlagenbereichs und der Lagerflächen des Altstandortes waren rund 11 ha groß. Im südlichen Bereich des Altstandortes wurde zeitweise eine mobile Imprägnieranlage betrieben, nähere Angaben dazu sind nicht bekannt.
Im Laufe des rund 100 Jahre dauernden Betriebszeitraumes kam es durch jahrelange Manipulations- und Produktionsverluste zu massiven Verunreinigungen des Untergrundes mit Teeröl. Entsprechend den Eigenschaften von Teeröl hat sich die Kontamination entlang der Basis des Stauers ausgebreitet. Als Eintragsstelle wurde der ehemalige Standort der Imprägnierkessel identifiziert. Lokal wurden im gesamten Bereich des Altstandortes und in der näheren Umgebung oberflächennah Kontaminationen mit teeröltypischen Schadstoffen nachgewiesen.
In einem Teilbereich des Altstandortes wurden deutlich kontaminierte Schichten bis über 5 m unter GOK angetroffen und reichen lokal auch tiefer bis in den gesättigten Bereich („Verfüllbereich Imprägnieranstalt Enns“). Direkt im Bereich dieser lokalen Verunreinigung wurden im Grundwasser gelöste PAK-Gehalte bis rund 40 µg/l nachgewiesen, vor allem Phenanthren, Fluoranthen und Pyren. Rund 100 m abstromig wurde keine Beeinträchtigung der Grundwasserqualität mehr nachgewiesen. Diese Kontaminationen können auf einer Fläche von rund 3.000 m² mit rund 8.000 m³ abgeschätzt werden. Aufgrund der weitgehenden Versiegelung dieses Bereiches ist davon auszugehen, dass die Kontaminationen in der ungesättigten Zone kaum mobilisiert werden und die lokale Grundwasserbelastung durch kleinräumig tieferreichende Kontaminationen verursacht wird.
Im Bereich der ehemaligen Imprägnierkessel wurden Kontaminationen mit teeröltypischen Schadstoffen in der ungesättigten Bodenzone auf einer Fläche von rund 2.200 m² nachgewiesen. Die Kontaminationen reichen bis zum Stauer, ausgehend vom Bereich der Messstelle GS 2 hat sich die Teerölphase entsprechend dem Stauerrelief ausgebreitet.
Die Teerölphase besteht hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen (70 – 95 %), polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (19 – 29 %) und heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (6 – 9,5 %). Aromatische Kohlenwasserstoffe (BTEX) und Phenole sind nur in geringen Anteilen enthalten, Schwermetalle wurden nur in Spuren nachgewiesen. Entsprechend der langjährigen Ausbreitung der Teerölphase wurden im Nahbereich der Eintragsstelle die höchsten Viskositäten festgestellt, rund 220 bis 330 m von der Eintragsstelle entfernt lagen die Viskositäten nur mehr zwischen 19 bis 12 mPa*s. Eventuell erfolgte auch eine erhöhte Verlagerung mobilerer Anteile der Phase durch die jahrelange Versickerung von Kühlwasser im Bereich der Eintragsstelle. Aufgrund des Alters der Kontaminationen und der mittlerweile mehrere Jahre beendeten Versickerung von Kühlwässern ist davon auszugehen, dass sich die Schadstoffphase aktuell in einem weitgehend stationärem Zustand befindet.
Hinsichtlich polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe wurden hauptsächlich 3- und 4-Ring PAK mit mittlerer bis geringer Wasserlöslichkeit sowie ein hoher Anteil an Naphthalin nachgewiesen. Beim qualitativen Screening der Teerölphase wurde auch ein relevanter Anteil an Methylnaphthalin, das eine ähnliche Wasserlöslichkeit wie Naphthalin aufweist, nachgewiesen (24,6 bis 25,8 mg/l, je nach Isomer).
Hinsichtlich der wesentlich besser wasserlöslichen heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen zeigt sich grundsätzlich ein erhöhter Anteil an geringer wasserlöslichen Substanzen. Es ist jedoch zu beachten, dass z.B: Methylbenzothiophen noch eine höhere Wasserlöslichkeit als Naphthalin besitzt.
Entsprechend einer etwa Richtung Ostnordost verlaufenden Stauerrinne hat sich die Teerölphase über eine Länge von rund 450 m ausgebreitet, die Breite des Phasenkörpers beträgt rund 40 bis 140 m. Insgesamt kann der Phasenkörper mit einer Fläche von 27.000 bis 30.000 m² und einem Volumen von rund 10.000 m³ abgeschätzt werden. Bei einem angenommenen nutzbaren Porenvolumen von rund 20 % ergibt sich eine Teerölphase von rund 2 Mio Liter (entspricht bei der mittleren Dichte von 1,088 g/cm³ etwa 2.180 to Teeröl). Entsprechend der festgestellten Zusammensetzung des Teeröls kann die Menge an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen mit etwa 480 to, die Menge an heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen mit rund 150 to und die Menge an Kohlenwasserstoffen als KW-Index mit rund 1.550 to abgeschätzt werden.
Im Bereich der Teerölphase ist das Grundwasser massiv mit gelösten Schadstoffen belastet, insbesondere mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (Mittelwert 499 µg/l, Median 270 µg/l) und heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (Mittelwert 261 µg/l, Median 96 µg/l) und Kohlenwasserstoffen als KW-Index (Mittelwert 2,8 mg/l, Median 1,1 mg/l). Die Redoxverhältnisse sind eindeutig negativ (unter -100 mV), die niedrigen Sauerstoff- und Nitratgehalte weisen auf einen Schadstoffabbau unter sauerstoff- und nitratreduzierenden Bedingungen hin.
Im Vergleich mit der Zusammensetzung der Phase zeigt sich, dass die Verteilung der gelösten polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe gut mit der Phasenzusammensetzung übereinstimmt (Korrelationskoeffizient von 0,95). Tendenziell sind die in der Phase enthaltenen besser löslichen Einzelsubstanzen auch vermehrt in gelöster Form vorhanden.. Bei den Messstellen im Nahbereich der Eintragsstelle (GS 8 und GS 6) wurden auffallend niedrige gelöste Naphthalingehalte festgestellt (unter 1 %, bzw. max. 0,54 µg/l), obwohl in der Phase hohe Naphthalinanteile (16 bis 25 %) vorhanden sind.
Betreffend den heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen korreliert die Verteilung zwischen der Teerölphase und den gelösten Schadstoffen kaum (Korrelationskoeffizient < 0,5). Es wurde in gelöster Form vor allem Dibenzofuran und Benzothiophen festgestellt. Die in der Phase in hohen Anteilen vertretenen Substanzen Carbazol und Dibenzothiophen wurden in gelöster Form jedoch in vergleichsweise geringen Gehalten nachgewiesen.
Eine Abschätzung der im Bereich der Teerölphase mit dem Grundwasserstrom transportierten gelösten Schadstoffe ergab für die 3 Untersuchungstermine folgende Schadstofffrachten:
Werte in g/d | erhebl. Fracht | Feb.07 | Mai.07 | Dez.09 |
polyzyklische aromatische KW (PAK-15) | 1 | 198 | 152 | 114 |
Naphthalin | 2 | 51 | 34 | 44 |
KW-Index | 50 | 1.100 | 477 | 642 |
heterozyklische aromatische KW | 46 | 50 | 1,6 | |
aromatische KW (BTEX) | 25 | 23 | 16 | 10 |
Benzol | 0,5 | 0,2 | 0 | 0,26 |
Die Gehalte an heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen waren teilweise auffallend schwankend. Da die Analytik von heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen derzeit noch nicht als Routineanalytik angesehen werden kann, können auch Unschärfen bei der Analytik nicht ausgeschlossen werden. Insbesondere bei den Grundwasseruntersuchungen im Dezember 2009 wurden auffallend geringe Gehalte an heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen nachgewiesen, Doppeluntersuchungen in einem 2. Labor ergaben tendenziell höhere Gehalte. Die ermittelte geringe Schadstofffracht im Dezember 2009 ist daher als unplausibel zu werten.
Unter Vernachlässigung einer üblicherweise exponentiellen Abnahme der Auswaschungsvorgänge ergeben sich rein rechnerisch die in folgenderTabelle angeführten Zeiträume bis zu einem vollständigen Abtransport der in der Teerölphase enthaltenen Schadstoffe mit dem Grundwasser. Tatsächlich ist mit längeren Zeiträumen zu rechnen, zudem ist davon auszugehen, dass nicht mehr mobile Restbelastungen auf unbestimmte Zeit im Untergrund verbleiben.
Teerölphase [to] | Transport mit GW [kg/a] | theoret. Dauer bis vollständiger Auswaschung [a] | |
polyzyklische aromatische KW (PAK-16) | 480 | 72 | 6.670 |
heterozyklische aromatische KW | 150 | 62 | 2.420 |
KW als KW-Index | 1.550 | 270 | 5.740 |
Im Grundwasserabstrom des Phasenbereichs wurden kaum gelöste Schadstoffe nachgewiesen. PAK wurden im Abstrom nur in Spuren festgestellt, lediglich bei der Messstelle GS 30 wurde im Zuge von 24-stündigen Pumpversuchen ein Anstieg der PAK-Gehalte auf 3,4 µg/l festgestellt. Untersuchungen betreffend möglichem Schadstoffabbau haben keine eindeutigen Hinweise auf einen massiven Schadstoffabbau im Abstrom der Teerölphase ergeben. Bei natürlichen Abbauvorgängen von PAK sollten generell abnehmendes Redoxpotenzial, sinkende Sauerstoff- und Nitratgehalte, zunehmende Nitrit- und Ammoniumgehalte sowie vermehrte Löslichkeit von Eisen und Mangan nachgewiesen werden. Im Grundwasserabstrom des Phasenbereichs wurden diese Effekte jedoch nur in geringem Ausmaß und teilweise diffus verteilt nachgewiesen. Auch Zusatzuntersuchungen auf spezielle Abbauprodukte ergaben keinen schlüssigen Hinweis auf massiven Schadstoffabbau.
Insgesamt ist festzustellen, dass rund 50 m abstromig des Phasenbereich, in dem rund 500 µg/l PAK gelöst im Grundwasser festgestellt wurden, gelöste Schadstoffe nur in Spuren nachgewiesen wurden. Unter Berücksichtigung der abgeschätzten Fließgeschwindigkeit des Grundwassers von rund 0,5 bis 3 m/d ergibt sich eine Verweildauer von etwa 15 bis 100 Tagen. In diesem Zeitraum sind Abbauprozesse grundsätzlich möglich, unter natürlichen Bedingungen wurde ein derart rascher und vollständiger Abbau von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen bisher kaum beobachtet. Analytische Fehler können weitgehend ausgeschlossen werden, da diese niedrigen Schadstoffgehalte im Grundwasserabstrom bei mehreren Messterminen nachgewiesen wurden und auch durch Doppeluntersuchungen eines zweiten Labors bestätigt wurden.
Zusammenfassend zeigen die Untersuchungen, dass sich im Untergrund ausgehend vom ehemaligen Standort der Imprägnierkessel eine Teerölphase am Stauer auf einer Fläche von rund 30.000 m² ausgebreitet hat. Im gesamten Bereich der Teerölphase ist das Grundwasser massiv mit teeröltypischen Schadstoffen (vor allem polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und heterozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen) belastet, im Grundwasserabstrom sind kaum Kontaminationen nachweisbar, die gelöste Schadstoffahne ist kürzer als 50 m. Aufgrund der im Untergrund vorhandenen Schadstoffmengen und der Eigenschaften der Schadstoffe ist davon auszugehen, dass sich sowohl die Teerölphase als auch die Kontaminationen des Grundwassers in einem stationären Zustand befinden und sich mittel- bis langfristig weder die Schadstoffkonzentrationen noch die Schadstofffrachten im Grundwasser signifikant verringern werden. Die erheblich kontaminierten Bereiche ausgehend vom ehemaligen Standort der Imprägnierkessel stellen eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar.
PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG
Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:
Schadstoffpotenzial: äußerst groß
Im Bereich des Altstandortes wurde von 1869 bis 1972 eine industrielle Imprägnieranlage betrieben. Ausgehend vom Standort der ehemaligen Imprägnierkessel hat sich am Stauer eine Teerölphase ausgebreitet. Die Teerölphase hat sich auf einer Fläche von rund 30.000 m² und einer Längserstreckung von rund 450 m entsprechend dem Stauerrelief ausgebreitet. Im Nahbereich der Phase wurde auch stark PAK- kontaminierter Untergrund festgestellt. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe weisen aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften eine hohe Stoffgefährlichkeit auf, die in relevanten Mengen vorliegenden Einzelsubstanzen Acenaphthen und Fluoren sind als besonders gefährlich einzustufen. Insgesamt kann der mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen erheblich verunreinigte Untergrund im Bereich des Altstandortes mit rund 30.000 m³ abgeschätzt werden, davon ca. 2 Mio Liter Teeröl. Die im Untergrund vorhandene Schadstoffmenge an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen kann mit über 500 to abgeschätzt werden. Insgesamt ergibt sich ein äußerst großes Schadstoffpotenzial.
Schadstoffausbreitung: lokal
Im Bereich der Teerölphase ist das Grundwasser massiv mit PAK und anderen teeröltypischen Schadstoffen belastet. Abstromig der Teerölphase sind im Grundwasser gelöste Schadstoffe nur im Spurenbereich vorhanden. Die mit dem Grundwasser im Abstrom transportierte gelöste Schadstofffracht an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen kann mit maximal 0,1 g/d für PAK-15 und 0,25 g/d für Naphtalin abgeschätzt werden und ist als gering zu bewerten. Die Länge der aktuellen Schadstofffahne kann mit maximal 50 m abgeschätzt werden. Aufgrund Art und Alter der Kontamination sowie der aktuellen Fließverhältnisse des Grundwassers ist mittel- bis langfristig keine signifikante Änderung der Schadstofffahne zu erwarten. Der geringen Schadstofffracht und der kurzen Schadstofffahne entsprechend ist die Schadstoffausbreitung insgesamt als lokal zu beurteilen.
Bedeutung des Schutzgutes: gut nutzbar
Das Grundwasser ist grundsätzlich quantitativ gut nutzbar, das Grundwasserdargebot ist groß. Im Bereich des Altstandortes wird das Grundwasser betrieblich als Kühlwasser genutzt. Im Grundwasserabstrom bestehen private Nutzungen für Wärmepumpen sowie Hausbrunnen, die zu Bewässerungzwecken genutzt werden. Trinkwassernutzungen sind weder im Bereich des Altstandortes noch im näheren Abstrom vorhanden.
Prioritätenklasse – Vorschlag: (2)
Entsprechend der Bewertung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien schlägt das Umweltbundesamt die Einstufung in die Prioritätenklasse 2 vor.
Datum der Texterstellung: Juni 2013