Ausgehend von den Untergrundverunreinigungen hat sich im Grundwasser eine begrenzte Schadstofffahne mit Mineralölkohlenwasserstoffen ausgebildet, die abströmenden Schadstofffrachten sind gering.
Seit Anfang 2016 werden zur Dekontamination der Altlast aus Brunnen Grundwasser entnommen und nach Reinigung wiederversickert, das auf dem Grundwasser aufschwimmende Öl abgeschöpft und der Untergrund mit Wasser gespült. Zusätzlich werden Maßnahmen zum biologischen Abbau der Mineralölkohlenwasserstoffe durchgeführt. Mittels Kontrolluntersuchungen wurde nachgewiesen, dass durch den Betrieb der Brunnen keine Schadstoffausbreitung in den Grundwasserabstrom mehr stattfindet.
Bezirk:
Gemeinde: Katastralgemeinde: Grundstücksnummern: |
Wien 2.,Leopoldstadt,
Wien, Leopoldstadt, 1502/3, 1502/54 |
Lage der Altlast : | Altlast im GIS anzeigen |
Art der Fläche: | Altstandort |
Branche: | Bahnhof |
Ergebnis Beurteilung: | erhebliche Kontamination |
Fläche Altlast (m²): | 8.900 m² |
Schadstoff(e) | Mineralölkohlenwasserstoffe (Diesel/Heizöl)
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Datum Eintrag Altlastenatlas: | 01.01.2012 |
Datum der Prioritätenfestlegung: | 01.01.2012 |
Priorität: | 3 |
Datum Ausweisung gesichert: | 01.12.2020 |
Status Maßnahme: | abgeschlossen |
Art der Maßnahme: | Sicherung |
Sanierungsverfahren: | Hydraulische Maßnahmen (Phasenabschöpfung (LNAPL), pump & treat (GW-Sanierung)), Mikrobiologische Dekontamination (Biosparging) |
BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE
Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten
Der Altstandort „Frachtenbahnhof Praterstern“ befindet sich im 2. Bezirk von Wien nördlich des Pratersterns. Der Altstandort wird im Westen von der Nordbahnstrasse, im Norden von der Innstraße, im Osten von der Vorgartenstraße und im Süden von der Lasallestraße abgegrenzt. Die Fläche des gesamten Altstandortes beträgt insgesamt rund 820.000 m².
Im Jahr 1838 wurde die Kaiser-Ferdinand-Nordbahn mit einem Personenbahnhof errichtet. Etwa 1860 wurde der Bahnhof erweitert und es wurden auch vermehrt Güter (vor allem Kohle, landwirtschaftliche Produkte und Holz sowie diverse Industriegüter) am Areal des Frachtenbahnhofs umgeschlagen. Etwa 1865 wies der Bahnhofbereich schon seine maximale Ausdehnung auf. Es entstanden große Lagerhäuser sowie auch freie Lagerflächen, Werkstätten und diverse Produktionsbetriebe. Während des 2. Weltkriegs wurde das gesamte Areal des Frachtenbahnhofs durch Bombentreffer nahezu vollständig zerstört. Nach 1945 bis etwa 1990 wurde das Areal durch eine große und häufig wechselnde Zahl an Betrieben genutzt.
Am westlichen Rand des Frachtenbahnhofes existierte von etwa 1900 bis 2000 eine Werkstätte für Lokomotiven. Im Bereich der Werkstätte waren auch mehrere Jahrzehnte lang oberirdische Öltanks situiert, die genaue Lage sowie Art und Menge der umgeschlagenen Produkte sind großteils nicht mehr bekannt. Die Fläche des Altstandortes wird mit 8.000 m² angenommen.
Untergrundverhältnisse
Der Altstandort „Frachtenbahnhof Praterstern“ befindet sich im Wiener Becken auf einer Geländehöhe von ca. 160 bis 162 m.ü.A. Die Talfüllung des Wiener Beckens wird generell aus verschieden mächtigen quartären Sedimenten aufgebaut. Die quartären Sedimente bestehen überwiegend aus sandigen Kiesen, welche unterschiedlich hohe Feinkornanteile aufweisen können. Unterhalb der quartären Sedimente besteht der Untergrund aus tertiären Sedimenten. Der Untergrund im Bereich des Petroleumhofs wird im Wesentlichen wie folgt aufgebaut:
- großteils Anschüttungen bestehend aus Kiesen und Sanden mit teilweise Beimengungen an Gleisschotter, Kohlen, Schlacken und Bauschutt (bis max. 10 m unter GOK, im Mittel rund 5 m unter GOK)
- quartäre sandige Kiese (ca. 5 bis 13,5 m mächtig, im Mittel rund 7,5 m), teilweise Einschaltungen von Feinsandlinsen
- tertiäre Schluffe, teilweise tonig oder sandig, ab 10 bis 15,5 m unter GOK (im Mittel rund 13,5 m unter GOK)
Die quartären Sedimente bilden den ersten Grundwasserleiter. Die Durchlässigkeit (kf-Wert) des ersten Grundwasserleiters beträgt ca. 10-3 bis 5x10-3 m/s, der aktuelle Flurabstand des Grundwassers liegt bei rund 5,3 bis 8,9 m (im Mittel rund 8 m) unter Gelände. Die Grundwasserströmung ist etwa Richtung Südost gerichtet, in Abhängigkeit der Wasserführung der Donau sind Verschwenkungen Richtung Süd möglich. Das Grundwasserspiegelgefälle im Umfeld des Altstandortes beträgt ca. 0,4 bis 0,8 ‰. Der spezifische Grundwasserdurchfluss im Bereich des Altstandortes liegt bei rund 0,5 bis 1,5 m³/m,d.
Schutzgüter und Nutzungen
Der Altstandort „Frachtenbahnhof Praterstern – Bereich Werkstätte“ wird aktuell nicht genutzt im östlichen Teil befinden sich darauf in Betrieb befindliche Gleisanlagen (Schnellbahnlinie). Westlich angrenzend befindet sich Stadtgebiet, das östlich angrenzende Gebiet liegt soll zukünftig mit Wohnbauten bebaut werden.
Im direkten Abstrom befindet sich ein Nutzwasserbrunnen der ÖBB, rund 500 bis 600 m abstromig befinden sich vier Nutzwasserbrunnen die vorrangig für Bewässerungen verwendet werden. Grundwasserentnahmen zu Trinkwasserzwecken sind im Abstrom nicht bekannt.
GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG
Ein Teilbereich des ehemaligen Frachtenbahnhofs Praterstern wurde von etwa 1900 bis 2000 als Werkstätte für Lokomotiven genutzt. In diesem Bereich sowie im näheren Umfeld waren auch mehrere Jahrzehnte lang oberirdische Öltanks situiert, die genaue Lage sowie Art und Menge der umgeschlagenen Produkte sind nicht mehr bekannt.
Im Laufe des rund 100-jährigen Betriebs als Werkstätte sowie durch Umschlag von Mineralölprodukten in oberirdischen Öltanks im Umfeld der Werkstättenhalle kam es durch jahrelange Manipulations- und Produktionsverluste sowie möglicherweise auch durch Kriegsschäden zu massiven Verunreinigungen des Untergrundes mit Mineralölen.
Auf Basis der Erkundungen ist von einer Haupteintragsstelle und südlich davon einer zweiten Eintragsstelle auszugehen. In beiden Fällen handelt es sich entsprechend den Chromatogrammen um bereits deutlich gealterte Mitteldestillate im Bereich C9 bis C24 (vermutlich Diesel oder Heizöl, lokal wurden auch Anteile an höhersiedenden Anteilen, z.B Schmieröle nachgewiesen).
Im ungesättigten Untergrund lagen in den oberen Schichten von 0 bis 4 m unter GOK auf rund 1.500 m² und im Tiefenbereich von rund 4 bis 8 m unter GOK auf rund 3.500 m² MKW-belastete Untergrundbereiche vor. Entsprechend den Eigenschaften von Mineralöl hatte sich die Kontamination im Grundwasserschwankungsbereich ausgebreitet, die Ausdehnung konnte mit rund 8.000 m² abgeschätzt werden. Vertikal konnten die Verunreinigungen mit maximal rund 4 m unter dem mittleren Grundwasserspiegel abgegrenzt werden. Insgesamt ergab sich auf einer Fläche von rund 9.000 m² ein erheblich belasteter Bereich (Konzentrationen KW-Index > 1.000 mg/kg) von rund 30.000 bis 35.000 m³.
Die Grundwasseruntersuchungen ergaben, dass im Bereich des Altstandortes eine Grundwasserverunreinigung mit Mineralölkohlenwasserstoffen vorlag, aromatische Kohlenwasserstoffe und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe wurden nur in geringen Gehalten nachgewiesen. Im Bereich des Altstandortes wurde zum Teil eine geringmächtige aufschwimmende Ölphase (Ölfilm) festgestellt, eine zusammenhängende aufschwimmende Öllinse war aber nicht vorhanden. Sowohl der aufschwimmende Ölfilm als auch die gelösten Kohlenwasserstoffe bestanden gemäß Auswertung der Analysen aus Mitteldestillaten im Bereich C9 bis C24 (Diesel, Heizöl), höhersiedende Anteile wurden nur vereinzelt in untergeordnetem Ausmaß nachgewiesen. Analog den Belastungen im Feststoff handelte es sich um bereits deutlich gealterte Mitteldestillate. Im Hauptschadensbereich lagen gelöste Kohlenwasserstoffe im Bereich von rund 1 bis 2 mg/l vor, die Schadstofffracht im Grundwasser konnte mit rund 70 g/d abgeschätzt werden.
Im Grundwasserabstrom der kontaminierten Bereiche wurden Kohlenwasserstoffe nur in Spuren nachgewiesen. Im direkten Grundwasserabstrom (Al 2.11/13, rund 30 m abströmig des belasteten Bereichs) lagen bei insgesamt vier Untersuchungsdurchgängen Kohlenwasserstoffe in den Schöpfproben zweimal und in den Pumpproben dreimal unter der Bestimmungsgrenze. Die höchsten Gehalte wurden mit 0,1 mg/l in der Schöpfprobe und 0,06 mg/l in der Pumpprobe festgestellt. Entsprechend den geringen Kohlenwasserstoffgehalten ergeben sich im Abstrom des Altstandortes sehr geringe Schadstofffrachten unter 2 g/d.
Das Grundwasser war bereits im Anstrom sehr sauerstoffarm (max. 0,7 mg/l), im Bereich des Standortes sowie im Abstrom war daher keine eindeutige Sauerstoffzehrung erkennbar. Im Bereich des Altstandortes sowie im Grundwasserabstrom kam es zu einer Reduktion von Nitrat und Sulfat bei einer tendenziellen Zunahme von Nitrit sowie im Bereich der Kontaminationen auch von Ammonium. Aufgrund der grundsätzlichen guten aeroben Abbaubarkeit der Kohlenwasserstoffkontaminationen und der Änderung des Grundwasserchemismus konnte davon ausgegangen werden, dass die gelösten Mineralölkohlenwasserstoffe unter nitrat- und sulfatreduzierenden Bedingungen abgebaut wurden. Auch die Zunahme der Gesamtkeimzahl im Laufe der Säulenversuche aus dem Bereich des Altstandortes konnte als Hinweis auf das Vorhandensein von kohlenwasserstoffabbauenden Mikroorganismen gewertet werden.
Entsprechend den Messergebnissen und der vorhandenen biologischen Abbautätigkeit konnte die Schadstofffahne (Anteil gelöste KW > PW gem. ÖNORM S 2088-1) mit rund 20 bis 40 m abgeschätzt werden.
Zusammenfassend zeigen die Untersuchungsergebnisse, dass am Altstandort „Frachtenbahnhof Praterstern – Bereich Werkstätte“ rund 30.000 bis 35.000 m³ Untergrund auf einer Fläche von ca. 9.000 m² erheblich mit Mineralöl im mittleren Siedebereich verunreinigt waren. Die Untergrundverunreinigungen verursachten eine Grundwasserverunreinigung, die Schadstoffausbreitung war aufgrund der Stoffeigenschaften sowie des natürlichen Rückhaltes und der Abbauvorgänge gering. Entsprechend der im Untergrund vorhandenen Schadstoffmenge sowie der Eigenschaften und des Alters der Schadstoffe war davon auszugehen, dass sich kurz- bis mittelfristig weder die Schadstoffkonzentrationen noch die Schadstofffrachten im Grundwasser signifikant verändern werden.
SANIERUNGSMAßNAHMEN
Die Sanierungsmaßnahmen bestehen aus Maßnahmen zur mechanischen und biologischen Reinigung des Untergrundes sowie den Betrieb von Brunnen, die eine Ausbreitung von verunreinigtem Grundwasser verhindern sollen. Zur mechanischen Reinigung wird die ungesättigte Bodenzone durch Versickerung von Wasser (Bodenspülung) gereinigt sowie aufschwimmende Ölphase abgeschöpft. Die biologische Reinigung erfolgt durch Belüftung der gesättigten Bodenzone (Biosparging) und Absaugung der ungesättigten Zone (Bioventing).
Vor Beginn der Sanierung wurden folgende Vorversuche durchgeführt:
- Durchführung eines Belüftungsversuches im Zeitraum zwischen Februar bis April 2015 (Errichtung von 2 Belüftungspegel und 4 Monitoringpegel)
- Langzeitpumpversuche in den GW-Messstellen Al 2.11/9, Al 2.11/12 und KB 22
- Bodenspülversuch auf einem 25 m² großen Testfeld im Zeitraum von April bis Juni 2015
- Belüftungsversuch in der ungesättigten Bodenzone an 4 neu errichteten Bodenluftsonden im Zeitraum von Mai bis Juli 2015
- Durchführung eines Versickerungsversuches am neu errichteten Versickerungsbrunnen VBR 1 im Zeitraum Juli bis August 2015
Seit Herbst 2015 werden folgende Maßnahmen durchgeführt:
- Inbetriebnahme der Grundwasserentnahme und Reinigung (Testbetrieb ab September 2015, Regelbetrieb seit Ende Jänner 2016)
- Bodenspülung und Ölphasenabschöpfung (Testbetrieb ab Oktober 2015, Regelbetrieb seit Jänner 2016)
- Bodenluftabsaugung (Bioventing) ab Juni 2016 und Belüftung (Biosparging) ab Ende Oktober 2016
Beurteilung der Maßnahmen
Durch die Ölphasenabschöpfung wurde die Schadstoffmenge im Bereich der Altlast reduziert. Es ist anzunehmen, dass ein Großteil der entfernten Mineralölkohlenwasserstoffe durch die Bodenspülung aus der ungesättigten Bodenzone stammt. Das Ausmaß der Reduktion der Kohlenwasserstoffe im Grundwasserschwankungsbereich und im gesättigten Bereich kann derzeit noch nicht beurteilt werden. Durch den Betrieb der insgesamt 7 Entnahmebrunnen liegt seit Beginn der Sanierungsmaßnahmen der kontaminierte Bereich innerhalb des Einzugsbereiches der Brunnen, ein Abströmen von kontaminiertem Grundwasser wird dadurch wirksam verhindert. Durch Kontrolluntersuchungen an insgesamt drei Grundwassermessstellen im Abstrom wurde nachgewiesen, dass keine Ausbreitung von Kohlenwasserstoffen aus dem Bereich der Altlast mehr stattfindet.
Datum der Texterstellung: Mai 2020