Altlast N77: Petroleumfabrik Drösing

Die Petroleumraffinerie Drösing wurde von 1899 bis 1937 betrieben. Es wurden unter anderem Kerosin, Wundbenzin, Leicht- Mittel- und Schwerbenzin sowie Petroleum hergestellt. Säurehaltige hochviskose Mineralölkohlenwasserstoffe wurden im Produktionsprozess nicht weiter verarbeitet und gelangten als Abfall in eine Säureteergrube, die bis zum Ende der Produktionszeit 2.000 m³ fasste.

Auf einem großen Teil des Betriebsgeländes wurden Mineralölkontaminationen festgestellt. Die Ausdehnung der stark mit Mineralöl kontaminierten Untergrundbereiche kann mit ca. 55.000 m² sowie mit ca. 100.000 m³, davon rund 30.000 m³ im Grundwasserschwankungsbereich, abgeschätzt werden.

Die Ausbreitung der Schadstoffe im Grundwasser ist aktuell gering. Es ist auch in Zukunft mit keinen erheblichen Schadstoffemissionen in den Grundwasserabstrom zu rechnen. Der erheblich verunreinigte Bereich stellt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar. Es wird eine Einstufung in Prioritätenklasse 3 vorgeschlagen. 

Bezirk:
Gemeinde:
Katastralgemeinde:
Grundstücksnummern:
Gänserndorf,
Drösing,
Drösing,
1965/29, 3301/2, 3302, 3305/5, 3305/20, 3305/21, 3305/26, 3305/27, 3305/28, 3305/29, 3305/33, 3305/34, 3305/35, 3305/36, 3766/4, 4092/2, 4093, 4095/2, 4095/3
Lage der Altlast : Altlast im GIS anzeigen
Art der Fläche: Altstandort
Branche: Mineralöl-Raffinerie
Ergebnis Beurteilung: erhebliche Kontamination
Fläche Altlast (m²): 55.000 m²
Volumen Altlast (m³): 100.000 m³
Schadstoff(e) Mineralölkohlenwasserstoffe (Rohöl, Diesel/Heizöl, Benzin)
Teeröl
Datum Eintrag Altlastenatlas: 15.07.2016
Datum der Prioritätenfestlegung: 15.07.2016
Priorität: 3

BESCHREIBUNG DER STANDORTVERHÄLTNISSE

Betriebliche Anlagen und Tätigkeiten

Der Altstandort „Petroleumfabrik Drösing“ liegt in der Gemeinde Drösing, ca. 0,5 km westlich des Ortszentrums außerhalb des engeren Siedlungsgebietes.

Auf dem Standort befand sich von 1899 bis 1937 die Drösinger Petroleumraffinerie. Während des ca. 40-jährigen Bestehens wechselten mehrmals die Besitzer und Pächter der Raffinerie (u.a. Schodnica AG, Nova AG). 1937 wurde die Raffinerie endgültig geschlossen und wesentliche Anlagen- sowie Bauteile demontiert.

In der Petroleumfabrik wurden unter anderem Kerosin, Wundbenzin, Leicht-, Mittel- und Schwerbenzin, Petroleum, Auto- und Maschinenöle, Nass- und Heißdampfzylinderöl, Bohröl, Vaselinöl, Vaseline, Tovotefett (Staufferfett), Lederfett, Wagenfett, Petrolpech und Petrolkoks produziert. Aus der Paraffinverarbeitung wurden Haushaltskerzen, Weihnachtskerzen und Fackeln erzeugt. Weiters wurde Schuhcreme, Boden-, Ofen- und Möbelpasta sowie Siegellack hergestellt.

Im Osten und Süden des Betriebsgeländes befanden sich Öltanks. Ein Gleisanschluss zum Bahnhof Drösing wurde für den An- und Abtransport von Rohöl bzw. Fertigprodukten verwendet. Ein Abwasserkanal entwässerte nach Südosten in den Mühlbach. Bis in die 1970er Jahre standen auf dem Altstandort die Schornsteine der ehemaligen Raffinerie. Bereits während des Betriebes wurde im Westen des Standortes in einer ca. 2.000 m³ großen (40 x 30 m, ca. 1,6 m tiefen) Grube Abfälle abgelagert. Die Ablagerungen bestehen zu ca. 80 % aus Bitumen und ca. 20 % aus Schmierstoffen aus der Diesel- und Petroleumgewinnung (ca. 2 % säurehaltig).

Von 1937 bis 1958 wurde das Betriebsgelände nicht genutzt. Nach 1958 wurde der Altstandort als Grünfuttertrocknungsanlage, Abstellplatz (Autowracks, Altreifen sowie diverse Baustoffe) und teilweise als landwirtschaftliche Fläche genutzt. Im südlichen sowie östlichen Randbereich wurden auf dem Altstandort Einfamilienhäuser errichtet.

In nebenstehender Abbildung ist die Lage von wesentlichen Anlagen- und Bauwerksteile dargestellt. Die Fläche des gesamten Altstandortes beträgt ca. 6 ha.

Untergrundverhältnisse

Der Altstandort liegt im Randbereich der Marchniederung auf etwa 155 - 160 m ü. A. auf einem leicht nach Osten fallenden Gelände. Auf dem Großteil des Altstandortes wurden geringmächtige Anschüttungen von 0,2 m bis 1,5 m vorgefunden, stellenweise reichen die Ablagerungen auch tiefer. Der Untergrund besteht im Bereich des Altstandortes aus einer geringmächtigen humosen Überdeckung und einer 5 bis 6 m mächtigen sandigen Schluffschichte die Richtung Osten an Mächtigkeit zunimmt. Die darunterliegenden quartären Sande und Kiese bilden den Grundwasserleiter und liegen in Wechsellagen mit unterschiedlicher Mächtigkeit vor. Darunter befindet sich in rund 20 bis 30 m unter GOK ein stark reliefierter Grundwasserstauer aus tonigem Schluff.

Der Flurabstand kann mit etwa 6 m angegeben werden, die Grundwassermächtigkeit beträgt durchschnittlich 15 bis 20 m. Die Grundwasserströmung ist generell nach Osten bis Südost gerichtet. Die Durchlässigkeit des Grundwasserleiters kann mit kf-Werten von 10-4 m/s bis 10-3 m/s abgeschätzt werden. Das Grundwassergefälle beträgt etwa 0,8 bis 1,2 ‰. Der spezifische Grundwasserdurchfluss für die obersten 5 m des Grundwasserleiters kann mit etwa 0,2 m³/d pro m Abstrombreite und für den gesamten Altstandort mit rund 80 m³/d abgeschätzt werden. Die Sickerwassermenge im Bereich des Altstandortes kann mit ca. 30 m³/d abgeschätzt werden. Im Vergleich von Sickerwasser und hydraulischer Fracht ergibt sich ein Verdünnungsfaktor von rund 1:2,5.

Schutzgüter und Nutzungen

Der Altstandort wird derzeit großteils nicht genutzt. Im südlichen sowie östlichen Teilbereich befinden sich Einfamilienhäuser sowie dazugehörige Hausgärten. Im Westen sowie auch im östlichen Teil gibt es Lagerhallen. Eine 800 m² große Halle zur Lagerung von landwirtschaftlichen Geräten wurde 2011 im östlichen Bereich des Altstandortes errichtet. Diverse leer stehende Gebäude bzw. unbefestigte Lagerflächen befinden sich auch auf dem Standort. Aktuell werden auf dem Altstandort im westlichen Bereich Baumaterialien, Autowracks, Holz sowie diverse andere Abfälle gelagert. Das ehemalige Verwaltungsgebäude im Osten des Altstandortes wird derzeit als Wohnhaus von mehreren Mietern genutzt.

Es gibt im Abstrombereich innerhalb von mehreren Kilometern keine wasserrechtlich genehmigte Trinkwassernutzung. Im näheren Grundwasserabstrombereich des Altstandortes sind keine wasserrechtlich genehmigten Nutzungen des Grundwassers bekannt. Vorhandene Hausbrunnen werden zum Teil nicht genutzt oder zum Bewässern der Gärten verwendet.

 

UNTERSUCHUNGEN

In den Jahren 2008 bis 2012 wurden folgende Untersuchungen im Bereich des Altstandortes durchgeführt:

  • 51 Kernbohrungen DN 210 zur Entnahme von Feststoffproben (davon 10 mit Inlinertechnik)
  • Errichtung von 8 Grundwassermessstellen
  • 27 Schurfgruben
  • Entnahme von 324 Feststoffproben
  • Analyse von 128 Feststoffproben
  • Entnahme und Analyse von Grundwasserproben an vier Terminen

 

GEFÄHRDUNGSABSCHÄTZUNG

Der Altstandort „Petroleumfabrik Drösing“ mit einer Fläche von rund 60.000 m² liegt unmittelbar angrenzend an das Siedlungsgebiet von Drösing. Von 1899 bis 1937 wurde der Standort zur Raffinierung von Erdöl genutzt. Hergestellt wurden Erdölprodukte wie Kerosin, Wundbenzin, Leicht- Mittel- und Schwerbenzin sowie Petroleum. Von 1937 bis 1958 sind keine betrieblichen Nutzungen bekannt. Nach 1958 wurde auf dem Standort eine Grünfuttertrocknungsanlage betrieben und Autowracks, Altreifen und Baustoffe gelagert. Derzeit ist der Altstandort großteils ungenutzt, kleinere Flächen werden zu Lagerzwecken, als landwirtschaftliche Fläche sowie als Wohngebiet genutzt.

Im westlichen und zentralen Bereich des Altstandortes wurden auf einer Fläche von insgesamt ca. 55.000 m² Kohlenwasserstoffgehalte im Feststoff > 1.000 mg/kg (KW-Index) und damit hohe Belastungen des Untergrundes mit Mineralölen festgestellt. Dabei können drei Kontaminationsbereiche unterschieden werden:

  • Im westlichen Teil befindet sich eine 1.200 m² groß Grube, die mit ca. 2.000 m³ Produktionsrückständen (u.a. Säureteer) verfüllt wurde
  • Die oberflächennahe, ungesättigte Bodenzone, die zum Teil aus Anschüttungen besteht, ist auf einer Fläche von ca. 35.000 m² (Volumen ca. 70.000 m³) durch Mineralöl kontaminiert.
  • Im Grundwasserschwankungsbereich (gesättigte Bodenzone) ist auf einer Fläche von ca. 25.000 m² (Volumen ca. 30.000 m³) eine Mineralölkontamination gegeben.

Außerhalb der stark verunreinigten Bereiche sind weitere KW-Kontaminationen (KW-Index < 1.000 mg/kg) im Untergrund vorhanden.

Unterhalb der Säureteergrube befinden sich mehrere Meter mächtige, gering durchlässige Schichten. Es ist daher nicht anzunehmen, dass aus der Grube größere Schadstoffmengen in den Untergrund gelangt sind.

Im ungesättigten Untergrund wurden sowohl höhersiedende als auch niedriger siedenden Kohlenwasserstoffen nachgewiesen. Insgesamt dominieren die höhersiedenden Mineralölkohlenwasserstoffe (Siedebereich über 300 °C) im westlichen Bereich mit einem KW-Index bis max. 39.000 mg /kg TS. Im östlichen Bereich liegen Mineralölkohlenwasserstoffe mittlerer bis geringer Mobilität (Siedebereich 160 bis 390 °C) mit einem KW-Index bis max. 13.000 mg /kg TS vor. Die Mächtigkeit der kontaminierten Schichten variiert zwischen 0,5 m und 5 m.

Im Grundwasserschwankungsbereich wurden ausschließlich Mineralölkohlenwasserstoffe mittlerer bis geringer Mobilität (Siedebereich 160 bis 390 °C) bis max. 7.500 mg/kg TS sowie BTEX bis max. 25 mg /kg TS nachgewiesen. Dieser kontaminierte Bereich liegt ca. 5 bis 8 m unter der Geländeoberfläche und ist 0,5 m bis 3 m mächtig.

Die Verunreinigungen im Grundwasserschwankungsbereich zeigen eine auffällige Ausdehnung quer zur Grundwasserströmungsrichtung. Da in Grundwasserströmungsrichtung (Richtung Osten) gering durchlässige Schichten bis in den Grundwasserbereich reichen ist die Schadstoffausbreitung in Strömungsrichtung begrenzt und quer zur Strömungsrichtung erhöht.

Die ursprünglichen Eintragstellen der Kontaminationen konnten nicht eindeutig festgestellt werden. Allerdings befinden sich die Kontaminationen in den Bereichen des Altstandortes, in denen Mineralölprodukte gelagert, hergestellt oder umgeschlagen wurden.

In einer Grundwassermessstelle innerhalb der erheblich kontaminierten Bereiche wurde eine auf dem Grundwasser aufschwimmende Ölphase von 2 bis 5 cm festgestellt. In diesem Bereich ist auch das Grundwasser mit Kohlenwasserstoffen stark verunreinigt. Im Abstrom der erheblich kontaminierten Bereiche, u.a. in den untersuchten Hausbrunnen, wurden keine Kohlenwasserstoffe im Grundwasser nachgewiesen. Aufgrund des hohen Alters der Kontaminationen (mehr als 75 Jahre) haben sich Zusammensetzung und die Anteile unterschiedlicher Mineralölfraktionen bereits stark verändert. Der Anteil leicht löslicher Kohlenwasserstoffe wurde bereits weitgehend vermindert und in gelöster Form mit dem Grundwasser bereits abtransportiert oder abgebaut. Die im Untergrund verbliebenen Kohlenwasserstoffe weisen nur mehr eine geringe bis mittlere Mobilität auf. Es ist davon auszugehen, dass die Mobilisierung von Schadstoffen in den kontaminierten Bereichen aktuell gering ist und es zu keiner relevanten Ausbreitung im Grundwasser kommt. Das wird durch die Ergebnisse der durchgeführten Grundwasseruntersuchungen bestätigt. Im Abstrom der kontaminierten Bereiche waren die Ergebnisse fast durchgehend unauffällig, so dass sich kein Hinweis auf die Ausbildung einer Schadstofffahne ergeben hat.

Im östlichen Bereich des Altstandortes zeigten sich bei den durchgeführten Untergrundaufschlüssen und Probenahmen keine Hinweise auf Kontaminationen des Untergrundes. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass in diesen Bereichen, die zum Teil bewohnt sind, keine relevanten Bodenverunreinigungen vorhanden sind. Im Bereich der am südlichen Rand des Altstandortes vorhandenen Wohnhäuser sind im Untergrund Kontaminationen vorhanden. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass in diesem Bereich der Boden auch oberflächennah verunreinigt ist.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Untergrund eines großen Teils des Altstandortes und über dessen Grenzen hinaus erheblich mit Kohlenwasserstoffen verunreinigt ist. Das Ausmaß des kontaminierten Bereiches ist sehr groß. Im Grundwasserabstrom ist keine Verunreinigung gegeben. Die kontaminierten Bereiche stellen insgesamt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar.

 

PRIORITÄTENKLASSIFIZIERUNG

Maßgebliches Schutzgut für die Bewertung des Ausmaßes der Umweltgefährdung ist das Grundwasser. Die maßgeblichen Kriterien für die Prioritätenklassifizierung können wie folgt zusammengefasst werden:

Schadstoffpotenzial: sehr groß

Auf einer Fläche von 55.000 m² sind rund 100.000 m³ Untergrund erheblich mit Mineralölprodukten verunreinigt. Zusätzlich sind Säureteerablagerungen im Ausmaß von 2.000 m³ vorhanden. Die Mineralölverunreinigungen wiesen eine geringe bis mittlere Mobilität auf. Ausgehend von der sehr großen Ausdehnung der Verunreinigungen und den Eigenschaften der festgestellten Mineralölverunreinigungen ergibt sich ein sehr großes Schadstoffpotenzial.

Ausbreitung der Schadstoffe: lokal

Im Grundwasser ist außerhalb der erheblich kontaminierten Bereiche keine Schadstofffahne ausgebildet. An einzelnen Messstellen sind zeitweise die Prüfwerte für Benzol und Naphthalin überschritten. Die Schadstofffrachten in Grundwasser sind sehr gering. Aufgrund des Alters der Kontaminationen (> 75 Jahre) ist mittelfristig mit keinen wesentlichen Änderungen des Schadensbildes zu rechnen. Die Schadstoffausbreitung ist als lokal zu beurteilen.

Bedeutung des Schutzgutes: nutzbar

Das Grundwasserdargebot im Bereich des Altstandortes ist gering. Grundwassernutzungen sind von den Grundwasserverunreinigungen nicht betroffen. Das Grundwasser weist lokal generell geringe Sauerstoffgehalte und eine erhöhte Mineralisierung auf. Es ist mittelfristig nicht mit einer Nutzung des Grundwassers für eine öffentliche Wasserversorgung zu rechnen.

Vorschlag Prioritätenklasse: 3

Entsprechend der Bewertung der vorhandenen Untersuchungsergebnisse, der voranstehenden Gefährdungsabschätzung und den im Altlastensanierungsgesetz § 14 festgelegten Kriterien schlägt das Umweltbundesamt die Einstufung in die Prioritätenklasse 3 vor.

 

Datum der letzten Textüberarbeitung: August 2015