Im Rahmen der Neubebauung des Altstandortes wurde die Untergrundverunreinigung vorwiegend durch Aushubmaßnahmen zu einem sehr geringen Teil reduziert. Die Ergebnisse aktueller Untersuchungen zeigen weiterhin massive, tiefreichende Verunreinigungen der gesättigten Zone bis in rund 55 m Tiefe im gesamten Bereich des Altstandortes. Der erheblich verunreinigte Untergrundbereich kann auf mehr als 100.000 m³ abgeschätzt werden. Es hat sich eine mehr als 500 m lange CKW-Fahne im Grundwasser ausgebildet. Die mit dem Grundwasser abströmende CKW-Fracht ist groß. Es ist davon auszugehen, dass die CKW-Konzentrationen und CKW-Frachten nur langsam abnehmen und es noch langfristig zu einem großen Austrag von CKW kommt. Entsprechend den Kriterien für die Prioritätenklassifizierung ergibt sich die Prioritätenklasse 2.
Bezirk:
Gemeinde: Katastralgemeinde: Grundstücksnummern: |
Wien 14.,Penzing,
Wien, Breitensee, 423/3 |
Lage der Altlast : | Altlast im GIS anzeigen |
Art der Fläche: | Altstandort |
Branche: | chemische Reinigung,
Lederreinigung |
Ergebnis Beurteilung: | erhebliche Kontamination |
Fläche Altlast (m²): | 6.900 m² |
Volumen Altlast (m³): | 100.000 m³ |
Schadstoff(e) | Organische Lösungsmittel (leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe)
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Datum Eintrag Altlastenatlas: | 01.06.2005 |
Datum der Prioritätenfestlegung: | 15.07.2020 |
Priorität: | 2 |
BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE
Der ehemalige Betriebsstandort der MEWA Textil-Service befindet sich im 14. Wiener Gemeindebezirk Penzing innerhalb eines dicht verbauten, gemischten Siedlungsgebietes und umfasst eine Fläche von rund 6.900 m². Das Areal wird von der Hütteldorfer Straße im Süden, der Ameisbachzeile im Westen und der Heinrich-Collin-Straße im Norden begrenzt und liegt am Südhang des Wientales.
Zu Beginn der betrieblichen Nutzung 1906 wurde der Standort als Gummiwerk genutzt (Österreichisch Amerikanische Gummiwerke). Ab 1929 begann die Helo Chemischputzerei und Färberei GmbH am Standort mit der Reinigung von Textilien unter Einsatz von Trichlorethen (TCE). 1932 wurde am Altstandort die Feinwaschanstalt Habsburg GmbH und ab 1937 zusätzlich die Dandy Chemischputzerei und Färberei A. Flack betrieben, die in den Kriegsjahre zusammengelegt wurden. Weiters wurde im Jahr 1935 die Vereinigte Wäscherei AG gegründet. 1955 erfolgte die Umwandlung in die Vereinigten Wäscherein Guedes KG. Ebenfalls 1955 wurde mit der Reinigung mit Tetrachlorethen (PCE) begonnen.
Aus einem historischen Lageplan von 1957 ist ersichtlich, dass die chemische Abteilung der Putzerei an der südöstlichen Seite des Altstandortes, an der Hütteldorfer Straße situiert war. Auf weiteren historischen Plänen ist erkennbar, dass sich sowohl die Färberei als auch die chemische Reinigung im Kellergeschoss befanden und sich östlich der chemischen Reinigung noch eine "White Spirit Anlage" (Benzinreinigung) befunden hat. Im Obergeschoss darüber lag eine Teppichabteilung mit einer chemischen Nassreinigung. Eine Wäscherei lag im nördlichen Gebäudeteil. Im westlichen Gebäudeteil befanden sich Büros. Das Kesselhaus war im Osten situiert. Im nördlichen Bereich des Innenhofes befanden sich Behälter für Benzin und eine Zapfsäule. Die Lage des Abwasserkanals ist nicht bekannt.
1970 wurde die Vereinigten Wäscherein Guedes KG aufgelöst und die Vereinigten Wäscherein Wien Ges.m.b.H. am Standort neu gegründet. Im Jahr 1971 mietete sich die Pussy Cat Lederreinigung GmbH in die Räumlichkeiten ein. 1977 wurde der gesamte Standort übernommen und unter dem Namen MEWA Textil-Service GmbH bzw. MEWA Textil-Mietservice Habsburg Wien GmbH weitergeführt. Im Jahre 1992 wurde die chemische Reinigung mit leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW) eingestellt. Der Wäschereibetrieb wurde noch bis in das Jahr 1996 aufrechterhalten.
Bereits 1979 wurde eine massive Verunreinigung des Grundwassers mit CKW festgestellt. Im gleichen Jahr wurde festgestellt, dass im Bereich der chemischen Reinigung Fässer mit PCE haltigem "Fri-Olan" gelagert wurden und ein großer Lagerbehälter für PCE in nächster Nähe zu einem Brunnen (BR3) stand. 1988 wurde bekannt, dass im Hof Fässer mit CKW-haltigen Schlämmen gelagert wurden und ein 1 bis 2 m³ Stahlbehälter mit frischem PCE ohne Auffangwanne im Freien aufgestellt war.
Ende der 1980er Jahre wurde auch eine Verunreinigung des Untergrundes und der Bodenluft festgestellt. In Folge dessen wurde ab 1989 im Bereich der chemischen Reinigung und der angrenzenden Lagerräume eine Bodenluftabsauganlage betrieben. Bis 1996 wurde die Bodenluft an insgesamt zehn Stellen mittels 6 m tiefen Absaugpegeln abgesaugt. Insgesamt wurden über diesen Zeitraum 4,5 Tonnen CKW (primär PCE) aus der ungesättigten Bodenzone entfernt.
Aus dem Jahr 1990 ist ein Betriebsunfall bekannt, bei dem aus der im Obergeschoss des Betriebsgebäudes untergebrachten chemischen Reinigung ca. 300 l Tetrachlorethen ausgetreten sind, die in weiterer Folge durch die Feuerwehr gefasst und entsorgt wurden.
1997 und 1998 wurde der Altstandort mit einer Wohnhausanlage überbaut und vollständig mit einer Garage unterkellert. Im Rahmen der Bebauung wurde im Bereich des damals erkundeten Schadens (Bereich der ehemaligen chemischen Reinigungsanlagen) der CKW-verunreinigte Untergrund sechs bis neun Meter unter GOK entfernt. Die in diesem Bereich errichteten Kellerräume und Wohnbauten wurden mittels einer aluminiumbeschichteten PE-Folie auf rund 35 x 15 m gegen den CKW-kontaminierten Untergrund abgedichtet und darunter ein horizontales Bodenluftabsaugsystem installiert, dass aber nie in Betrieb genommen wurde.
Ebenfalls 1997 wurden auf dem Areal 8 Bohrungen (B) abgeteuft und 7 davon zu Sanierungs-brunnen (B2 - B8) ausgebaut. 1998 wurden 2 weitere Brunnen (B9 im Abstrom und B10 im Anstrom) ergänzt. In Ergänzung dazu wurde eine GW-Sanierungsanlage zur Aufbereitung der über die Brunnen geförderten CKW-haltigen Wässer installiert. Ab November 1998 wurde nur noch aus B3 verunreinigtes Wasser gefördert, gereinigt und über B5 versickert. Außerdem wurden über den MEWA Brunnen B3 seit 1994 3,8 l/s gefördert. 2008 wurde die Grundwassersanierungsanlage weitgehend wieder abgebaut und die Sanierung eingestellt.
Untergrundverhältnisse
Der Altstandort liegt im Übergangsbereich der Flyschzone des Wiener Waldes zu den jungtertiären Sedimenten des Wiener Beckens. Am Standort finden sich jungtertiäre Sedimente des Sarmats, die von quartären Alluvionen der Wien und des Ameisbaches unterbrochen bzw. überlagert werden. Der Untergrund am Standort ist durch einen inhomogenen Aufbau geprägt. Bis in 50 m Tiefe wechseln wasserdurchlässige Schichten mit gering durchlässigen Ton- bzw. Mergelhorizonten und weisen ebenso eingebettetes Blockwerk auf. Die gering durchlässigen Schichten wirken generell grundwasserstauend, sind jedoch – von der obersten Stauschicht abgesehen – nicht ausgedehnt und durchgehend vorhanden.
Bei einer stark generalisierten Beschreibung der hydrogeologischen Verhältnisse ergeben sich am Standort insgesamt drei (bzw. vier) Grundwasserhorizonte:
Der oberflächennahe, quartäre Grundwasserhorizont (Sickerwasserhorizont bzw. SWH) besteht aus fünf bis zehn Meter mächtigen schluffig-sandigen Kiesschichten in denen Schichtwässer fließen. Die Strömungsrichtung kann bis zu 60° schwanken und weist insgesamt nach Südsüdwest. Die Ergiebigkeit dieses Horizontes ist insgesamt als gering zu beurteilen.
Der erste tertiäre Grundwasserhorizont (TH1) wird aus zum Teil verfestigten sandig-schluffigen Sedimenten aufgebaut und wird vom darüber liegenden SWH durch einen Zwischenstauer aus etwa zehn Meter mächtigen Tonen und Schluffen getrennt. Im Bereich des Altstandortes weist der TH1 eine Mächtigkeit von 10 bis 20 Metern auf und zeigt lokal Einlagerungen von stark verfestigten, gering durchlässigen Tonschichten. Unterlagert wird der TH1 von wenigen Meter mächtigen sandigen Tonen bzw. Sandstein, die in Richtung Süden ausstreichen. Das Grundwasser in diesem Horizont liegt zumindest teilweise gespannt vor und spiegelt direkt am Altstandort bis auf 15 m u. GOK auf. Die Grundwasserfließrichtung verläuft in Richtung Südost und verschwenkt bis in Richtung Südsüdost. Die Durchlässigkeit beträgt 10-5 bis 2 x 10‑4 m/s, das Grundwassergefälle liegt bei rd. 3 %. Der spezifische hydraulische Abfluss je Meter Abstrombreite des TH1 kann sehr grob mit 0,25 m³/d abgeschätzt werden.
Der zweite tertiäre Horizont (TH2) beginnt in rund 45 m u. GOK und besteht aus sandigen Kiesen bzw. Blöcken, die teilweise bis stark verfestigt sind. Die Mächtigkeit des TH2 beträgt im Bereich des Altstandortes 5 bis 8 Meter. Die nur wenige Meter mächtige Deckschicht nimmt in Richtung Süden ab, so dass sich rund 100 m abstromig des Altstandortes TH1 und TH2 vollständig vereinigen. Allerdings kann bereits im Bereich des südlichen Altstandortes die Deckschicht zwischen TH1 und TH2 lokal fehlen, wodurch es zu ersten Vermischungen des Grundwassers aus TH1 und TH2 kommen kann. Die Unterkante des TH2 kann als massives Blockwerk oberhalb des Flysch angesprochen werden. Das Grundwasser des TH2 liegt ebenfalls gespannt vor und spiegelt am Altstandort bis auf 20 m u. GOK auf. Die Durchlässigkeit beträgt rd. 2 - 8 x 10-4 m/s, das Grundwassergefälle liegt bei 1,5 %. Der spezifische hydraulische Abfluss je Meter Abstrombreite kann grob mit 1,25 m³/d abgeschätzt werden.
Das unterhalb des TH2 anstehende Gestein ist der Flyschzone zuzuordnen. Von rd. 50 m bis 55 u. GOK anstehendes Blockwerk kann als Kluft-Grundwasserleiter angesprochen werden. Die großräumige Fließrichtung im Kluft-Grundwasserleiter ist nicht bekannt. Es ist aber davon auszugehen, dass auch dieser Grundwasserhorizont mit den zwei darüber liegenden Horizonten kommuniziert. Ab rd. 55 m u. GOK stehen gering durchlässige sandige Tone und Sandsteine an.
Zur Komplexität der lokalen Hydrogeologie tragen eine starke Hanglage und die in den Grundwasserleitern eingelagerten, dichten Schichten bei, die lokal bereits auf kurzen Distanzen zu großen Unterschieden der Druckniveaus führen. In den Grundwasserhorizonten TH1 und TH2 bewirkt das sowohl Abwärts- als auch Aufwärtsströmungen. Nachdem die tertiären Horizonte nach rd. 100 m Fließstrecke vollständig zusammenfließen und die hydraulische Fracht des SWH als auch des Kluftgrundwasserleiters gegenüber TH1 und TH2 vernachlässigbar sind, lässt sich der spezifische hydraulische Gesamtabfluss im Bereich des Altstandortes mit 1,5 m³/d je Meter Abstrombreite grob abschätzen.
Schutzgüter und Nutzungen
Der Altstandort ist mit einer einstöckigen Tiefgarage weitgehend unterkellert und wurde mit einer großen Wohnhausanlage – die sich in Richtung Osten fortsetzt – vollständig überbaut.
Im Westen und Süden grenzen an den Altstandort Wohnhausanlagen bzw. ein Gewerbebetrieb an. Direkt nördlich des Altstandortes befindet sich eine Kleingartenanlage, an die im Norden eine Kaserne angrenzt. 650 m anstromig und insgesamt rund 30 m höher als der Altstandort liegt eine Großwäscherei. Mit dem ehemaligen Wiener Radiowerk (WIRAG) liegt ein weiterer Standort im Anstrom (550 m), auf dem mit CKW umgegangen wurde. Rund 250 m südöstlich, d.h. im seitlichen Abstrom des Altstandortes befindet sich der Pfarrfriedhof Penzing. 500 m im Abstrom des Altstandortes liegt mit dem Standort "Salesianer" eine weitere Putzerei, in der ebenfalls mit CKW gereinigt wurde. Rund 500 m südwestlich vom Altstandort "MEWA Hütteldorfer Straße" liegt die Altlast W 28 "Frachtenbahnhof Penzing – Umschlagplatz Kunststoffchemie".
Von 1915 bis zur Neubebauung existierte am Altstandort ein Nutzwasserbrunnen (BR3). Im direkten Abstrom des Altstandortes liegen vereinzelt weitere Nutzwasserbrunnen. Der Altstandort liegt in keinem Grundwasserschutz- oder ‑schongebiet. Der Wienfluß fließt 1 km südlich des Altstandortes.
UNTERSUCHUNGEN
Am Altstandort wurden bis zum Jahr 2010 die folgenden Untersuchungen durchgeführt:
- Grundwasseruntersuchungen am ehemaligen Betriebsbrunnen (1979, 1989)
- Errichtung 10 Bodenluftmessstellen (1 bis 6 Meter) inkl. Absaugung (1989 bis 1996)
- 35 Rammkernbohrungen bis 5 m u GOK inkl. Feststoffuntersuchungen (1994)
- Bodenluftmessungen im Rahmen des Aushubs der neuen Wohnhausanlage (1997/1998)
- Abteufung von 10 Bohrungen (B) inklusive Feststoffprobenahme und -untersuchungen sowie Ausbau zu Grundwassermessstellen / Sanierungsbrunnen B2 – B10 (1997/1998)
- Monatliche Grundwasseruntersuchungen an den Sanierungsbrunnen (1997 bis 1999)
- Halbjährliche Pump- und Schöpfproben an den Sanierungsbrunnen (2002 – 2008 / 2010)
Von 2012 bis 2017 wurden folgende weitere Untersuchungen durchgeführt:
- Vorabtermin Grundwasserprobenahmen an 20 Grundwassermessstellen (Nov. 2013)
- Errichtung von 12 Grundwassermessstellen in zwei Bohrkampagnen inkl.
Begleitanalytik und Kurzpumpversuchen (2014) - Raumluftmessungen auf CKW (Oktober 2014)
- 4 Termine Grundwasserprobenahmen an 26 Grundwassermessstellen
(Okt. 2014, Juni 2015, März 2016 und Februar 2017) - 8-stündige Pumpversuche an 8 bzw. an 4 Messstellen (März 2016 bzw. Feb 2017)
- Durchführung von Isotopenuntersuchungen an 6 Grundwasserproben (März 2016)
In Ergänzung dazu erfolgte vorab, d.h. im Herbst 2012, eine Kamera-Befahrung ausgewählter alter Messstellen (B) zur Überprüfung deren Zustandes.
GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG
Auf dem ehemaligen Betriebsstandort wurden von 1929 bis 1992 chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW) zur Reinigung von Textilien und Leder verwendet. Weiters waren am Altstandort eine Wäscherei, eine Schlosserei und mehrere Lager situiert. Auf Basis der vorliegenden Unterlagen ist davon auszugehen, dass vor allem im südlichen Bereich des Standortes – im Bereich der Reinigungsanlagen – mit CKW in großem Ausmaß umgegangen wurde.
Der Untergrund ist über den gesamten Bereich des rund 6.900 m² großen Altstandortes mit CKW – insbesondere mit Tetrachlorethen (PCE) – verunreinigt. Die CKW haben sich vertikal über sämtliche Sedimentschichten (Grundwasserleiter und Zwischenstauer) bis zum Festgestein (Flysch) in eine Tiefe von ca. 50 bis 55 m u. GOK ausgebreitet.
Ein maßgeblicher Ausgangspunkt für die CKW-Verunreinigungen lag im Bereich der chemischen Reinigungsanlagen im Südosteck des Standortes. In diesem Hot-Spot-Bereich waren vor der Errichtung der Wohnhausanlage (1997) massive CKW-Verunreinigungen sowohl im ungesättigten Untergrundbereich als auch in der gesättigten Zone vorhanden. Im Zuge der Errichtung der Wohnhausanlage wurden durch den Aushub große Teile der Verunreinigungen aus der ungesättigten Zone entfernt. Für den nördlichen Altstandort hingegen ist aufgrund der historischen Nutzung und der Untersuchungsergebnisse kein massiver CKW-Eintrag im ungesättigten Untergrundbereich anzunehmen.
Eine Ausbreitung der CKW durch eine Entsorgung von CKW-haltigem Abwasser im Betriebsbrunnen kann nicht ausgeschlossen werden. Durch die jahrzehntelange Entnahme von Wasser über den Betriebsbrunnen wurde die vertikale Ausbreitung von CKW verstärkt.
Auf den gering durchlässigen Untergrundschichten („Zwischenstauer“) breiteten sich die CKW als Phase – teilweise auch gegen die GW-Strömungsrichtung – horizontal aus.
Eine Abgrenzung erheblich verunreinigter Teilbereiche des Altstandortes ist aufgrund der Feststoffuntersuchungen nicht möglich. Ausgehend von der Fläche des Altstandortes von ca. 6.900 m² und einer mittleren Tiefe der Sedimentschichten der wassergesättigten Zone von rund 40 m ergibt sich ein Volumen des Untergrundes von 250.000 m³ bis 300.000 m³ von dem zumindest ein Drittel stark mit CKW verunreinigt ist.
Das Grundwasser ist im Bereich des Altstandortes entsprechend den Verunreinigungen des Untergrundes massiv mit CKW verunreinigt. Im Grundwasserabstrom ist eine ca. 70 m breite und mehrere hundert Meter lange CKW-Fahne in allen Grundwasserhorizonten vorhanden.
Betrachtet man die zeitliche Entwicklung der Grundwasserqualität, ist erkennbar, dass am Altstandort weiterhin PCE-Konzentrationen im Löslichkeitsbereich vorliegen. Demgegenüber sind die CKW-Konzentrationen rd. 150 m abstromig des Altstandortes innerhalb von 20 Jahren auf ein Zehntel der Ausgangkonzentration signifikant zurückgegangen.
Die über TH1 und TH2 zusammen abströmende CKW-Fracht kann bei einem hydraulischen Abstrom von insgesamt 120 m³/d als groß (Frachten PCE/TCE = 95 g/d) abgeschätzt werden. Die hydraulische Fracht des SHW als auch die des Kluftgrundwasserleiters ist von untergeordneter Bedeutung gegenüber den zwei tertiären Grundwasserleitern.
Im Fließverlauf nehmen die CKW-Konzentrationen in beiden tertiären Grundwasserstockwerken langsam ab. Nach rund 100 - 150 m vereinen sich die tertiären Grundwasserhorizonte zu einem Horizont. Bis 500 m im Abstrom sind erhöhte CKW-Konzentrationen feststellbar. In dieser Entfernung sind allerdings bereits erste Einflüsse auf die Qualität des Grundwassers durch andere CKW-Schäden nicht mehr auszuschließen.
In der Schadstofffahne ist im Fließverlauf für TH1 und TH2 eine kontinuierliche Verschiebung des CKW-Verhältnisses von PCE hin zum DCE gut erkennbar, welches auf einen biologischen Abbau von PCE hinweist. Das im Fahnenbereich gemessene Redoxpotenzial lag in einem Bereich, in dem eine unvollständige anaerobe Dechlorierung von PCE und TCE möglich ist.
Zusammenfassend zeigen die Untersuchungen, dass im Bereich des Altstandortes der Untergrund zu einem großen Teil erheblich mit CKW verunreinigt ist. Davon ausgehend ist das Grundwasser im Bereich des Altstandortes und in dessen Abstrom sehr stark mit CKW verunreinigt. Die mit dem Grundwasser abströmende CKW-Fracht ist groß. Die Länge der Schadstofffahne beträgt mehr als 500 m.
PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG
Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:
Schadstoffpotenzial: äußerst groß
Im Bereich des Altstandortes ist der Untergrund tiefreichend mit Tetrachlorethen verunreinigt. Das Volumen des verunreinigten Untergrunds kann mit >100.000 m³ abgeschätzt werden. Tetrachlorethen zeigt eine hohe bis sehr hohe Mobilität und besitzt sehr schädliche Stoffeigenschaften. Unter Berücksichtigung der Art der Schadstoffe und der im Untergrund vorhandenen Schadstoffmengen ergibt sich insgesamt ein äußerst großes Schadstoffpotenzial.
Schadstoffausbreitung: weitreichend
Aufgrund der Untergrundverhältnisse und der Ergebnisse der Grundwasseruntersuchungen kann die Länge der Schadstoff-Fahne mit mehr als 500 m abgeschätzt werden und ist sehr lang. Es ist mittelfristig mit keiner Änderung der Ausdehnung der Fahne zu rechnen. Eine vollständige anaerob-reduktive Dechlorierung von PCE findet nicht statt. Die Schadstofffracht für Tetra- und Trichlorethen im Grundwasser ist groß. Es ist davon auszugehen, dass die CKW-Konzentrationen und Frachten nur langsam weiter abnehmen und es noch langfristig zu einem großen Austrag kommt. Die Schadstoffausbreitung wird insgesamt als weitreichend klassifiziert.
Schutzgut: nutzbar
Der Altstandort liegt in keinem besonders geschützten Gebiet. Brunnen zur Trinkwasserversorgung existieren im Fahnenbereich keine. Eine Gefährdung bestehender Nutzungen zu Wasserversorgungszwecken ist nicht gegeben. Das Grundwasserdargebot ist insgesamt als ergiebig zu beurteilen und weist anthropogene Vorbelastungen auf. Das Grundwasservorkommen ist daher insgesamt als nutzbar zu beurteilen.
Prioritätenklasse – Vorschlag: 2
Entsprechend der Beurteilung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien ergibt sich für den Altstandort die Prioritätenklasse 2.
Datum der Texterstellung: Juli 2019