Altlast N64: Industriegelände Moosbierbaum

Auf dem rund 850.000 m² großen nördlichen Teil des Industrieareals Moosbierbaum wurden von den 1920er Jahren bis 1945 verschiedene industrielle Anlagen betrieben. In den letzten Kriegsjahren wurde das Gelände mehrmals bombardiert. Am Altstandort liegen erhebliche Belastungen mit Mineralölkohlenwasserstoffen (KW) vor, insbesondere im Bereich der ehemaligen Raffinerie sowie im Bereich des ehemaligen Tanklagers. Insgesamt ist der Untergrund auf einer Fläche von 128.000 m² im Ausmaß von 350.000 m³ erheblich kontaminiert.

Ausgehend von beiden Kontaminationsbereichen haben sich im Grundwasser Schadstoffahnen ausgebildet. Die Schadstofffrachten im Grundwasser sind erheblich. Auch in Zukunft ist mit einer erheblichen Beeinflussung der Grundwasserqualität zu rechnen. Die beiden erheblich kontaminierten Bereiche stellen eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar. Entsprechend den Kriterien für die Prioritätenklassifizierung ergibt sich eine Prioritätenklasse 2.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Tulln,
Zwentendorf an der Donau,
Erpersdorf,
502/2
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: Mineralöl-Raffinerie
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 130.000 m²
Volumen Altlast (m³): 350.000 m³
Schadstoff(e) Mineralölkohlenwasserstoffe
Datum Eintrag Altlastenatlas: 15.10.2009
Datum der Prioritätenfestlegung: 01.07.2018
Priorität: 2
Status Maßnahme: in Planung
Art der Maßnahme: Sicherung

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten

Der Altstandort umfasst den zentralen sowie nördlichen Bereich des ehemaligen Industrieareals Moosbierbaum. Das gesamte Industriegelände wurde bereits in den frühen 20er Jahren industriell genutzt. In den Jahren 1917 bis 1918 wurde eine Schwarzpulverfabrik betrieben. Ab den 20er Jahren kamen weitere chemische Betriebe (Erzeugung von Kunstdünger, Spritzmittel, Kunststoffen, Waschmittel) hinzu. 1938 erfolgte der Zusammenschluss dieser Kleinbetriebe zur Donau Chemie AG. In den Folgejahren wurden auch Vergaserkraftstoffe, Schmieröle und Flugbenzine erzeugt. In den letzten beiden Kriegsjahren wurde das Industrieareal von mehreren Bombenangriffen schwer beschädigt. Nach dem 2. Weltkrieg bis 1955 wurde von der Sowjetischen Mineralölverwaltung eine Ölraffinerie auf dem Industriegelände betrieben.

Im nordwestlichen Teil des Altstandortes befand sich das Gelände der ehemaligen Raffinerie (BI). An diesen Bereich angrenzend liegt der "Deponieberg" (BIV). Der östliche Bereich umfasst das ehemalige Tanklager, Entladestationen und die Abwasseranlage (BII). Im nördlichen Areal liegt heute das kalorische Kraftwerk Dürnrohr (BV-I), welches mit einer Schmalwand umschlossen wurde. Im Zentrum des Altstandortes befinden sich Kohlelager (BV-II).

Bereich BI – ehemalige Raffinationsanlagen

Der Bereich der ehemalige Raffinerie (BI) weist eine Fläche von rd. 250.000 m² auf. Auf dieser Teilfläche wurden in den 20er Jahren bis Mitte der 50er Jahre verschiedene Anlagen betrieben, wie z. B. eine Linde-Anlage, eine Anlage zur Synthese von Ammonium, eine Chrom-Alaun-Anlage, mehrere Destillationsanlagen, eine Raffinationsanlage, Säureanlagen, sowie eine Bleicherdeanlage. Daneben befanden sich div. Gasbehälter und Hallen in diesem Bereich.

Relevante ehemalige Anlagen im Bereich der Raffinationsanlage:

vor 1938 1938 bis 1945 1955-1958 Stand 2008
Chrom-Alaun-Anlage, Lager für u.a. Kupfervitriol, Kalinitrat, Soda Linde-Anlage, Ammonium-Synthese-Anlage, Salz- und Salpetersäureanlage, Labors, Hallen, Gasbehälter, Vakuumdestillationsanlage, Brunnen Raffinationsanlage, mehrere Gasbehälter, Hallen, Vakuumdestillationsanlage, Spaltdestillation, Bleicherdeanlage, Gasometer, Brunnen Brunnen, Kühlwassertürme, brachliegende Freiflächen, Aschedeponie

Bereits Anfang der 40er Jahre wurde auf dieser Teilfläche eine Raffinierie, unter dem Namen „Donauraffinerie“ kurz „DORA“, errichtet, die in den Jahren 1941 und 1942 durch den Bau von HF-Anlagen (Hydro-Flying) zur Herstellung von hochwertigem Flugbenzin aus Benzin minderer Qualität aus rumänischem Rohöl, und weiterer Anlagen zur Erzeugung von synthetischer Schmieröle, erweitert wurde.

Gegen Ende des 2. Weltkrieges wurde der Altstandort schwer beschädigt und zerstört. Ein Großteil der Anlagen wurde nach Ende des Weltkrieges unter russischer Aufsicht demontiert und abtransportiert. Lediglich die einstigen Anlagen der „DORA“ verblieben vorerst am Standort. Nachdem die „DORA“ in ihrer Baulichkeit wieder repariert wurde und zur Qualitätssteigerung um eine Crackanlage erweitert wurde, nahm diese im Jahr 1946 erneut unter sowjetischer Mineralölverwaltung ihren Betrieb auf.

Während der russischen Besatzungszeit wurde bis 1955 am Altstandort Benzin, Petroleum, Gasöl, Bitumina und Heizöl raffiniert, wobei die Kapazität mit etwa 360.000 Tonnen pro Jahr angegeben wurde. 1960 wurden die Raffinationsanlagen zur Österreichischen Mineralölverwaltung nach Schwechat überstellt und der Standort in Moosbierbaum aufgelassen. Seitdem liegt ein großer Bereich der Teilfläche brach. Im Süden befindet sich heute die Aschedeponie des kalorischen Kraftwerks.

Bereich BII – Tanklager

Der Bereich BII "Tanklager" weist eine Fläche von rd. 120.000 m² auf. Auf dieser Teilfläche wurden von Ende der 30er Jahre bis Ende der 50er Jahre am Standort hergestellten Treibstoffe sowie Rohöle in diversen Behälter und Tanks gelagert. Ebenso wie die vorangegangenen sowie die weiteren Flächen wurde auch dieser Bereich in den Jahren des  2. Weltkrieges schwer beschädigt und teilweise zerstört.

Bereich BIV  - Deponieberg

Der Bereich BIV "Deponieberg" weist eine Fläche von rd. 80.000 m² auf und wurde insbesondere im Rahmen der Errichtung des kalorischen Kraftwerks in den 80er Jahren aufgeschüttet. Im Zuge der Baufreimachung und Entminung des ehemaligen Werksgeländes wurden ober- und unterirdische Baureste abgetragen und auf dem Deponieberg gelagert. Anschließend wurde das abgelagerte Material mit dem Aushubmaterial, welches im Zuge des Baus des Kalorischen Kraftwerkes anfiel, überschüttet. Der Deponieberg wurde mit einer Humusschicht überdeckt und begrünt. Es ist nicht auszuschließen, dass rund 1.000 m³ Sand-Ölgemische mit in die Halde eingebaut wurden, weiters ist nicht auszuschließen, dass Kampfmittel mit in den Deponieberg abgelagert wurden.

Vor 1938 lag in diesem Bereich der Werksbahnhof des Industriegeländes. Nach dem 2. Weltkrieg waren in diesem Bereich diverse Brunnen situiert.

Bereich BV - derzeit genutzter Kraftwerksbereich

Der Bereich BV "derzeit genutzter Kraftwerksbereich“ weist eine Fläche von rund 400.000 m² auf, wobei den eigentlichen Bereich des heutigen Kraftwerkes (BV-I) eine Fläche von rund 150.000 m² ausmacht, von der wiederum rund 90.000 m² in zwei Teilbereichen mittels Schmalwänden (Einbindung in Stauer in 10 m Tiefe) umschlossen wurden. Den restlichen Bereich BV-II von 250.000 m² macht das Kohlelager für das Kraftwerk aus.

Im heute großteils umschlossenen Kraftwerksbereich BV-I war in den 40er und 50er Jahren zuerst eine Stickstoffanlage, folgend eine Vakuumdestillation situiert. Weiters befanden sich in diesem Bereich ein Rohölbehälter und eine Spenglerei.

Im heutigen Bereich der Kohlelager BV-II lagen vor 1938 bis Mitte der 40er Jahre Anlagen zur Herstellung von Superphosphat, Nitroglyzerin sowie Schwefelsäure. Weiters befand sich in diesem Bereich der ehemalige Lokschuppen.

Relevante ehemalige Anlagen im Bereich der heutigen Kraftwerks:

vor 1938 1938 bis 1945 1955-1958 Stand 2008 
Superphosphatanlagen, Nitroglyzerin-produktion, Schwelfelsäureanlage, Lokschuppen. Stickstoffanlage, Schwefelsäureanlage, Treibstoffbehälter, unbekanntes Objekt. Vakuumdestillation, Löschteich, Spenglerei, Labors, Treibstoffbehälter, Kraftwerk Dürnrohr, Kohlelager

Untergrundverhältnisse

Der Altstandort liegt rechts­ufrig der Donau, im Bereich des jüngeren Anteils des heutigen Donautalbodens. Bei den Sedimenten handelt es sich um lehmige, sandige, kiesige und schottrige Ablagerungen der Donau sowie des Perschlingbaches postglazialen bis jungpleistozänen Alters. Im Liegenden dieser Schotter, in einer Tiefe von etwa 10 m stehen schluffige Materialien (Schlier) tertiären Alters an, wobei diese Feinkornablagerungen als hydraulische Barriere (Grundwasser­stauer) wirken.

Die großräumige Grundwasserfließrichtung ist nach Nordost gerichtet und schwenkt nördlich des Altstandortes in Richtung Osten nahezu strömungsgleich zur Donau. Das Grundwasserfließgefälle ist gering und beträgt im Mittel ca. 1 ‰. Die Grundwassermächtigkeit beträgt im Bereich des Standortes 6 bis 8 m, im Bereich des Abstroms 5 bis 6 m bei einem Flurabstand im Süden von rund 3 m und im Norden von rund 5 bis 6 m. Der Durchlässigkeitsbeiwert der quartären Schotterüberdeckung beträgt im Mittel ca. kf = 5*10-3 m/s. Der Durchfluss des Grundwasserkörpers je Meter Breite kann mit rund 2 m³/d abgeschätzt werden. Ausgehend von der Breite des vom Altstandort betroffenen Grundwasserstroms von rd. 1.000 m ergibt sich ein Grundwasserdurchfluss in der Größenordnung von rd. 2.000 m³/d. Die Sickerwassermenge aus Niederschlägen kann für den Altstandort „Industriegelände Moosbierbaum – Teilfläche Nord“ mit einer Größenordnung von etwa 90 m³/d grob abgeschätzt werden.

Schutzgüter und Nutzungen

Im Nordbereich des Altstandortes liegt das Steinkohlekraftwerke das mit einer Dichtwand vollständig umschlossen ist. Der innenliegende Wasserspiegel wird um 1 Meter gegenüber dem Wasserspiegel außerhalb abgesenkt. Im April 2015 wurde der erste Teil des Kraftwerkes abgeschaltet, der andere Teil des Kraftwerkes befindet sich weiterhin in Betrieb. Südlich vom Kraftwerk ist das nach unten abgedichtete Kohlelager situiert. Im Südwesten grenzt an das Kohlelager der Ascheberg, an welchen sich wiederum ganz im Westen des Altstandortes der Deponieberg anschließt. Die verbleibende Fläche des Altstandortes liegt brach.

Im Norden und im Westen an den Altstandort angrenzend liegen landwirtschaftlich genutzte Flächen des wirtschaftlich bedeutenden Tullner-Feldes. Direkt nordöstlich des Industriegeländes liegt die "Thermische Abfallverwertungsanlage Zwentendorf/Dürnrohr".

Auf dem Altstandort werden bis zu 700.000 m³/a Wasser entnommen und als Kühlwasser im Kraftwerk verwendet. Weiter erfolgt eine Grundwasserspiegelabsenkung innerhalb des umschlossenen Kraftwerkbereiches (max. 10 l/s).

Ein Trink- und Nutzwasserbrunnen ("Sportplatzbrunnen") befindet sich unmittelbar im Westen des Altstandortes, für diesen wurde ein Schutzgebiet definiert. Nördlich und nordöstlich, d.h. abstromig des Altstandortes liegen diverse Feldbrunnen zur Be­wässerung der landwirtschaftlichen Flächen sowie Betriebsbrunnen der Abfallverwertungsanlage (AVN Sonde 1 = AVN Br. 1, s. Abb. 7), aus denen eine kontinuierliche Wasserentnahme erfolgt.

Das Hochwassergerinne des Perschling­baches fließt etwa 150 m östlich des Altstandortes in nördlicher Richtung. Das natürliche Gerinne des Perschlingbaches fließt etwas weiter im Osten in Richtung Donau. Der Donaustrom befindet sich etwa 2,5 km nördlich vom Altstandort entfernt. Der Altstandort liegt im Grundwasserreservoir des Tullner Beckens, das von großer wasserwirtschaftlicher Bedeutung ist.

 

UNTERSUCHUNGEN

Im Rahmen der ergänzenden Untersuchungen gemäß §13 ALSAG wurden 2000 bis 2003 folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • Entnahme von Feststoffproben aus insgesamt 20 Schürfen (13 Schürfen (BI), 7 Schürfe (BII)) und 32 Schneckenbohrungen, Frühjahr 2002

  • Untersuchung von 35 Feststoffproben aus 20 Schürfen und von 56 Feststoffproben aus 31 Schneckenbohrungen

  • Grundwasserspiegelmessungen an fünf Terminen

  • Errichtung von 23 neuen Grundwassermessstellen im Bereich des Altstandortes (5 im Grundwasseranstrom, 2 im Anstrom (Abstrom aus BIII), 4 im Bereich BI, 7 im nördlichen Grundwasserabstrom, 5 östlicher Abstrom)

    Entnahme und Untersuchung von Grundwasserproben an fünf Terminen an bis zu 8 bestehenden und den neu errichteten Grundwassermessstellen

Nach einem Kampfmittelfund im Rahmen der Schurferkundungen wurde ein Sicherheitsradius von 300 m um das Kraftwerk herum festgelegt, in dem vorerst keine direkten Aufschlusstätigkeiten mehr möglich waren. Weiters konnte die Ablagerung von Kampfmitteln im Deponieberg nicht ausgeschlossen werden. Da ebenfalls Metallschrott mit auf dem Deponieberg abgelagert wurde, war eine Kampmittelfreimessung in diesen Bereich nicht möglich. Ebenfalls wurden keine Erkundungsmaßnahmen unterhalb der Aschedeponie im Bereich BI aufgrund eines unverhältnismäßigen Aufwandes und möglicher Schäden an der Basisabdichtung durchgeführt.

Im Zeitraum von Oktober 2012 bis November 2014 wurden folgende weitere Untersuchungen gemäß §14 ALSAG durchgeführt:

  • GW-Probenahme an 5 ausgewählten Grundwassermessstellen an einem Termin

  • Kampfmittelfreimessung mittels Tiefensondierung im Bereich der weiteren Aufschlussstellen

  • Errichtung von 9 weiteren Grundwassermessstellen inkl. Feststoffprobenahme

  • Grundwasserspiegelmessungen an fünf weiteren Terminen

  • Entnahme und Untersuchung von Grundwasserproben an vier weiteren Terminen an bis zu 48 bestehenden und neu errichteten Grundwassermessstellen

  • Öl-Phasenabschöpfung an einer Messstelle

  • 24-h Pumpversuchen an 5 Messstellen im Anschluss an die 3. Grundwasserprobenahme

  • Einsatz redoxsensitiver Bänder und Passivsammler in 21 Grundwassermessstellen Messstellen sowie tiefenorientierte Grundwasserprobenahmen und Redoxpotenzialmessungen

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Der Altstandort weist eine Fläche von 850.000 m² auf und wurde seit den 20er Jahren bis 1959 als Industriestandort genutzt. Auf dem rund 22 ha großen, nordwestlichen Teilbereich des Altstandortes (Bereich BI) befanden sich eine Raffinerie sowie weitere Anlagen zur Herstellung von diversen chemischen Produkten. Im Osten des Standortes (BII) befanden sich Tanklager. Im südlichen Teilbereich des Altstandortes waren unter anderem eine Pulverfabrik, ein Düngemittelwerk und eine Schwefelsäureanlage situiert. Im Zentralbereich des Altstandortes lagen Anlagen zur Herstellung von Superphosphat, Nitroglyzerin sowie Schwefelsäure (BV-II), im Norden befanden sich eine Stickstoffanlage sowie eine Vakuumdestillation (BV-I). In den letzten beiden Kriegsjahren (1944/45) wurde das gesamte Industrieareal schwer bombardiert und beschädigt.

1986 wurde im Norden des Altstandortes auf rund 8 ha Fläche das Kohlekraftwerk Dürnrohr errichtet, welches mit einer Dichtwand umschlossen wurde. Innerhalb der Dichtwand wird seit der Umschließung der Wasserspiegel kontinuierlich gegenüber dem äußeren Wasserspiegel abgesenkt. Das zum Kraftwerk zugehörige Kohlelager liegt auf einer rund 26 ha großen, gedichteten Fläche südlich des Kraftwerkes. Im westlichen Bereich des Altstandortes wurde auf 8 ha Fläche der sogenannte Deponieberg (BIV) aus Bauresten und Bodenaushub und an diesen östlich angrenzend auf weiteren 7 ha die Aschedeponie des Kraftwerkes geschüttet. Weitere Bereiche des Altstandortes liegen brach. 2015 ging einer der zwei Kraftwerksblöcke außer Betrieb.

Im Bereich der ehemaligen Raffinerie (BI) und dem Bereich des ehemaligen Tanklagers (BII) wurden massive Kontaminationen mit Mineralölkohlenwasserstoffen festgestellt:

Bereich BI Raffinerie

Auf Grundlage aller Feststoffuntersuchungen lässt sich im Bereich BI Raffinerie eine mit Kohlenwasserstoffen stark verunreinigte Fläche (KW-Belastungen > 500 mg/kg) von rund 70.000 m² abgrenzen. Bis in eine Tiefe von 1 m unter GOK weisen die Feststoffuntersuchungen i.d.R. keine erhöhten Schadstoffgehalte auf, welches sich aus dem Abtrag der obersten Bodenschicht im Rahmen der Geländefreimachung erklärt. Die höchsten Kohlenwasserstoffkonzentrationen treten in Tiefe von 3 bis 5 m auf und liegen damit zirka auf Höhe bis 1 m unter dem Grundwasserspiegel. Öl in Phase wurde keines angetroffen. Insgesamt reicht die Kontamination mit mehreren 1.000 mg/kg bis in eine Tiefe von maximal 7 m unter GOK. Vereinzelt treten auch oberhalb von 3 m Belastungen von mehr als 500 mg/kg KW vor. Der Aufschluss GW‑04, östlich der Kontamination war organoleptisch unauffällig, so dass davon auszugehen ist, dass sich die Kontamination nicht weiter in Richtung Osten erstreckt. Weiters ist nicht davon auszugehen, dass sich die Kontamination bis unter die Aschedeponie erstreckt. Es kann abgeschätzt werden, dass der stark kontaminierte Unter­grund rd. 2,5 m mächtig ist und ca. 180.000 m³ erheblich mit Mineralölkohlenwasserstoffen kontaminiert sind. Im Zentrum dieses Bereiches wurden weiters auch die leicht erhöhten PAK(15)-Konzentrationen im Feststoffgesamtgehalt angetroffen.

Ausgehend von diesem Kontaminationsbereich hat sich eine rund 400 m breite KW-Fahne im Grundwasser ausgebildet. Aufgrund der nordöstlich der Kontamination situierten Dichtwand schnürt sich diese KW-Fahne nach 300 m Fließstrecke leicht ein. Im weiteren Fließverlauf sind in Grundwassermessstellen in rund 500 m Entfernung vom Altstandorte zumindest zeitweise noch erhöhte KWI-Konzentrationen nachweisbar. In diesem Bereich wird weiters eine deutliche Verschwenkung der KW-Fahne in Richtung Osten erkennbar. In Feldbrunnen und Messstellen, die mehr als 1.000 m in nördliche Richtung vom Altstandort entfernt sind werden keine relevanten KW-Belastungen nachgewiesen. Betreffend den Parameter PAK15 ist eine vom Kontaminationsschwerpunkt ausgehende, schmale, weniger weitreichend Fahne zu erkennen (nicht in Abb. 15 dargestellt). Direkt abstromig vom Altstandort treten aber nur noch vereinzelte Prüfwertüberschreitungen für PAK15 auf. Die Pumpversuche zeigen, dass sowohl hohe KW- und PAK15-Frachten aus dem Grundwasserabstrom entnommen werden können. Die mit dem Grundwasser abströmenden Schadstofffrachten aus dem Teilbereich BI Raffinerie sind erheblich.

Bereich BII Tanklager

Für den Bereich BII Tanklager lässt sich eine mit Mineralöl kontaminierte Fläche von rund 58.000 m² abgrenzen. Auch hier weist der oberste Meter bei annähernd allen Feststoffuntersuchungen keine erhöhten Schadstoffgehalte oberhalb des Prüfwertes der ÖNORM S2088-1 auf. Die höchsten Kohlenwasserstoffkonzentrationen treten in Tiefe von 3 bis 6 m auf und liegen damit im Grundwasserschwankungsbereich bzw. bis zu 2 Meter unter dem Grundwasserspiegel. Insgesamt liegen in dieser Tiefe die KW-Konzentrationen bei mehreren 1.000 mg/kg. Das kontaminierte Gesamtvolumen kann mit 170.000 m³ abgeschätzt werden. Im Bereich der Messstelle GW-06 liegt weiters Öl in Phase vor. Die Ausdehnung der Ölphase ist aber lokal sehr begrenzt und in ihrer Mobilität eingeschränkt. Insgesamt handelt es sich um ein Gemisch aus insbesondere modifizierten Mitteldestillaten (Diesel/Heizöl extra leicht) sowie stark entparaffinierten Schmierölen. Im Kontaminationsschwerpunkt liegen weiters leicht erhöhten PAK(15)-Konzentrationen vor.

Von diesem Kontaminationsbereich BII ausgehend hat sich eine rund 200 m breite KW-Fahne ausgebildet. Die Fahne reicht bis rund 300 m in den Grundwasserabstrom und wird durch die Betriebsbrunnen der Abfallbehandlungsanlage an einer weiteren Ausbereitung gehindert. PAK15 direkt abstromig des Altstandortes treten nur zeitweise, vereinzelt auf. Abstromig der Abfallbehandlungsanlage, d.h. mehr als 300 m abstromig des alten Tanklagers werden keine Kohlenwasserstoffe mehr im Grundwasser nachgewiesen. Die Pumpversuche zeigten, dass direkt abstromig des Kontaminationsschwerpunktes größere Mengen an KW und an PAK15 aus dem Grundwasser entnommen werden können. Die direkt vom Bereich Tanklager abströmende Fracht an gelösten Mineralölkohlenwasserstoffen ist ebenfalls erheblich.

Bereich BIV Deponieberg

Der Deponieberg als auch der Untergrund unterhalb des Deponieberges konnten nicht erkundet werden. Auf dem Deponieberg wurde oberflächig am Altstandort abgetragener Boden abgelagert. Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass Bereiche des Deponieberges mit Kohlenwasserstoffen belastet sind. Aus den oberflächennahen Feststoffuntersuchungen am restlichen Altstandort (knapp unterhalb der abgetragenen Böden) lässt sich aber annehmen, dass die rund 1 Mio. m³ Deponiegut eher geringer belastet sind. Weiters gibt es keine Hinweise, dass die KW-Kontamination im Untergrund des Bereiches BI bis weit unter den Deponieberg BIV reicht. Aufgrund der historischen Nutzung kann angenommen werden, dass die Kontamination des Untergrundes nur bis unter den nördlichem Randbereich des Deponiebergers reicht. Es ist daher davon auszugehen, dass die Fläche BIV – unterhalb des Deponieberges – nur im nördlichsten Randbereich mit erhöhten Konzentrationen an Kohlenwasserstoffen belastet ist.

Bereich BV-I Kraftwerk

Zeitweise wurden im Bereich BV-I Kraftwerk stark erhöhte KW-Konzentrationen im Grundwasser angetroffen. Ob noch größere Mengen an kontaminiertem Untergrund in diesem Bereich vorhanden sind ist nicht bekannt. Dieser Bereich ist seit dem Bau des Kraftwerkes mit einer Dichtwand umschlossen. Das Wasser innerhalb der Umschließung wird kontinuierlich abgesenkt, so dass ausgehend von diesem Teilbereich keine Schadstoffe in den Abstrom gelangen.

Bereich BV-II Kohlelager

Im direkten, südwestlichen Anstrom des Bereichs BV-II Kohlelagers liegt eine einzelne, auffällige Anstrommessstelle des Altstandortes, die immer wieder stark erhöhte Kohlenwasserstoffgehalte und erhöhte PAK16-Konzentrationen im Grundwasser aufwiese.

Auch hier beschränkt sich die Kontamination des Untergrundes auf den Grundwasserschwankungsbereich. Auf den nächsten rund 700 m Fließstrecke, d.h. unterhalb des Kohlelagers existiert keine Grundwassermessstelle. Der Abstrom des Kohlenlagers kann aber betreffend alle untersuchten Schadstoffe als unauffällig beurteilt werden. Auffällig im Bereich des Kohlelagers sind die Sulfat-Konzentrationen im Grundwasser, wobei diese im Zusammenhang mit der ehemaligen Schwefelsäureanlage zu sehen sind. Im weiteren Fließverlauf sinken diese aber wieder ab und liegen an der nördlichen Altstandortgrenze bei dem Ausgangskonzentration des Anstroms. Relevante Stoffeinträge aus der gelagerten Steinkohle sind aufgrund der vorhandenen Dichtung der Lagerflächen eher unwahrscheinlich. Es kann davon ausgegangen werden, dass aus dem Bereich des Kohlenlagers keine relevanten Schadstofffrachten abströmen.

Zusammenfassend ergibt sich, dass zwei Bereiche des Altstandortes großflächig mit Kohlenwasserstoffen verunreinigt sind. Im Bereich BI Raffinerie sind 70.000 m² (180.000 m³) und im Bereich BII Tanklager 58.000 m² (170.000 m³) erheblich mit Mineralölkohlenwasserstoffen kontaminiert. Entsprechend der großflächigen Verunreinigungen des Untergrundes ist auch das Grundwasser großflächig mit Kohlenwasserstoffen verunreinigt. Die großflächigen Verunreinigungen des Untergrundes und des Grundwasser stellen eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar.

 

PRIORITÄTENKLASSIFIKATION

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:

Schadstoffpotenzial: sehr groß (3)
Auf zwei Flächen mit insgesamt rund 128.000 m² sind rund 350.000 m³ Untergrund erheblich mit Mineralölprodukten verunreinigt. Die Mineralölverunreinigungen sind bereits biologisch stark gealtert und weisen eine mittlere bis geringe Mobilität auf. Ausgehend von der großen Ausdehnung der Verunreinigungen und den stofflichen Eigenschaften der festgestellten Verunreinigungen ergibt sich ein sehr großes Schadstoffpotenzial.  

Ausbreitung der Schadstoffe: ausgedehnt (3)
Die mit dem Grundwasser transportierte Fracht an gelösten Kohlenwasserstoffen ist aus beiden Bereichen erheblich. Die KW-Schadstofffahne aus dem Bereich BI Raffinerie ist länger als 500 m, die KW-Fahne aus dem Bereich BII Tanklager kann ebenfalls mit mindestens 300 m angegeben werden. Eine wesentliche Veränderung der Schadstoffausbreitung (Fracht und Fahnenlänge) ist nicht zu erwarten. Entsprechend der erheblichen Frachten im Grundwasser und der sehr langen Schadstofffahne ist die Schadstoffausbreitung insgesamt als ausgedehnt zu bewerten. 

Bedeutung des Schutzgutes: gut nutzbar (2)
Der Altstandort befindet sich in einem Grundwasserkörper mit großem Dargebot und ist quantitativ gut nutzbar. In mehr als 500 m Entfernung zum Altstandort befinden sich diverse Feldbrunnen zu landwirtschaftlichen Bewässerungszwecken.

Ergebnis
Entsprechend der Beurteilung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien ergibt sich für den Altstandort die Prioritätenklasse 2.

 

Datum der Texterstellung:     Oktober 2017