Altlast V5: Fußacher Werft

Bei der Altablagerung „Fußacher Werft“ handelt es sich um einen Teil einer ehemaligen Lehmgrube, der vermutlich ab 1967 bis 1976 auf einer Fläche von rd. 17.000 m² mit vorwiegend Industrie- bzw. Gewerbemüll sowie Hausmüll, Aushubmaterial und in geringem Umfang Bauschutt im Gesamtausmaß von rd. 90.000 m³ verfüllt wurde.

Vor allem im nördlichen Teil der Altablagerung wurde überwiegend Hausmüll und Industrie- bzw. Gewerbemüll abgelagert. In diesem Bereich findet eine erhebliche Deponiegasproduktion statt. Das Abfallvolumen mit hohem Deponiegasemissionspotential kann mit 35.000-45.000 m³ abgeschätzt werden. Das Deponiegas breitet sich im Untergrund in östlicher Richtung aus und ist in mehreren Schächten im Nahbereich der Altablagerung nachweisbar. Zumindest temporär kann in den Schächten eine erstickend wirkende Atmosphäre vorhanden sein. Die Schadstoffemissionen in das Grundwasser sind gering. Der nördliche Teil der Altablagerung „Fußacher Werft“ stellt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar. Es wird eine Einstufung in die Prioritätenklasse 3 vorgeschlagen.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Bregenz,
Fußach,
Fussach,
307/65, 344/4
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altablagerung
Deponietyp: Kommunale Deponie
Art der Ablagerungen: Industrie-/Gewerbemüll,
Hausmüll,
Aushubmaterial/Abraum
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination,
erhebliches Risiko Deponiegas
Fläche Altlast (m²): 12.000 m²
Volumen Altlast (m³): 75.000 m³
Schadstoff(e) Deponiegas (Kohlendioxid, Methan)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 01.07.2018
Datum der Prioritätenfestlegung: 01.07.2018
Priorität: 3

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Altablagerung

Die Altablagerung „Fußacher Werft“ befindet sich nördlich des Ortsgebietes von Fußach unmittelbar am Bodensee.

Bei der Altablagerung handelt es sich um einen Teil einer ehemaligen Lehmgrube, der vermutlich ab 1967 bis 1976 mit Industrie- bzw. Gewerbemüll (Kunststoff-, Textil-, Gummi- und Metallabfälle), Hausmüll, Aushubmaterial und in geringem Umfang Bauschutt aus dem gesamten Vorarlberger Rheintal verfüllt wurde. Die Ablagerungen erfolgten ohne technische Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers.

Die Altablagerung wird durch einen unverfüllten Bereich in einen südlichen Teil (der als Hochwasserschutzdamm fungiert) und einen nördlichen Teil getrennt. Die von Ablagerungen betroffene Fläche beträgt rd. 17.000 m². Die Ablagerungsmächtigkeit liegt bei maximal 5 m im südlichen Teil und maximal 10 m im nördlichen Teil. Der größte Teil der Ablagerungen ist permanent im Grundwasser eingestaut. Die Oberflächenabdeckung (Sand-Schluff-Gemisch mit kiesigen Anteilen) mit Mächtigkeit von max. 2,3 m wurde im Jahr 1990 und in den Jahren danach (Erhöhung des Dammes) geschüttet. Das Volumen der Altablagerung wird mit insgesamt rund 90.000 m³ abgeschätzt, das Volumen der Oberflächenabdeckung mit zusätzlich rd. 20.000 m³. Der Anteil an Haus-, Industrie- und Gewerbemüll in der Altablagerung wird mit rd. 65 Vol.-% abgeschätzt.

Untergrundverhältnisse

Die Altablagerung befindet sich zwischen den Deltas von Rhein und Bregenzer Ach im Bereich sandig-toniger Sedimente, die durch Seeschlämme verkittet wurden. Dementsprechend wird der Untergrund bis zumindest 15 m Tiefe aus Feinsand und Schluff aufgebaut, die den geringdurchlässigen Grundwasserleiter darstellen. Lokal sind organische Einschlüsse, Schluff-Ton- und Grobsand-Schluff-Linsen vorhanden.

Die Altablagerung liegt auf einer Höhe von etwa 398 m ü. Adria. Der Flurabstand beträgt etwa 1-2 m. Die Grundwasserspiegellage entspricht aufgrund der unmittelbaren Nähe zum Bodensee weitgehend dem Seewasserspiegel und unterliegt vermutlich auch dessen jahreszeitlichen Schwankungen. Die Grundwasserströmung ist bei einem geringen Gefälle (etwa 0,5-1,5 ‰) nach Norden gerichtet. Temporär ist bei entsprechend höheren Seewasserspiegellagen auch eine landeinwärts gerichtete Strömung möglich. Die Ergiebigkeit des Grundwasserleiters ist als gering anzunehmen.

Schutzgüter und Nutzungen

Im Jahr 2014 wurde im zentralen Teil der Altablagerung ein geschotterter bzw. mit Asphaltgranulat versehener Abstellplatz für Boote und Kfz errichtet. Im Winterhalbjahr werden als Witterungsschutz temporäre Zeltüberdachungen (Abmessungen von etwa 50x15 m bzw. 70x15 m) mit offener Seite aufgestellt. Die übrigen Bereiche werden als Grünland genutzt. Zwischen den beiden Deponieteilen befindet sich ein Fischteich („Ruppteich“), der in westlicher Richtung in den Bodensee entwässert bzw. mit diesem in Wechselwirkung steht. Südlich der Altablagerung schließt ein überwiegend gewerblich genutztes Gebiet an, östlich und nördlich befinden sich Hafenanlagen (Bootsanlegestellen, Schiffswerft). Westlich der Altablagerung befindet sich ein Schilfgürtel bzw. das Naturschutzgebiet „Rheindelta“.

Die Altablagerung liegt am nördlichen Rand des Grundwasserkörpers „Rheintal“ und befindet sich in keinem Grundwasserschutz- oder Grundwasserschongebiet. Im Umfeld der Altablagerung sind keine Grundwassernutzungen bekannt. Die Altablagerung befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Bodensee.

 

UNTERSUCHUNGEN

Im Zeitraum von Anfang 2014 bis Sommer 2016 wurden folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • Herstellung von Rammkernsondierungen, Durchführung von Deponiegasmessungen und stichprobenartig Deponiegasuntersuchungen
  • Trockenkernbohrungen, Untersuchung von Untergrundproben und Grundwasserschöpfproben
  • Raumluftmessungen (3 Termine)
  • Untersuchung von Oberflächenwasserproben (4 Termine)

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Bei der Altablagerung „Fußacher Werft“ handelt es sich um einen Teil einer ehemaligen Lehmgrube, der vermutlich ab 1967 bis 1976 auf einer Fläche von rd. 17.000 m² mit vorwiegend Industrie- bzw. Gewerbemüll sowie Hausmüll, Aushubmaterial und in geringem Umfang Bauschutt ohne technische Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers verfüllt wurde. Die Abfälle wurden aus dem gesamten Vorarlberger Rheintal angeliefert.

Die Altablagerung wird durch einen unverfüllten Bereich (Fischteich) in einen südlichen Teil, der als Hochwasserschutzdamm fungiert, und einen nördlichen Teil getrennt. Die Ablagerungsmächtigkeit liegt bei maximal 5 m im südlichen Teil und maximal 10 m im nördlichen Teil. Die müllhaltigen Ablagerungsschichten mit durchschnittlicher Mächtigkeit von rd. 7 m (nördlicher Teil) bzw. 2,5-3 m (südlicher Teil) befinden sich zu >75 % in der gesättigten Zone. Das Volumen der Altablagerung wird mit rd. 90.000 m³ abgeschätzt. Der Deponiekörper inklusive der ab 1990 aufgebrachten Oberflächenabdeckung (Sand-Schluff-Gemisch mit kiesigen Anteilen) umfasst rd. 110.000 m³.

Die müllhaltigen Schichten sind dunkelgrau bis schwarz gefärbt und weisen einen fauligen, modrigen Geruch auf. Die Ammonium- und TOC-Konzentrationen sind in den Eluaten erhöht und überschreiten die Prüfwerte bis zum 20- bzw. 10-fachen. Das Volumen der Müllablagerungen (Industrie- und Gewerbemüll, untergeordnet Hausmüll) kann entsprechend den Ergebnissen der Bohrungen mit etwa 60.000 m³ abgeschätzt werden.

Die an Ablagerungsproben durchgeführten Feststoffuntersuchungen sowie die Untersuchungen an Grundwasserschöpfproben weisen auf stellenweise vorhandene Belastungen durch Kohlenwasserstoffe (MKW, PAK, CKW) und Schwermetalle hin (u. a. Kupfer, Blei, Zink). Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass größere Mengen von Abfällen mit stark erhöhtem Schadstoffgehalt abgelagert wurden. Gemäß den Ergebnissen der Chromatogramm-Auswertungen und den Eluatuntersuchungen ist die Mobilität der MKW und Schwermetalle gering.

Die Deponiegasmessungen an temporären Messstellen zeigen vor allem im nördlichen Teil der Altablagerung hohe bis sehr hohe Methangehalte (>20 Vol.-%) und erhöhte bis hohe Kohlendioxidgehalte (>15 Vol.-%). Die Deponiegaszusammensetzung weist auf den Ablauf intensiver biochemischer Abbauprozesse im Deponiekörper hin. Der reaktive Kernbereich (Summe von CH4 + CO2 >40 Vol.-%) umfasst eine Fläche von 5.000-6.000 m² (siehe Abbildung 5). Das Abfallvolumen mit hohem Deponiegasemissionspotential kann bei einer durchschnittlichen Mächtigkeit der Müllschicht von 7 m grob mit 35.000-45.000 m³ abgeschätzt werden.

Östlich der Altablagerung im Bereich der Hafenstraße und der Hafenanlage liegen kiesig-sandige Anschüttungen bzw. technische Schüttungen vor. Die stellenweise sehr hohen Deponiegasgehalte in diesem Bereich sind vermutlich auf Deponiegasmigration innerhalb der vergleichsweise gut durchlässigen Anschüttungen zurückzuführen. Die in einzelnen Schächten im Bereich der Werft und des Hafens nachgewiesenen Methan-Gehalte weisen ebenfalls auf eine Deponiegasmigration hin. Stellenweise weist die Luft in den Schächten herabgesetzte Sauerstoff- und erhöhte Kohlendioxidkonzentrationen auf, sodass zumindest temporär eine erstickend wirkende Atmosphäre (Sauerstoff <18 Vol.-% oder CO2 >2,5 Vol.-%) vorhanden sein kann.   

Im Grundwasser im Bereich der Altablagerung liegen die für Hausmülldeponien typischen Parameter Ammonium, DOC und Kalium durchwegs in erhöhten Konzentrationen vor. Die gemessene Ammonium-Konzentration überschreitet den Prüfwert der ÖNORM S 2088-1 bis zum 200-fachen. Stellenweise werden die Maßnahmenschwellenwerte für die Parameter Nickel, KW-Index, SBTEX, Benzol und CKW überschritten. Trotz der erhöhten Schadstoff- und Ammonium-Konzentrationen innerhalb der Ablagerungsgrenzen sind aufgrund der geringen Ergiebigkeit des Grundwasserleiters die Schadstoff- und Ammoniumfrachten im Grundwasser nicht erheblich. Eine Ausbreitung von Schadstoffen im Grundwasser ist durch die unmittelbare Nähe des Vorfluters (Bodensee) begrenzt und kann mit <100 m angenommen werden. Durch die vorhandene Grundwasserverunreinigung werden keine Grundwassernutzungen im Abstrom beeinträchtigt.

Im Fischteich zwischen den beiden Deponieteilen liegen entsprechend den Oberflächenwasseruntersuchungen an 4 Terminen durchwegs unauffällige Konzentrationen vor. Eine Beeinflussung der Wasserqualität durch die Ablagerungen ist nicht erkennbar.

Zusammenfassend ergibt sich aufgrund der vorliegenden Unterlagen und Untersuchungsergebnisse, dass bei der Altablagerung „Fußacher Werft“ vorwiegend Industrie- bzw. Gewerbemüll mit Hausmüllanteilen abgelagert wurde. Die Schadstoffemissionen in das Grundwasser sind als gering anzunehmen. Jedoch findet vor allem im nördlichen Teil der Altablagerung eine erhebliche Deponiegasproduktion statt. Das Abfallvolumen mit hohem Deponiegasemissionspotential kann mit 35.000-45.000 m³ abgeschätzt werden. Das Deponiegas breitet sich im Untergrund in östlicher Richtung aus und ist in mehreren Schächten im Nahbereich der Altablagerung nachweisbar. Zumindest temporär kann in den Schächten eine erstickend wirkende Atmosphäre vorhanden sein. Der nördliche Teil der Altablagerung „Fußacher Werft“ stellt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar.

 

PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist die Luft. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:

Gasemissionspotenzial: hoch

Im Bereich der Altablagerung wurden vermutlich ab 1967 bis 1976 überwiegend Industrie-, Gewerbe- und Hausmüll im Ausmaß von rd. 60.000 m³ sowie untergeordnet mineralische Abfälle abgelagert. Entsprechend ihren stofflichen Eigenschaften unterliegen die Abfälle unter den vorliegenden Bedingungen anaeroben Abbauprozessen, die hohe Deponiegasgehalte zur Folge haben. Das Abfallvolumen mit hohem Deponiegasemissionspotential kann mit 35.000-45.000 m³ abgeschätzt werden. Aufgrund des Volumens und der Reaktivität der Abfälle ist das Gasemissionspotenzial als hoch zu bewerten.

Schadstoffausbreitung: nachgewiesen

Infolge der vergleichsweise gering gasdurchlässigen Oberflächenabdeckung der Deponie und der Oberflächenversiegelung im Bereich der Hafenstraße kommt es zu einer Deponiegasmigration in den östlich angrenzenden Untergrundbereich. Im Nahbereich der Altablagerung ist Deponiegas stellenweise sowohl im Untergrund als auch in mehreren Schächten vorhanden bzw. nachweisbar. Die Schadstoffausbreitung ist insgesamt als nachgewiesen zu beurteilen.

Schutzgut: sonstige Nutzung

Der zentrale Bereich der Altablagerung wird als Abstellplatz für Boote und Kfz verwendet. Im Winterhalbjahr werden als Witterungsschutz für die Boote temporäre Zeltüberdachungen mit offener Seite aufgestellt. Die übrigen Bereiche der Altablagerung werden als Grünland genutzt. Eine Bebauung ist auf der Altablagerung nicht vorhanden. Auf den gewerblich genutzten Flächen im Umfeld befinden sich keine unterkellerten Gebäude. Ein Wohnhaus südöstlich der Altablagerung verfügt über einen Halbkeller. Eine Deponiegasmigration bis in diesen Bereich kann aufgrund der Untersuchungen ausgeschlossen werden.  

Prioritätenklasse - Vorschlag: 3

Entsprechend der Beurteilung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien schlägt das Umweltbundesamt die Einstufung des nördlichen Teils der Altablagerung "Fußacher Werft" in die Prioritätenklasse 3 vor.

 

Datum der Texterstellung: Juli 2017