Altlast N101: Chemische Reinigung Irei Hollabrunn*

Auf dem Altstandort „Chemische Reinigung Irei Hollabrunn“, der eine Fläche von rd. 200 m² aufweist, wurde im Zeitraum von etwa 1955 bis 1997 eine chemische Reinigung betrieben. In der chemischen Reinigung kam Tetrachlorethen als Reinigungsmittel zum Einsatz.

Gemäß den Ergebnissen der durchgeführten Bodenluft-, Feststoff- und Grundwasseruntersuchungen ist im Bereich des Altstandortes eine Untergrundverunreinigung durch CKW bzw. Tetrachlorethen vorhanden. Es ist von einem kleinräumigen Schadensherd mit lokal sehr hohem CKW-Gehalt in der ungesättigten Zone auszugehen, der zumindest bis in den Grundwasserschwankungsbereich reicht. Ausgehend vom Schadensherd hat sich eine CKW- bzw. Tetrachlorethen-Fahne ausgebildet, deren Länge mit 400-500 m abgeschätzt wird. Die Emissionen aus dem Bereich der Untergrundverunreinigung sind als erheblich zu beurteilen. Entsprechend den Kriterien für die Prioritätenklassifizierung ergibt sich die Priorität 3.

* Die Verdachtsfläche "Chemische Reinigung Irei Hollabrunn" wurde vorab in das Altlastenverzeichnis aufgenommen. Eine rechtsverbindliche Ausweisung in der Altlastenatlasverordnung wird erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Hollabrunn,
Hollabrunn,
Hollabrunn,
.139
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: chemische Reinigung
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 180 m²
Schadstoff(e) Organische Lösungsmittel (leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe)

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten

Der Altstandort „Chemische Reinigung Irei Hollabrunn“ befindet sich in zentraler Lage im Stadtgebiet von Hollabrunn etwa 250 südlich des Hauptplatzes und umfasst eine Fläche von rd. 200 m².

Auf dem Standort wurde im Zeitraum von etwa 1955 bis 1997 eine chemische Reinigung betrieben. Zur Textilreinigung wurde Tetrachlorethen (PER) eingesetzt. Über die maschinelle Ausstattung des Betriebs (Reinigungsmaschinen, Aktivkohlefilter, Destillationseinheit etc.), die Lagerung von PER und PER-haltigen Abfällen (z.B. Destillationsschlämme, Textilfasern) liegen keine Informationen vor.

Die betrieblichen Abwässer (Kühlwasser, Kontaktwasser) wurden vermutlich entsprechend der damals üblichen Praxis ungereinigt in die öffentliche Kanalisation eingeleitet, die westlich unter der Pfarrgasse verläuft.

Die historische Nutzung des Standorts und die Lage der relevanten Betriebsanlagen ist in folgender Abbildung ersichtlich. Der Gebäudebestand ist nicht unterkellert, liegt aber ostwärts teilweise unter Terrain.

Untergrundverhältnisse

Das Gelände des Altstandortes befindet sich auf ca. 225 m ü. A. und ist in den nach Osten ansteigenden Hang gebaut. Der Altstandort ist vollständig bebaut bzw. versiegelt.

Der Standort befindet sich in der Molassezone im Übergangsbereich tertiärer Ablagerungen von Löss, Lehm oder Sand zur quartären Talfüllung des Göllersbachs. Unter der Oberflächenbefestigung sind lokal mineralische Anschüttungen mit Mächtigkeit bis 2,5 m vorhanden. Darunter folgt der natürliche Untergrund bis zumindest 20 m Tiefe als Wechsellagerung von grobkörnigen Sedimenten (kiesiger Mittel- bis Grobsand) und geringmächtigen Schluff- und feinsandigen Tonschichten. Die grobkörnigen Sedimente stellen den Porengrundwasserleiter dar. Nördlich und vermutlich östlich des Altstandorts wird der natürliche Untergrund ab ca. 6,5 m unter GOK durchgehend aus Feinsand, Schluff und Ton aufgebaut.

Der Flurabstand im Nahbereich des Standorts beträgt 7-10 m, wobei sich der Standort im östlichen Randbereich grundwasserführender Schichten befinden dürfte. Die lokale Grundwasserfließrichtung ist nach Südost bis Südsüdwest gerichtet. Die hydraulische Durchlässigkeit (kf-Wert) der grundwasserführenden Schichten wird in der Größenordnung von 3·10-4 m/s im Nahbereich des Standorts und von 1·10-3 m/s weiter südlich und westlich abgeschätzt. Bei einem mittleren Grundwassergefälle von <0,1 % ist der spezifische Grundwasserdurchfluss als gering einzuschätzen.

Das Niederschlagswasser wird von den Gebäudeflächen in die Ortskanalisation abgeleitet (Dachwässer). Versickerungen von Niederschlagswasser finden in den Grünflächen nördlich und südlich des Standorts statt. Die Sickerwassermenge bzw. Grundwasserneubildungsrate sind aufgrund der regionalen meteorologischen Verhältnisse als gering einzuschätzen.

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Schutzgüter und Nutzungen

Der Altstandort wird nach einem, vor wenigen Jahren erfolgten Umbau und Gebäudeerweiterungen weiterhin als Wohn- und Geschäftshaus mit Büroräumen genutzt. Umliegend befinden sich entsprechend der innerstädtischen Lage weitere Wohn- und Geschäftshäuser, Verkehrs- und Grünflächen sowie Gärten. Die Nutzung des Standorts und der Umgebung im Jahr 2021 geht aus dem Luftbild in nebenstehender Abbildung hervor.

Der Standort liegt im Grundwasserkörper „Weinviertel“ (GK 100095) und befindet sich in keinem Grundwasserschutz- oder Grundwasserschongebiet.

Im Umfeld des Altstandorts bis 500 m Entfernung sind einzelne Brunnen und Quellfassungen zur Nutzwasserversorgung vorhanden. Eine Trinkwassernutzung ist nordöstlich in ca. 350 m Entfernung vorhanden. Etwa 1,2 km südlich des Standorts befindet sich die städtische Trinkwasserversorgungsanlage mit mehreren Förderbrunnen und einem umgebenden Schutzgebiet.

Etwa 300 m westlich fließt der Göllersbach in südliche Richtung. Der Altstandort befindet sich außerhalb des Überschwemmungsbereiches des Göllersbaches (HQ300).

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Auf dem Altstandort „Chemische Reinigung Irei Hollabrunn“, der eine Fläche von rd. 200 m² aufweist und vollständig bebaut bzw. versiegelt ist, wurde im Zeitraum von etwa 1955 bis 1997 eine chemische Reinigung betrieben. In der chemischen Reinigung kam Tetrachlorethen als Reinigungsmittel zum Einsatz. Die Abwässer der chemischen Reinigung (Kühlwasser, Kontaktwasser) wurden vermutlich ohne Vorbehandlung in die Kanalisation eingeleitet. Hinweise auf eine Lagerung und Verwendung von Mineralölprodukten in relevanten Mengen liegen nicht vor.

Die Ergebnisse von Bodenluftuntersuchungen an temporären und stationären Messstellen zeigen im Nahbereich des ehemaligen Maschinenraums, in dem die Reinigungsanlagen aufgestellt waren, erhöhte Gehalte an leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW), die den Prüfwert der ÖNORM S 2088-1 für Tetrachlorethen von 2 mg/m³ bis zum 10-fachen überschreiten. In stichprobenartig untersuchten Feststoffproben sind CKW nicht nachweisbar. Die im Rahmen von Bodenluftabsaugversuchen abgesaugte CKW-Menge (CKW-Fracht) liegt in einer Größenordnung von 20 Gramm pro Tag und wäre grundsätzlich als nicht erheblich zu beurteilen. Aufgrund der Lage der Messstellen außerhalb des Gebäudes weisen die Untersuchungsergebnisse in Bodenluft und Feststoff allerdings auf erhebliche CKW-Verunreinigungen des Untergrunds unter dem Gebäude hin (Schadensherd). Die Lage und Geometrie des Schadensherdes innerhalb des Altstandortes ist nicht genau bekannt. Es ist von einem kleinräumigen Schadensherd mit lokal sehr hohem CKW-Gehalt in der ungesättigten Zone auszugehen, der zumindest bis in den Grundwasserschwankungsbereich reicht.

Der natürliche Untergrund weist aufgrund seiner überwiegend grobkörnigen Zusammensetzung mit geringem Gehalt an organischer Substanz nur ein vergleichsweise geringes Schadstoffrückhaltevermögen auf. Dementsprechend sind im Grundwasser im unmittelbaren Abstrom des Altstandorts bzw. Schadensherdes hohe CKW-Konzentrationen bis zum 90-fachen des Prüfwerts für Tetrachlorethen festzustellen. Ausgehend vom Schadensherd hat sich, der Grundwasserfließrichtung folgend, nach Süden eine CKW- bzw. Tetrachlorethen-Fahne ausgebildet, deren Länge mit 400-500 m abgeschätzt wird. Ein mikrobieller Abbau von Tetrachlorethen zu Trichlorethen und cis-Dichlorethen findet unter den vorherrschenden schwach oxidierenden Milieu-Bedingungen nur in geringem Ausmaß statt. Die vom Altstandort unter natürlichen Fließbedingungen abströmende Tetrachlorethen-Fracht wird aufgrund der Grundwasseruntersuchungen an mehreren Terminen und der Pumpversuche mit zumindest 5 Gramm pro Tag abgeschätzt und ist als erheblich zu beurteilen. Eine Gefährdung der bestehenden Grundwassernutzungen zur Nutzwasser- und Trinkwasserversorgung im weiteren Abstrom ist nicht gegeben.

 

In nördlicher Richtung bis 250 m Entfernung befinden sich weitere Altstandorte: 2 Bauunternehmen, eine Tischlerei und eine Spedition sowie eine Getränkeproduktion, eine Tankstelle, eine Kfz-Werkstatt und eine Schlosserei. Bei diesen Altstandorten ist ein relevanter Beitrag zur festgestellten CKW-Verunreinigung nicht anzunehmen. Hinweise auf erhebliche CKW-Vorbelastungen im Anstrom zum Altstandort liegen aufgrund der durchgeführten Grundwasseruntersuchungen nicht vor.

Die im Bereich des Altstandortes festgestellten Prüfwertüberschreitungen durch Magnesium, Natrium, Kalium, Nitrat, Sulfat und Chlorid sind nicht auf den Altstandort zurückzuführen, sondern auf geogene oder anthropogene Einflüsse zurückzuführen (z.B. Düngemittel, Straßensalz).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass im Bereich des Altstandortes „Chemische Reinigung Irei Hollabrunn“ eine Untergrundverunreinigung durch CKW bzw. Tetrachlorethen vorhanden ist. Es ist von einem kleinräumigen Schadensherd mit lokal sehr hohem CKW-Gehalt in der ungesättigten Zone auszugehen, der zumindest bis in den Grundwasserschwankungsbereich reicht. Ausgehend vom Schadensherd hat sich eine CKW- bzw. Tetrachlorethen-Fahne ausgebildet, deren Länge mit 400-500 m abgeschätzt wird. Die Emissionen aus dem Bereich der Untergrundverunreinigung sind als erheblich zu beurteilen.

 

PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:

Schadstoffpotenzial: groß

Aufgrund der Untersuchungsergebnisse und der Grundwasserbelastung durch CKW bzw. vorwiegend Tetrachlorethen ist im Bereich des Altstandortes von einer kleinräumigen Untergrundverunreinigung mit hoher Quellstärke auszugehen. Das Volumen des erheblich verunreinigten Untergrundbereiches kann mit <1.000 m³ abgeschätzt werden und ist als klein einzustufen. CKW zeigen generell eine hohe Mobilität, und das im Untergrund vorhandene Tetrachlorethen ist als sehr schädlich einzustufen. 

Schadstoffausbreitung: begrenzt

Ausgehend vom Schadensherd findet ein Schadstofftransport im Porengrundwasser statt. Die mit dem Grundwasser transportierten Schadstofffrachten sind als erheblich zu beurteilen. Die Länge der Schadstofffahne wird mit 400 m bis 500 m abgeschätzt. Aufgrund des mehrere Jahrzehnte zurückliegenden CKW-Eintrags in den Untergrund ist unter gleichbleibenden Standort- und Nutzungsbedingungen keine weitere Ausdehnung der Schadstofffahne zu erwarten. Langfristig ist von einem Rückgang der Fahnenlänge auszugehen.

Schutzgut: nutzbar

Der Altstandort befindet sich in keinem wasserwirtschaftlich besonders geschützten Gebiet. Im Umfeld des Altstandortes bestehen einzelne Brunnen zur Nutzwasserversorgung. Die städtische Trinkwasserversorgung befindet sich etwa 1,2 km abstromig und ist von den Grundwasserverunreinigungen nicht betroffen. Das Grundwasserdargebot ist als mäßig zu beurteilen und weist eine geringe anthropogene Vorbelastung auf. Aufgrund der bestehenden zentralen Trinkwasserversorgung der Stadt ist nicht von einem hohen Nutzungsinteresse des von Verunreinigungen betroffenen Grundwasservorkommens auszugehen.

Vorschlag Prioritätenklasse: 3

Entsprechend der Beurteilung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien ergibt sich für den Altstandort die Prioritätenklasse 3.

 

Datum der Texterstellung: Oktober 2023

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