Altlast ST2: Glasfabrik Gösting

Beim Altstandort „Glasfabrik Gösting" handelte es sich um einen glasverarbeitenden Betrieb, in dem von 1889 bis 1980 Getränkeflaschen hergestellt wurden. Sowohl im Zuge der Beseitigung von Kriegsschäden nach dem 2. Weltkrieg als auch nach Einstellung des Betriebes in den 80er Jahren wurde das Gelände jeweils eingeebnet.

Dementsprechend ist das gesamte ehemalige Betriebsgelände von Anschüttungen betroffen, wobei insbesondere am östlichen Rand eine Fläche von ca. 3.000 m² oberflächennah stark mit Kohlenwasserstoffen verunreinigt ist. Im Bereich der ehemaligen Generatorgaserzeugung ist bei den Teerkammern eine massive und tief reichende Verunreinigung des Untergrundes mit Teerölen vorhanden. Die Teerölkontaminationen reichen auf einer Fläche von ca. 100 m² teilweise bis in das Grundwasser und verursachen starke PAK- und Phenolbelastungen des Grundwassers. Es findet ein erheblicher Schadstoffeintrag in das Grundwasser statt. Der Altstandort stellt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar. Es wird die Einstufung in die Prioritätenklasse 2 vorgeschlagen.

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Graz,
Graz,
Algersdorf,
388/1, 388/2
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: Erzeugung von Glas
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 27.000 m²
Schadstoff(e) Teeröl (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe)
Datum Eintrag Altlastenatlas: 19.02.1991
Datum der Prioritätenfestlegung: 10.04.2009
Priorität: 2
Datum Aktualisierung Altlastenatlas: 01.07.2018

Beschreibung der Altlast

Der Altstandort „Glasfabrik Gösting" befindet sich am nordwestlichen Rand des Stadtgebietes von Graz am Reinbacherweg, unmittelbar in bewohntem Gebiet. Bei dem Altstandort handelte es sich um den Betriebsstandort eines glasverarbeitenden Unternehmens, der eine Fläche von rund 2,3 ha einnimmt. Die „Glasfabrik Gösting" wurde 1889 gegründet und bis zur Stilllegung im Jahr 1980 wurden an diesem Standort unterschiedlichste Getränkeflaschen erzeugt.

Während des zweiten Weltkrieges wurde der Altstandort bombardiert und ein Großteil der Anlagenteile und Gebäude wurde zerstört. Der Lageplan der Betriebsanlagen (siehe Abbildung) zeigt den Stand nach beendetem Wiederaufbau des Betriebes.

Eine wesentliche und altlastenrelevante Betriebsanlage war der im Süden des Altstandortes situierte Drehrostgenerator mit den angeschlossenen Gaswäschern, welcher bis etwa 1960 zur Erzeugung von Generatorgas verwendet wurde.

Mittels dieser Drehrostgeneratoren wurde durch Verbrennung von Kohle Schwachgas erzeugt, das über Rohrleitungen den Schmelzöfen zugeführt wurde. Neben diesem Schwachgas wurde zur Glasproduktion auch reines Gas benötigt. Dazu wurden in den Gaswäschern Wasser und teerhältige Beimengungen aus dem Schwachgas entfernt. Der abgeschiedene Teer wurde in Teersammelbecken gesammelt und zum Teil in die Schmelzöfen gesprüht und verbrannt.

Zum Aufschmelzen der Glasgrundstoffe waren außerdem schwere bis mittelschwere Öle notwendig, die im Ölhof (mit einer Lagerungskapazität von knapp 1 Mio. Litern) gelagert wurden.

In den Schmelzöfen wurde schließlich mithilfe von Schamotte- und Ölbrennern, durch die Gas, Öl und heiße Verbrennungsluft in den Schmelzofen geleitet wurden, das Glasgemenge in Wannen niedergeschmolzen.

Nach der Stilllegung wurden alle Anlagenteile geschliffen und das gesamte Gelände eingeebnet. Im Anschluss daran wurde in den Jahren 1990 – 1992 am ehemaligen Betriebsgelände eine Waggonwaschanlage, sowie eine Gleisanlage errichtet.

Beschreibung der Untergrundverhältnisse

Der Altstandort befindet sich auf einer würmeiszeitlichen Niederterrasse des nördlichen Grazer Feldes auf etwa 368 m ü.A. Der Untergrund wird aus quartären Schot-tern aufgebaut, die den Grundwasserleiter darstellen. Die Schotter werden von einer mehrere Meter mächtigen schluffig-feinsandigen Deckschicht und einer stellenweise über 4 m mächtigen Schicht aus künstlichen Anschüttungen überlagert. Es ist zu erwarten, dass unterhalb der etwa 25 bis maximal 30 m mächtigen Schotter Dolomitsandsteine oder tertiäre Feinsedimente, die als Grundwasserstauer angesprochen werden können, anzutreffen sind. Genauere lokale Angaben zum Grundwasserstauer liegen nicht vor.

Der Grundwasserspiegel liegt auf etwa 348,5 m ü.A. Der Flurabstand beträgt rund 20 m. Bei den Grundwasseruntersuchungen in den Jahren 1995 und 1996 wurden Grundwasserspiegelschwankungen von bis zu 1,3 m festgestellt. Die Durchlässigkeit des Grundwasserleiters beträgt etwa

10-3 m/s. Die Grundwasserströmung ist generell nach Südosten bzw. Südsüdosten gerichtet. Das Grundwassergefälle im Bereich des Altstandortes beträgt rund 3 ‰.

Der spezifische Durchfluss des Grundwasserkörpers kann für eine Abstrombreite von 1 m und eine angenommenen Mächtigkeit des Aquifers von 10 m somit mit einer Größenordnung 2,6 m³/d abgeschätzt werden. Ausgehend von der Breite des betroffenen Grundwasserstroms von ca. 75 m ergibt sich ein Grundwasserdurchfluss für die gesamte Aquifermächtigkeit in der Größenordnung von ca. 195 m³/d (2,2 l/s).

Beschreibung der Nutzung und der Schutzgüter

Der Altstandort ist derzeit als Industriegebiet gewidmet. Ein großer Teil dient als Lagerfläche. Außerdem befinden sich eine Waggonwaschanlage der ÖBB, sowie einige Gebäude auf dem Gelände. Bei der Errichtung der Waggonwaschanlage im Jahr 1992 wurden massive Verunreinigungen des Untergrundes festgestellt. Das im Zuge der Baumaßnahmen ausgehobene Material (rund 3.000 m³) wurde mit einer Kunststofffolie abgedeckt und wird seither am Gelände gelagert. Im Osten und Südosten direkt angrenzend an den Altstandort befinden sich Wohnsiedlungen.

Der Altstandort liegt in der Außenzone des Grundwasserschongebietes Graz-Andritz, die Brunnen des Wasserwerkes Andritz liegen ca. 1.500 m entfernt im Grundwasse-ranstrom. Im näheren Abstrom des Altstandortes (bis 500 m) sind keine Grundwas-sernutzungen bekannt.

Gefährdungsabschätzung

Der Altstandort „Glasfabrik Gösting" befindet sich am nordwestlichen Rand des Stadtgebietes von Graz. Von 1889 bis 1980 wurden am Standort unterschiedlichste Getränkeflaschen erzeugt. Das Areal weist eine Fläche von ca. 2,3 ha auf.

Die Untersuchungen von Feststoffproben aus dem Untergrund zeigen flächenhafte Verunreinigungen im Osten des Altstandortes und im Bereich um die ehemaligen Schmelzöfen im westlichen Bereich.

Massive Kohlenwasserstoffbelastungen im Untergrund mit Werten für den KW-Index von 16.000 mg/kg wurden im Osten des Altstandortes in einer Tiefe bis zu ca. 0,9 m angetroffen. Ebenso wurde der Prüfwert der ÖNORM S 2088-1 für PAK und Naph-thalin überschritten. Im Eluat zeigen sich für den Parameter KW-Index massive Prüf-wertüberschreitungen.

Die Kohlenwasserstoffverunreinigungen wurden nur in den Bereichen anthropogener Anschüttungen angetroffen. Sie reichen auf einer Fläche von etwa 3.000 m² maximal in eine Tiefe von 3,5 m und somit ist mit einer Kubatur von etwa 6.000 m³ verunreinigtem Material zu rechnen. Da kein Bezug zu altlastenrelevanten Anlagenteilen hergestellt werden kann, ist davon auszugehen, dass diese Verunreinigungen entweder im Zuge des Wiederaufbaus des Standortes nach der Bombardierung im zweiten Weltkrieg oder nach Schließung des Standortes beim Einebnen des Geländes verschleppt wurden.

Massive Kohlenwasserstoffbelastungen im Untergrund mit Werten für den KW-Index von 16.000 mg/kg wurden im Osten des Altstandortes in einer Tiefe bis zu ca. 0,9 m angetroffen. Ebenso wurde der Prüfwert der

ÖNORM S 2088-1 für PAK und Naphthalin überschritten. Im Eluat zeigen sich für den Parameter KW-Index massive Prüfwertüberschreitungen.

Die Kohlenwasserstoffverunreinigungen wurden nur in den Bereichen anthropogener Anschüttungen angetroffen. Sie reichen auf einer Fläche von etwa 3.000 m² maximal in eine Tiefe von 3,5 m und somit ist mit einer Kubatur von etwa 6.000 m³ verunreinigtem Material zu rechnen. Da kein Bezug zu altlastenrelevanten Anlagenteilen hergestellt werden kann, ist davon auszugehen, dass diese Verunreinigungen entweder im Zuge des Wiederaufbaus des Standortes nach der Bombardierung im zweiten Weltkrieg oder nach Schließung des Standortes beim Einebnen des Geländes verschleppt wurden.

Im Zuge der Grundwasseruntersuchungen konnte festgestellt werden, dass insbesondere am südlichen Rand des Altstandortes im Abstrom der ehemaligen Teerkammern der Gaserzeugung der „Glasfabrik Gösting“ sehr hohe Belastungen des Grundwassers durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Mineralölkohlenwasserstoffe und Phenolen gegeben sind. Es ist daher anzunehmen, dass es im Bereich der Teerkammern zu massiven Verunreinigungen des Untergrundes durch Teeröle gekommen ist und Teeröl in Phase bis in die wassergesättigte Bodenzone eingetragen wurde. Bereits bei den Bauarbeiten zur Errichtung der Waggonwaschanlage im Jahr 1992 waren im Bereich der ehemaligen Teerkammern oberflächennah massive Kontaminationen festgestellt worden. Das damals ausgehobene hochbelastete Material wird am Standort zwischengelagert. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass in dem inzwischen überbauten Bereich tief reichende Teeerölkontaminationen des Untergrundes gegeben sind.

Die Ausdehnung dieses Schadensherdes wurde auf Grund der Überbauung nicht erkundet, so dass nur eine Abschätzung der Größenordnung möglich ist. Die altlastenrelevanten Betriebsanlagen nahmen eine Fläche von ca. 600 m² ein. Der Teilbereich der Teerkammern kann mit einer Fläche von mindestens 100 m² angenommen werden, die Tiefenerstreckung der Teerölkontamination mit 25 m.

Im unmittelbaren Abstrom dieser „Teerkammern“ (GW-1) wurden in den Pumpproben PAK-Konzentrationen von durchschnittlich bis zu 113 µg/l und maximal bis zu 150 µg/l gemessen (insbesondere Naphthalin mit max. 95 µg/l, Phenanthren mit max. 14 µg/l, Fluoren mit max. 18 µg/l). Ein Vergleich mit dem Prüfwert der ÖNORM S 2088-1 für PAK15 von 0,5 µg/l zeigt, dass eine massive Verunreinigung des Grundwassers gegeben ist. Zusätzlich wurden im Zuge der Grundwasseruntersuchungen nahe der Teerkammern auch massive Verunreinigungen durch Mineralölkohlenwasserstoffe und Phenole festgestellt.

Die mit dem Grundwasser im unmittelbaren Abstrom des Altstandortes durchschnittlich abströmende Fracht an PAK15kann bei einer Fahnenbreite von 35 m mit rund 1,2 g/d abgeschätzt werden. Die Frachten an gelösten Mineralölkohlenwasserstoffen (ermittelt über den KW-Index) und Phenolen (ermittelt über den Phenol-Index) betragen 424 g/d bzw. 171 g/d. Es ist davon auszugehen, dass diese Belastungen auch langfristig (> 20 Jahre) fortbestehen werden.

Im Abstrom der oberflächenah mit Kohlenwasserstoffen verunreinigten Bereiche konnten keine relevanten Hinweise auf Veränderungen der Grundwasserqualität festgestellt werden. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass diese Bereiche nur in sehr beschränktem Ausmaß zu einem Eintrag von Schadstoffen ins Grundwasser beitragen bzw. dieser Eintrag das Rückhalte- und Abminderungspotential  des Untergrundes nicht überschreitet.

Zusammenfassend zeigen die Untersuchungsergebnisse, dass im Bereich von ehemaligen Teerbehältern eine massive Verunreinigung des Untergrundes durch Teeröl existiert. Insbesondere für PAK15, Naphthalin, Mineralölkohlenwasserstoffe und Phenole ist nachgewiesen, dass ein erheblicher Schadstoffeintrag in das Grundwasser stattfindet. Der Altstandort „Glasfabrik Gösting“ stellt daher eine erhebliche Gefahr für das Schutzgut Grundwasser dar

Prioritätenklassifizierung

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:

Schadstoffpotenzial: hoch

Am Altstandort „Glasfabrik Gösting“ ist auf einer Fläche in der Größenordnung von 100 m² ein kleinflächiger Teerölschaden ausgebildet, der bis in die wassergesättigte Bodenzone bzw. rund 25 m Tiefe reicht. Darüber hinaus bestehen am gesamten Altstandort Anschüttungen, wobei auf einer Fläche von rund 3.000 m² stark verunreinigte Materialien vorliegen. Im Hinblick auf eine Mobilisierung und einen Eintrag von Schadstoffen ins Grundwasser ist die tief reichende Teerölkontamination maßgeblich. Als Schadstoffe sind dabei polzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Mineralölkohlenwasserstoffe und Phenole maßgeblich. Das Volumen der verunreinigten Untergrundbereiche kann insgesamt, unter Berücksichtigung der bereits 1992 ausgehobenen Materialien, mit einer Größenordnung von 10.000 m³ bis 15.000 m³ abgeschätzt werden. Der verunreinigte Bereich weist daher vergleichsweise eine mittlere Größe auf. Polzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) weisen aufgrund der stofflichen Eigenschaften ein hohes Gefährdungspotential für das Grundwasser auf. Unter Berücksichtigung der Art der Schadstoffe und der im Untergrund vorhandenen Schadstoffmenge ergibt sich insgesamt ein hohes Schadstoffpotential.

Schadstoffausbreitung: begrenzt

Auf Grund der Größe des Schadensherdes sowie der Standortgegebenheiten und der Ergebnisse der Grundwasserbeweissicherung kann die Länge der Schadstofffahne (maßgebliche Parametergruppe PAK15) mit einer Größenordnung von mehr als 100 m abgeschätzt werden. Auf Grund der vorliegenden Daten kann nicht beurteilt werden, ob es sich um eine stationäre Schadstoffahne handelt. Es kann jedoch sowohl eine mögliche Ausdehnung von mehr als 500 m als auch eine Rückbildung der Fahne innerhalb der nächsten 20 Jahre ausgeschlossen werden. Die Schadstofffracht im Grundwasser (z.B. PAK15 1,2 g/d) ist als erheblich zu bewerten. Auf Grund des Schadensbildes, dass Teeröl in Phase bis ins Grundwasser gelangt ist, ist langfristig mit einer anhaltenden Mobilisierung von Schadstoffen durch Lösung im Grundwasser zu rechnen. Die Schadstoffausbreitung ist insgesamt als begrenzt zu bewerten.

Schutzgut: gut nutzbar

Der betroffene Grundwasserkörper ist quantitativ gut nutzbar. Im unmittelbaren Abstrom des Altstandortes sind keine Grundwassernutzungen bekannt. Aufgrund der gewerblichen Nutzung sowie hochrangiger Verkehrsflächen im Umfeld (Bahntrasse) sind auch zukünftig keine Grundwassernutzungen im direkten Abstrom zu erwarten.

Prioritätenklasse – Vorschlag: 2

Entsprechend der Bewertung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien schlägt das Umweltbundesamt die Einstufung des Altstandortes „Glasfabrik Gösting“ in die Prioritätenklasse 2 vor.

Texterstellung:    Juni 2008