Im westlichen Bereich des Altstandortes sind auf einer Fläche von ca. 24.000 m² erheblich verunreinigte Anschüttungen mit einem Volumen in der Größenordnung von 80.000 m³ vorhanden. Die wesentlichen Schadstoffe sind Blei, Arsen und teerölspezifische Schadstoffe (PAK, Phenole). Das Grundwasser ist im Bereich der Anschüttungen stellenweise stark verunreinigt. Die Schadstofffracht im Grundwasserabstrom von Teergruben kann qualitativ als erheblich abgeschätzt werden. Das Bachsediment ist im Bereich des Altstandortes mit Blei verunreinigt. Eine weitreichende Verunreinigung der Bachsedimente sowie eine Beeinflussung der Qualität des Wassers des Gamsbaches waren nicht festzustellen. Entsprechend den Kriterien für die Prioritätenklassifizierung ergibt sich für den Altstandort die Priorität 3.
Bezirk:
Gemeinde: Katastralgemeinde: Grundstücksnummern: |
Gmünd,
Brand-Nagelberg, Nagelberg, 149 |
Lage der Altlast : | Altlast im GIS anzeigen |
Art der Fläche: | Altstandort |
Branche: | Erzeugung von Glas |
Ergebnis Beurteilung: | erhebliche Kontamination |
Fläche Altlast (m²): | 24.000 m² |
Volumen Altlast (m³): | 80.000 m³ |
Schadstoff(e) | Metalle (Arsen, Blei)
Teeröl (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Phenole) |
Datum Eintrag Altlastenatlas: | 15.12.2022 |
Datum der Prioritätenfestlegung: | 15.12.2022 |
Priorität: | 3 |
BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE
Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten
Der Altstandort „Glasfabrik Stölzle Alt-Nagelberg“ befindet sich am südwestlichen Ortsrand von Alt-Nagelberg im nördlichen Waldviertel. Bei dem Altstandort handelt es sich um einen Betrieb zur Erzeugung von Glas mit einem Betriebszeitraum von 1868 bis 2004. Der Altstandort umfasst eine Fläche von rund 90.000 m2. Auf dem Altstandort wurden verschiedene Gläser wie Bleikristall, Flaschen aller Art, Apothekerglas, Tintengläser, Milchflaschen, Siphons usw. hergestellt. Neben den Glasproduktionsstätten befanden sich auf dem Altstandort auch ein Gaswerk, Neutralisationsschlammbecken und eine Betriebsdeponie.
Nach der Betriebsgründung im Jahr 1868 folgte im Laufe der Jahre eine Vergrößerung und Er-weiterung des Betriebes durch den Bau von Dampfschleifereien, Sandbläsereien, Glasätzereien und Brettsägen. Die Feuerung der Öfen erfolgte seit Betriebsbeginn mit Torf, der umliegend abgebaut wurde. Aus dem Torf wurde Gas erzeugt, das in gemauerten Kanälen den Öfen zugeleitet wurde. In der Zwischenkriegszeit wurde der Torf durch Braunkohle ersetzt. Der bei der Gaserzeugung angefallene Teer wurde in Gruben am Altstandort abgelagert. Nach Einstellung der eigenen Gasproduktion wurde das Gas vorerst durch Schweröl und Leichtöl und in den 1980er Jahren durch Erdgas ersetzt. Für das Schweröl gab es Lagerbehälter für insgesamt 313 Tonnen und für Leichtöl für 50 Tonnen. Bei einem Betriebsunfall, bei dem ein Ölbehälter überlief, wurde kontaminiertes Erdreich ausgehoben und in den Teergruben gemeinsam mit Teerrückständen verbrannt
Im Jahr 1930 wurde die erste halbautomatische Saugblasmaschine in Betrieb genommen. Man spezialisierte sich auf die halbautomatische Erzeugung von Flakonflaschen mit Glasgewindeverschlüssen. Die Glashütte fiel im Jahr 1933 einem Brand zum Opfer. Das Werk wurde binnen einem Jahr wieder aufgebaut und war mit zwei Hafenöfen und einem Wannenofen sowie einer Glas-
raffinerie ausgestattet. In den Kriegsjahren fertigte man in der Schlosserei Granaten, während die Glasproduktion zunächst eingeschränkt und zu Jahresbeginn von 1945 ganz eingestellt wurde, da die großen Hallen als Kraftfahrzeug-Reparaturwerkstätten dienten. 1946 wurde die Glasproduktion fortgesetzt. Im Jahr 1956 wurde die erste kontinuierliche Wanne errichtet. Es wurden Press- und Wirtschaftsglas halb- und vollautomatisch hergestellt. Ab dem Ende der 1960er Jahre wurde mit der Erzeugung von Bleiglasprodukten begonnen. Ab dem Jahr 1980 wurde bei sukzessiv reduziertem Beschäftigungsstand die Produktion auf kleine Serien an Wirtschaftsglas sowie qualitativ hochwertige Handarbeit eingeschränkt. Im Jahr 2004 wurde die Glasproduktion eingestellt. Zuletzt wurden Scheinwerfergläser und Bleikristallgläser in kleineren Serien produziert.
Auf dem Altstandort sind großflächig Ablagerungen vorhanden bzw. befindet sich eine Betriebsdeponie im Westen des Altstandortes. Die Betriebsdeponie wurde im Bereich des ehemaligen Gamsbachbetts errichtet. Der Entwässerungsgraben, der sich entlang der Deponie befindet, ist das ehemalige Gamsbachbett, welches im Zuge der Regulierung des Gamsbaches und der Errichtung der Deponie umgelegt wurde. Abgelagert wurden Ziegelbruch, Betonbruch, Metallteile, Glasabfälle, Schamottmaterial, Gemengebestandteile, Verpackungsreste aus Holz und Karton, Grasschnitt und Kunststoffabfälle.
Untergrundverhältnisse
Der Altstandort liegt im Bereich der Böhmischen Masse in der Talniederung des Gamsbaches, die in einer alten, im granitischen Festgestein angelegten Furche verläuft.
Im Bereich des Altstandortes besteht der Untergrund aus bis zu 7 m mächtigen Anschüttungen aus primär Bauschutt und Rückständen der Glasproduktion. Unterlagert wird der Anschüttungshorizont von einer Sandschicht, die im Zentralbereich tiefer als 15 m reicht. Im Liegenden davon befindet sich der Granit, der den Grundwasserstauer bildet. Im Nordosten des Altstandortes liegt der Granit oberflächennah vor. Im Bereich des Gamsbaches liegen auch schluffige alluviale Sedimente vor. Der Flurabstand des Grundwassers ist im Nahbereich des Gamsbaches sehr gering, im Zentralbereich des Altstandortes bis zu ca. 6 m. Der Grundwasserleiter weist eine Mächtigkeit im Zentralbereich von mehr als 5 m auf. Die Durchlässigkeit der grundwasserleitenden Schichten ist lokal sehr unterschiedlich. Aufgrund des hohen mittleren Grundwassergefälles von 2 % ist der Grundwasserdurchfluss im Bereich des Altstandortes trotz des begrenzt ergiebigen Aquifers vergleichsweise hoch.
Die Grundwasserströmung verläuft generell Richtung Südwesten. Im Bereich der Geländestufe zum Gamsbach auch Richtung Westen. Das Grundwasser exfiltriert am westlichen Rand des Altstandortes nach kurzer Fließstrecke in den Gamsbach. Die Sickerwassermenge im Bereich des Altstandortes kann mit ca. 30 m3/d abgeschätzt werden. Aufgrund des begrenzten Grundwasserdurchflusses kann angenommen werden, dass die Verdünnung von Sickerwasser im Grundwasser vergleichsweise gering ist.
Schutzgüter und Nutzungen
Auf dem Altstandort befinden sich Hallen, die für Lagerzwecke von Gütern aller Art genutzt werden. Nördlich schließen Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser an. Richtung Süden und Osten reichen ausgedehnte Waldgebiete an den Altstandort heran. Direkt südwestlich bzw. westlich des Altstandortes fließt der Gamsbach Richtung Süden.
Im Anstrom des Altstandortes befinden sich 3 Brunnen, die der Nutzwasserversorgung dienen. Auf dem Altstandort selbst sind 2 Brunnen gelegen, die nicht mehr zu Wasserversorgungszwecken genutzt werden.
GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG
Bei dem Altstandort „Glasfabrik Stölzle Alt-Nagelberg“ handelt es sich um einen Betrieb zur Erzeugung von Glas mit einem Betriebszeitraum von 1868 bis 2004. Der Altstandort umfasst eine Fläche von etwa 90.000 m2. Auf dem Altstandort wurden verschiedene Gläser wie Bleikristall, Flaschen aller Art, Apothekerglas, Tintengläser, Milchflaschen, Siphons usw. hergestellt.
Im Zuge der Untergrundaufschlüsse wurden auf dem Altstandort großflächige, zum Teil mehrere Meter mächtige Anschüttungen angetroffen. Das Gesamtvolumen der Ablagerungen auf dem Altstandort kann mit ca. 140.000 m3 grob abgeschätzt werden. Vor allem im westlichen Bereich des Altstandortes befinden sich Anschüttungen mit mehreren Meter Mächtigkeit.
Im Bereich der ehemaligen Teergruben wurden Verunreinigungen durch Teer bzw. Teeröl erkundet. Bei der Untersuchung von Feststoffproben wurden zum Teil stark erhöhte Konzentrationen bei dem Parameter KW-Index und untergeordnet PAK bestimmt. Aufgrund der Einsatzstoffe bei der Gaserzeugung ist davon auszugehen, dass in diesem Bereich auch eine Untergrundkontamination durch für Torf- und Braunkohleteer typische Phenolverbindungen vorhanden ist.
Zusätzlich liegt eine Belastung der Anschüttungen durch Arsen und Blei vor. Die höchsten Arsenkonzentrationen lagen im Bereich der ehemaligen Teergruben vor. Die zum Teil stark erhöhten Bleikonzentrationen wurden im Bereich der Betriebsdeponie festgestellt. Die Belastungen des Untergrundes mit Arsen und Blei fanden sich in den Eluaten wieder. Bei den Eluatuntersuchungen waren außerdem niedrige pH-Werte, hohe elektrische Leitfähigkeiten und teilweise stark erhöhte Sulfatkonzentrationen auffällig. Grundsätzlich stellte sich, mit Ausnahme von Blei, bei den 2:1-Eluaten höhere Konzentrationen im Eluat ein als bei den 10:1-Eluaten, was auf eine überwiegend verfügbarkeitslimitierte Schadstofffreisetzung hindeutet.
Vor allem im westlichen Bereich des Altstandortes sind die Anschüttungen erheblich verunreinigt. Auf einer Fläche von ca. 24.000 m² wurden bei zahlreichen Aufschlüssen sehr hohe Schadstoffkonzentrationen in den Anschüttungen festgestellt. Die wesentlichen Schadstoffe sind Blei, Arsen, PAK und Kohlenwasserstoffe. Das Volumen des Anschüttungsbereiches, in dem erhebliche Verunreinigungen festgestellt wurden, kann mit einer Größenordnung von 80.000 m³ abgeschätzt werden.
Bei den Bodenuntersuchungen wurde am Altstandort und dessen Umfeld eine Belastung der obersten Bodenschicht durch Metalle und PAK festgestellt. Die Verunreinigungen wurden vermutlich durch Windverfrachtungen aber wahrscheinlich auch durch oberflächennah anstehendes Ablagerungsmaterial verursacht. Aufgrund der Ergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass auf rund einem Drittel des Altstandortes mit erhöhten Arsen- und Bleikonzentrationen zu rechnen ist. Aufgrund der derzeitigen Nutzung des Geländes ist damit kein erhöhtes Risiko hinsichtlich einer Schadstoffaufnahme durch Menschen oder Nutzpflanzen verbunden.
Die Ergebnisse der Grundwasseruntersuchungen zeigen im Bereich der Teergruben eine massive Grundwasserverunreinigung durch Phenole sowie untergeordnet durch PAK und Arsen. Die Messstelle GWM2 wurde im direkten Abstrom der Teergruben errichtet. Die Grundwasserproben aus dieser Messstelle zeigten die höchsten Phenol- und PAK-Belastungen. Die bei den Feststoffuntersuchungen festgestellten Belastungen durch Mineralölkohlenwasserstoffe und Blei konnten im Grundwasser nicht wieder gefunden werden. Im unmittelbaren Abstrom der Teergruben wurden stark erhöhte Phenol- und Methylphenolkonzentrationen sowie PAK- und Arsenkonzentrationen festgestellt. Der Prüfwert der ÖNORM S 2088-1 für den Parameter Phenolindex wird hier im Durchschnitt um etwa den Faktor 30 überschritten. Am westlichen Rand der Anschüttungen (GWM3 und GWM4) konnte eine Zunahme der Arsenkonzentrationen und eine Abnahme der Konzentrationen der organischen Schadstoffe beobachtet werden. Das Grundwasser am westlichen Rand des Altstandortes bzw. der Anschüttungen exfiltriert nach kurzer Fließstrecke in den Vorfluter (Gamsbach).
Eine Beeinflussung des Bachsediments wurde bei den Untersuchungen vor allem bei den Parametern Blei, Cadmium und Zink festgestellt, deren Konzentrationen im direkten Eintragsbereich des Altstandortes bzw. im Bereich der Deponiedrainage deutlich erhöht sind. Die hohen Schwermetallkonzentrationen im Sediment sind vermutlich auf das Sickerwasser der Betriebsdeponie sowie von der Geländeoberfläche des Altstandortes eingeschwemmtes Material zurückzuführen.
Die Oberflächenwasserproben aus dem Gamsbach ergaben erhöhte Nickelkonzentrationen, die bereits im Anstrom zum Altstandort vorhanden waren. Ansonsten waren die Ergebnisse unauffällig und zeigten keine erhöhten Konzentrationen bei den analysierten Parametern. Bei den Proben aus einer Drainage, die am Böschungsfuß der Betriebsdeponie austritt, wurden erhöhte Blei-
konzentrationen festgestellt.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass im westlichen Bereich des Altstandortes auf einer Fläche von ca. 24.000 m² erheblich verunreinigte Anschüttungen mit einem Volumen in der Größenordnung von 80.000 m³ vorhanden sind. Die wesentlichen Schadstoffe sind Blei, Arsen und teerölspezifische Schadstoffe (PAK, Phenole). Das Grundwasser ist im Bereich der Anschüttungen stellenweise stark verunreinigt. Die Schadstofffracht im Grundwasserabstrom der Teergruben kann qualitativ als erheblich abgeschätzt werden. Das Bachsediment ist im Bereich des Altstandortes mit Blei verunreinigt. Eine weitreichende Verunreinigung der Bachsedimente sowie eine Beeinflussung der Qualität des Wassers des Gamsbaches waren nicht festzustellen.
PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG
Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:
Schadstoffpotenzial: groß (2)
Auf einer Fläche von ca. 24.000 m² sind erhebliche verunreinigte Anschüttungen vorhanden. Bereichsweise sind Verunreinigungen mit Teeröl oder mit Blei und Arsen vorhanden. Das Volumen des Anschüttungsbereiches, in dem hohe Schadstoffkonzentrationen angetroffen wurden, liegt in der Größenordnung von 80.000 m³. Aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften weisen die maßgeblichen Schadstoffe ein hohes Gefährdungspotential für das Grundwasser auf.
Schadstoffausbreitung: lokal
Das Grundwasser ist im Bereich der Anschüttungen verunreinigt. Die Schadstoffkonzentrationen sind stellenweise sehr hoch, die Schadstofffracht im Abstrom der Teergruben kann qualitativ trotz der begrenzten Ergiebigkeit des Grundwasserleiters als erheblich abgeschätzt werden. Das Grundwasser exfiltriert am westlichen Rand der Anschüttungen nach kurzer Fließstrecke in den Vorfluter. Eine Beeinflussung der Qualität des Wassers des Gamsbaches wurde nicht festgestellt. Mittel- und langfristig ist weder mit einem erhöhten Schadstoffeintrag in das Grundwasser noch mit einer weitergehenden Ausbreitung der Schadstoffe im Grundwasser zu rechnen.
Schutzgut: nutzbar
Das Grundwasser ist grundsätzlich quantitativ nutzbar. Es existieren im Bereich des Altstandortes Brunnen. Im Grundwasserabstrom des Altstandortes sind keine Grundwasserentnahmen vorhanden.
Prioritätenklasse – Vorschlag: 3
Entsprechend der Beurteilung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im § 14 Altlastensanierungsgesetz festgelegten Kriterien ergibt sich die Prioritätenklasse 3.
Datum der Texterstellung: Dezember 2021